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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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müssen, daß die Explosion heute nicht zu sehen ist. Sie fand ja gegen Ende des Flugs durch die Anomalie statt, und da war der KUNDSCHAFTER wahrscheinlich schon zeitlich weit zurückversetzt, wir hätten sie also allenfalls in der ersten Woche von hier aus sehen können, und da haben wir noch nicht beobachtet.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist so wider all unsere Denkgewohnheit, daß ich einfach nicht darauf gekommen bin. Na, gewisse Entscheidungen sind ja wohl trotzdem gefallen.«
    Rigel schaute verdutzt drein, aber über Gemmas Gesicht ging so etwas wie eine Ahnung. Sie zwinkerte Mira zu, und Mira zwinkerte zurück.
    »Wieso?« fragte Rigel.
    »Komm nur«, sagte Gemma zu ihm, »ich erklär es dir später.«
    In den folgenden Tagen nahm die Wirkung des Randfeldes ganz allmählich, aber körperlich spürbar zu. Die Unruhe steigerte sich bis zur Reizbarkeit, die ersten Kopfschmerzen traten auf. Und es gab kein Mittel dagegen. Oder wenn es eins gab, dann kannten sie es nicht.
    Sie versuchten, im schweren Schutzanzug zu arbeiten. Das schien etwas zu lindern, aber die Arbeit wurde dadurch um so viel schwerer. Sie waren schnell erschöpft, und nun setzte die Erschöpfung des Körpers die Widerstandsfähigkeit des Nervensystems herab. Immerhin konnten sie nach drei Tagen wenigstens einen Teil der schweren Arbeiten von der täglichen Liste ihrer Pflichten absetzen, die Vorbereitungen auf den Zug der Springmäuse waren abgeschlossen. Sie hatten sie sogar noch erweitert: Das gute, sonnige Wetter hatte sie auf den Gedanken gebracht, oben über dem Tal Fernsehkameras zu installieren, so daß sie nun vom Schiff aus den ganzen südlichen Teil bis in die Schlucht hinein fast lückenlos überblicken konnten. An dem überhängenden Felsen in der Schlucht und am unteren Stau waren Sprengladungen mit Funkfernzündung angebracht, die Rigel aus Vorräten des planetarischen Gerätesatzes gebastelt hatte; die trockenen Stengel waren in zwei Haufen zehn und fünfzehn Meter vor dem Schiff gestapelt und mit Folie abgedeckt worden; den südlichen Zugang zum Schiff hatten sie jetzt schon mit Steinen versetzt, und auch für die nördliche Schleuse lagen Steine bereit.
    Nun konnten sie ihre Kräfte ein bißchen schonen, aber auch das hatte nicht nur positive Folgen - während die Frauen im wesentlichen alles geduldig ertrugen, Gemma, weil sie sich ihrem Naturell, und Mira, weil sie sich ihrem Vorsatz verpflichtet fühlte, wurden die beiden Männer immer knurriger, Toliman, weil er voller Sorgen war, und Rigel, weil seine ungenutzte technische Phantasie sich aufs Kochen verlegt hatte, freilich nicht auf das hiesige, armselige Kochen auf der Grundlage von Bohnen und Kräutern, sondern auf die noch ferne, aber hoffentlich bald reale gastronomische Technik der ALDEBARAN. Da er aber weder von der Ernährungswissenschaft noch von der Kochkunst eine Ahnung hatte, belästigte er fortwährend die andern mit Fragen. Er wollte wissen, wie man aus Zuchtfleischscheiben Koteletts mache und aus Algengärmasse die verschiedenen Weine, wodurch sich Schwarzbrot von Weißbrot unterscheide und so weiter. Und da die Eintönigkeit der Kost für niemanden ein Vergnügen war, steigerte das die Reizbarkeit der andern, bis schließlich selbst Gemma es nicht mehr aushielt und ihm, zu seinem großen Erstaunen, unwirsch über den Mund fuhr.
    Eine Sorge freilich, wenigstens eine, nahm ab: Die Kuppeln und Säulen im Klippendreieck, weiterhin aufmerksam beobachtet, zeigten nicht die geringste Tendenz, Form und Größe zu verändern, sie leuchteten lediglich stärker. Das gab zwar keinen Aufschluß über ihre Natur, aber die vier waren schon zufrieden damit, daß von dort aus wohl keine Gefahr drohte. Wessen Spekulationen den Tatsachen am nächsten gekommen waren, das interessierte sie schon kaum noch, es gab ja viel wichtigere Fragen, die ebenso ungeklärt bleiben würden.
    Drei Tage vor dem erwarteten Maximum der Anomalie war es nicht mehr auszuhalten. Gemma überwand ihre Abneigung gegen Pillen und teilte Beruhigungsmittel aus. Das half spürbar, aber es linderte auch nur, und Gemma sorgte sich wiederum, wie lange man das durchhalten könne - schließlich konnte man sich daran gewöhnen, dann würde die Wirkung nachlassen, und wenn man dann die Pillen absetzte, war alles nur viel schlimmer.
    Es sollte aber nicht bei der schädigenden Wirkung der Anomalie bleiben: Die kleine Sonne erhöhte ihre periodischen Strahlungsausbrüche auf eine Stärke, die bisher noch nicht

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