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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
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erzählt haben, Sie und ihre Schwester unternähmen alles gemeinsam.«
    »Meine Schwester hat Flugangst«, sagte Brünnhilde Kurtz mürrisch. »Ich habe nur einen Kurzurlaub und muss morgen wieder zurück nach Stuttgart. Die Arbeit ruft.«
    »Verstehe«, sagte Irma und lächelte mitfühlend.
    In diesem Moment steuerte ein Herr auf ihren Tisch zu. Er war klein und korpulent und steckte in einem eleganten weißen Leinenanzug. Sein breites, sympathisches Mondgesicht täuschte darüber hinweg, dass er nicht mehr der Jüngste war. Als er vor ihnen stand, lüftete er mit einer vorbildlichen Verbeugung seinen Strohhut und rollte seine Begrüßung mit unverkennbar osteuropäischem Akzent über die Zunge.
    »Ich wünsche wunderschönen guten Morgen, Señoras.«
    Er küsste Brünnhilde und dann Irma die Hand und kletterte etwas mühsam auf einen Barhocker.
    Donnerwetter, dachte Irma: russischer Großfürst – oder verarmter Adel? Sie erwartete, dass er sich vorstellen würde, aber er war anscheinend so beeindruckt oder verwirrt, statt einer zwei attraktive Damen vorzufinden, dass er keine Worte fand und hingerissen von einer zur anderen schaute.
    »Lass uns in die Bar gehen, Vladimir«, sagte Brünnhilde. »Es ist mir zu heiß hier draußen.«
    »Aber gern, mein Täubchen!«
    Er verabschiedete sich artig von Irma und reichte Brünnhilde den Arm. Sie bewegten sich gemessenen Schrittes zumRestaurantgebäude. Irma sah ihnen nach und dachte: Pat und Patachon.
    Pat stolzierte, als hätte sie außer der erfolgreichen Verschönerungskur auch einen Schnellkurs für Mannequins absolviert, und Patachon versuchte tapfer, seinen Rücken gerade zu halten.
    Bevor sie im Innern der Bar verschwanden, blickte sich Brünnhilde um und sah Irma, von der sie nicht einmal den Namen wusste, mit einem jungen Mädchen zusammenstehen.
    Brünnhilde, die Vladimir heute endgültig einfangen wollte, war in der Hotelbar nicht bei der Sache. Die Begegnung mit Irma hatte sie aus dem Konzept gebracht. Sie hatte sie erkannt und sich auch sofort daran erinnert, dass diese Frau Kripokommissarin war. Die Frage nach der kleinen Schwester hatte Brünnhilde gar nicht gefallen. Noch bevor ihre Drinks kamen, erklärte sie Vladimir mit Leidensmiene, sie habe Migräne und müsse auf ihr Zimmer gehen. Er hatte Verständnis.
    Vladimir hat immer Verständnis, dachte sie. Es wäre ein Jammer, ihn aufzugeben. Und Tom? Der nimmt mich nur aus wie eine Weihnachtsgans. Von seiner Sorte finde ich andere. Ich darf jetzt nur nicht ungeduldig werden. Geld kann noch mehr als die Welt regieren.
    Auf ihrem Zimmer überlegte sie, was zu tun war. Sie merkte, wie sich die Wut in ihr ausbreitete, und vermisste schmerzlich ihren Boxsack.
    Diese rothaarige Hexe von einer Kriminalkommissarin hat mich durchschaut und wird mich verfolgen, dachte sie. Unser Zusammentreffen war kein Zufall. Ich muss einen Weg finden, wie ich sie loswerde.
    Bei diesem Gedanken angelangt, bekam Brünnhilde nun wirklich Kopfschmerzen und stöhnte auf. Wann immer sie an ihre psychischen Grenzen stieß, rief sie sich einen Satz in Erinnerung, der sie innerlich festigte: »Wer sein Handeln bestimmen will, muss zuerst seine Gefühle unter Kontrolle haben.« Diese Erkenntnis stammte von Nico Frijda, einemniederländischen Psychologen. Sie hatte den Satz irgendwo gelesen und aufgeschrieben. Nicht nur in ihr Notizbuch, sondern sozusagen hinter ihre Ohren.
    »Ich darf keine Gefühle aufkommen lassen«, flüsterte sie. »Nur dann bringe ich alles unter Kontrolle.«
    Sie brauchte nicht lange, um eine Lösung zu finden. Eine unbarmherzig gefühllose, aber Erfolg versprechende. Als sie ihren Entschluss gefasst hatte, war ihr Kopfweh verschwunden. Sie spielte ihr Vorhaben wieder und wieder in Gedanken durch, bis jeder Schritt eine logische Folge des vorhergehenden war.
    Als Erstes ließ sie ihren Verehrer, den Barmann José, zu sich kommen. Sie beauftragte ihn herauszufinden, wie die Frau hieß, die sich an ihren Tisch gesetzt hatte und wer das Mädchen war, mit dem sie weggegangen war.
    José, das wusste Brünnhilde, würde alle ihre Aufträge rasch, gewissenhaft und mit Freude ausführen. Zum einen war er verrückt nach ihr und zum anderen liebte er Geld. Und dieser erste Auftrag war ganz harmlos.
    Schon am späten Nachmittag konnte José seinen Rapport abgeben: »Die mit rote Pferdeschwanz heißen Irma Eichhorn und sie arbeiten als …«
    Er machte eine geheimnisvolle Pause, in die Brünnhilde schnell und scharf das Wort

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