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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
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finanzielle Großzügigkeit war eigentlich der einzige Anreiz, wegen dem ich bisher bei ihr geblieben bin. Apropos Finanzen: Herzlichen Glückwunsch zu Deinen Erfolgen. Deine SMS habe ich noch bekommen, aber vorsorglich gleich gelöscht. Da hast du also einige geile Säcke finanziell erleichtert. So unschuldig, wie du ausschaust, wird Dir niemand auf die Schliche kommen. Doch nun wieder zu mir: Nachdem ich genau wie der legendäre Gangster Clyde mit Autoklau angefangen habe, bin ich entschlossen, meine Karriere mit einem Banküberfall auszubauen. Aber nicht mit Dir, meine kleine Bonnie. Es wäre ein Jammer, wenn Du wie die echte Bonnie in eine Schießerei geraten würdest und Dir die Kugel aus einer Polizeipistole Deine hübschen Beine ruinieren würde
.
    Da die Tante kein Geld mehr hat, sind wir übereingekommen, in gemeinsamer Aktion eine Bank auszuräumen. Sie hat alles perfekt geplant. Nichts wird dem Zufall überlassen. Eigentlich ist es ganz einfach. Ich werde ihr helfen, aber ich denke nicht daran, ihr dann das Geld zu überlassen, auch wenn ich sie deswegen umbringen müsste
.
    Und wir, meine süße Bonnie, werden ab nächster Woche in Geld schwimmen. Du brauchst nie mehr zu kellnern und Dich von geilen Säcken in den Hintern kneifen zu lassen
.
    Ich küsse Deine Lippen und Deine Titten
    Dein Clyde
    Irma versuchte, Fernández den Inhalt des Briefes zu erklären. Da der Chefinspektor aber nicht nur so aussah, sondern auch so korrekt war, wie ein Buchhalter sein sollte, faltete erden Brief sorgfältig zusammen, steckte ihn in den Briefumschlag und ließ ihn in eine Plastikhülle fallen. Irma sah Fernandez an, was er dachte: Bevor ich hier etwas falsch verstehe, warte ich lieber, bis mir der Dolmetscher im Präsidium das Schreiben übersetzt.
    Irma versorgte auch das Buch in einer Plastiktüte und übergab es Fernández mit der Bitte, es ihr später zu überlassen, weil sie es gern lesen würde. Sie vergaß dann das Buch sogleich, weil sie aufgewühlt war und an nichts anderes mehr denken konnte als an diesen Brief.
    Du meine Güte, dachte sie: Bonnie und Clyde! Zwei, die genauso jung, frech und naiv sind wie das weltberühmte Gangsterpärchen aus Texas. Bonnie und Clyde, die vor fast hundert Jahren übermütig und unbedenklich Banken überfallen und Menschen ermordet haben, bis beide im Kugelhagel der Polizei sterben mussten. Erik Raabe war genauso alt gewesen wie Clyde. Im Gegensatz zu diesem hat Erik seinen ersten Bankraub nicht lange überlebt – und an Eriks Grab wird niemand stehen, schon gar nicht 20 000 Schaulustige wie bei seinem berühmten Vorbild.
    Ein Brief von Clyde an Bonnie! Irma kam zu dem Schluss: Da Brünnhilde den Brief abgefangen und gelesen hatte, war nachvollziehbar, warum Erik sterben musste. Schmoll würde sagen: »Der Brief enthält das Mordmotiv.«
    Bis die hilfreichen Spanier das große Hotelzimmer durchsucht hatten, vergingen Stunden, zumal sie sich in immer kürzeren Abständen Zigarettenpausen auf dem Balkon gönnten und den Blick auf die Bucht von Palma genossen.
    Am Spätnachmittag ging die Arbeit im Polizeirevier in Palma weiter. Endlich kam auch der Bescheid, Frau Kurtz habe die Insel nicht verlassen, zumindest nicht mit dem Flugzeug. Aber das schloss ja nicht aus, dass sie ein Schiff genommen hatte und inzwischen in Barcelona, in Valencia, auf Ibiza oder Menorca angekommen war. Bis die Fähr- und Schiffhäfen überprüft sein würden, konnte es Tage dauern.Deswegen kam Irma mit Inspektor Fernández überein, weiterhin auf der Insel zu fahnden.
    Es wurde später Abend, bis die Suchmeldungen an Presse, Fernsehen und Rundfunk herausgegeben werden konnten. Irma hatte darauf bestanden, dass diese Texte in Spanisch, Deutsch und Englisch erschienen. Gott sei Dank waren die Bilder, die Line gestern Nachmittag im Hotelpark von der »neuen« Frau Kurtz gemacht hatte, einwandfrei scharf. Eines davon wurde als Fahndungsfoto verwendet.
    Doch als Irma am Ende des hektischen Tages Schmoll Bericht erstattete, ließ er ein Donnerwetter los: »Den Brief von Erik Raabe an seine Freundin, den du gefaxt hast, kann ich schon auswendig. Aber was nützt uns das Mordmotiv, wenn du die mutmaßliche Täterin entwischen lässt!? Jetzt, wo du Unterstützung von der mallorquinischen Polizei hast, werde ich wohl hoffen dürfen, dass die Dame in kürzester Zeit wieder aufgespürt wird. Haben wir uns verstanden?«
    Doch Irmas Enttäuschung über Schmolls niederschmetternde Kritik, mit der er aus 1000

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