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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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gegessen. Es muß aber schnell gehen – du hast nur zweieinhalb Tage Zeit. Dafür kriegst du die Adresse und alles andere wie vom Fragebogen.«
    Der Hexer hielt ihm ein kleines Farbfoto hin. Von dem lächelte Bubenzow Lena Poljanskaja entgegen.
    »Die Frau kann ich nicht umbringen«, brach es mühsam aus ihm hervor. »Mit der war ich mal verheiratet. Da kommen sie sofort auf mich.«
    Der Hexer mußte laut lachen.
    »Na, du bist mir vielleicht ein Schwerenöter! Da tippt man zufällig auf eine Frau, und schon ist es eine Verflossene von dir. Wie viele hattest du denn?«
    »Von dieser habe ich mich vor acht Jahren scheiden lassen«, klärte ihn Bubenzow mit dumpfer Stimme auf.
    Der Hexer wälzte diese komische Überraschung in seinem Kopf hin und her. Das gab der Sache zusätzlichen Pep.
    Natürlich geriet der Schriftsteller sofort auf die Liste der Verdächtigen. Aber das war doch gar nicht schlecht. Sollten sie sich mit diesem Rätsel ruhig abplagen. Später mußte dieser Othello natürlich auf unauffällige Weise beseitigt werden. Und 15   000 Dollar lagen nun mal nicht auf der Straße.
    »Na, hat es dir die Sprache verschlagen?« Der Hexer sah Bubenzow mit seinen kalten Augen durchdringend an. »Ein guter Auftrag, und Bewerber gibt es genug. Daß es dir später nur nicht leid tut.«
    Von diesem Blick und besonders von dem leicht dahingesprochenen Satz rutschte Bubenzow das Herz in die Hose. Er spürte fast körperlich, wie sich die Kugel von hinten in sein Genick bohrte. Kaum hörbar stammelte er: »Meinetwegen. Soll es sein, wie du sagst.«
     
    Sergej Krotow erwachte um acht Uhr morgens und lugte vorsichtig in Lenas Zimmer. Sie schlief fest. Er weckte sie nicht, wusch sich, setzte das Teewasser auf, fand im Schrank eine Büchse Nescafé, im Kühlschrank Käse und Wurst. Er nahm ein paar Happen, rief dann bei der zentralen Auskunft an und ließ sich die Adresse von Dr. Kurotschkin geben.
    Aus Lenas Zimmer kam Pinja gelaufen, streckte sich, wedelte mit dem Schwanz, kläffte leise und leckte Sergej die Hand. Er wollte hinaus. Im Flur fand Krotow Leine und Schlüssel.
    Auf dem Hof war es still und fast menschenleer. Nur zwei Großmütter mit Kinderwagen saßen auf der Bank, und eine hochgewachsene, hübsche Blondine in schwarzen Jeans und schwarzer Lederjacke lehnte nachdenklich an einem Baum und rauchte.
    Als Sergej von dem Morgengang zurück war, räumte er rasch den Tisch ab, spülte das Geschirr, legte Pinja ein paar Scheiben Wurst in den Napf und schrieb auf einen Zettel:
     
    Guten Morgen, Lena! Ich muß zum Dienst. Pinja war schon draußen. Bleiben Sie unbedingt in der Wohnung, solange ich nicht da bin. Komme spätestens gegen zwölf zurück.
    S. K.
     
    Als Sergej die vierte Etage eines typischen Hauses aus der Chruschtschow-Zeit erklommen hatte, fand er an Kurotschkins Wohnungstür eine ältere Frau in Pantoffeln und Morgenrock. Sie drückte aus Leibeskräften auf den Klingelknopf. In der Hand hielt sie eine Schachtel Würfelzucker.
    »Wollen Sie auch zu Dr. Kurotschkin?« fragte sie, als sie Krotow erblickte.
    »Ja.« Er nickte.
    »Ich klingle hier schon zehn Minuten ununterbrochen. Vorher habe ich ihn anzurufen versucht.«
    »Vielleicht ist er ausgegangen oder schläft?« vermutete Krotow.
    »So früh am Sonntag geht er nie aus. Und er schläft auch nicht sehr fest. Er hätte es bestimmt gehört. Wissen Sie, was mir Sorgen macht? Gestern abend habe ich noch gegen neun meinen Müll hinuntergebracht. Da sah ich ihn kommen. Er benahm sich ganz seltsam, schwankte, sein Mantel stand offen, als sei er betrunken. Ich habe ihn gefragt: ›Ist Ihnen nicht gut?‹ Und er: ›Ich bin nur müde.‹ Ich hatte Zucker für ihn gekauft. Er hatte mich schon lange darum gebeten – Würfelzucker für den Tee. Den gibt es nicht immer. Ich wollte ihn gleich bringen, aber er hat nur abgewinkt. Undsein Blick war so merkwürdig … Ich habe einen Schlüssel. Wenn er länger Dienst hat, füttere ich immer seinen Kater. Der ist schon alt und frißt nur noch wenig, dafür mehrmals am Tag. Sonst gehe ich immer hinein, aber heute habe ich irgendwie Angst. Und was wollen Sie von ihm?«
    »Etwas Dienstliches«, antwortete Sergej und wies der Frau seinen Ausweis vor.
    Als sie die Tür öffneten, schoß ein riesiger rothaariger Kater wie ein Blitz durch den Spalt heraus und verschwand.
    Dr. Kurotschkin lag in Hemd und Hose auf dem Sofa. Er war tot.
     
    Lena erwachte, weil das Telefon klingelte.
    »Ich muß dich dringend sprechen«,

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