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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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gut darüber nachdenken. Ich hatte Jock Ferguson nicht nur mit einer unerwarteten Vorliebe für italienische Küche zurückgelassen, sondern auch einer wachsenden Neugier bezüglich der Frage, womit Andrews, die CCI und leider auch ich uns eingelassen hatten. Am besten, ich ließ mich in nächster Zeit möglichst wenig in Jocks Nähe blicken.
    Das Mittagessen mit Ferguson hatte mir vor allem die Information verschafft, dass ich mit dem McGahern-Schlamassel noch nicht fertig war. Am liebsten hätte ich alles vergessen, was dazugehörte, doch jetzt, wo ich wusste, dass der Fall Andrews damit zusammenhing, würden gewisse Leute ein Vergessen meinerseits nicht zulassen. Den Nachmittag verbrachte ich mit weiteren hartnäckigen, aber fruchtlosen Versuchen, das Notizbuch zu entschlüsseln, das ich aus Tams Refugium in Milngavie mitgenommen hatte. Schließlich verlegte ich mich auf das Foto, das ich gefunden hatte. Gideon. Warum schrieb ein Glasgower Gangster wie McGahern den Namen eines biblischen Richters auf die Rückseite eines Schnappschusses seiner Kriegskameraden? Angesichts der Endlosigkeit der Sandwüste im Hintergrund, der grellen Sonne und der Uniformen war das Foto eindeutig nicht am Strand von Mallaig aufgenommen worden, sondern in Nahost. Und Fred MacMurray und seine Kumpels hatten sich in der Nacht in einer fremden Sprache unterhalten, die mir nicht europäisch erschienen war.
    Die ganze Geschichte machte mich unruhig. Unruhe konnte sich rasch zum Verfolgungswahn auswachsen, und ich war mir sicher, dass jemand mir zu meiner Wohnung folgte, nachdem ich das Büro gegen Viertel vor vier verlassen hatte. In Anbetracht der Größe der Stadt gab es in Glasgow nicht viele Autos, und ich hätte jeden Beschatter erkennen müssen, doch dass nicht immer wieder der gleiche Kühlergrill im Rückspiegel auftauchte, konnte mein ungutes Gefühl kaum lindern.
    Ich aß Sandwiches und verwendete den Rest meines kostbaren Vorrats an Kaffee, um eine Kanne aufzusetzen. Ich aß, während ich auf dem Bett lag und las, wobei im Hintergrund der BBC World Service murmelte. Ich versuchte mich zu entspannen, hatte aber hin und wieder das Bedürfnis, die Tüllgardine zur Seite zu ziehen und mich davon zu überzeugen, dass draußen kein aus einem Gangsterfilm entsprungener narbengesichtiger Messerstecher rauchend am Laternenpfahl lehnte.
    Es war gegen acht Uhr dreißig, als Mrs. White mich zum Telefon am unteren Ende des Treppenflurs rief, den wir uns teilten, und mir wortlos den Hörer reichte.
    »Sind Sie das, Lennox?« Die Stimme am anderen Ende der Leitung erkannte ich augenblicklich.
    »Ist alles in Ordnung, Mr. Andrews?«
    John Andrews lachte bitter auf. »Ich bin ein toter Mann, Lennox. Ich hoffe, Sie erinnern sich für den Rest Ihres Lebens an dieses Telefonat. Ein Gespräch mit einem Toten. Allein schon, dass ich mit Ihnen rede, ist mein Todesurteil.«
    »Wer will Sie denn töten, Mr. Andrews? Lillian? Wenn Sie in Gefahr sind, sollten Sie die Polizei anrufen. Ich könnte auch mit einem Kriminalbeamten sprechen, den ich kenne, Jock Ferguson von der Central Division ...« Ich machte dieses Angebot, obwohl mir klar war, dass ich Jock Ferguson dann erklären musste, inwiefern eine Verbindung zu Tam McGahern bestand und wieso ich meine Nase ausgerechnet dort hineingesteckt hatte, wo ich sie eigentlich hätte heraushalten sollen.
    »Nein. Keine Polizei. Sagen Sie nichts der Polizei.« Er wurde immer aufgeregter.
    »Okay, keine Polizei. Wer will Sie umbringen, Mr. Andrews?«
    »Die haben mich reingelegt. Die hatten alles von Anfang an geplant, schon bevor ich Lillian zum ersten Mal begegnet bin ...« John Andrews’ Stimme klang, als hätte er etwas getrunken, und ich hörte Geräusche im Hintergrund, die mich erkennen ließen, dass er nicht von zu Hause aus anrief. Eine Kneipe vermutlich. Es machte mich nervös. Andrews war kein impulsiver und ganz sicher kein mutiger Mann, und ich hatte das Gefühl, dass der Mut, mich anzurufen, schon einmal destilliert worden war.
    »Worauf hat man es abgesehen?«
    »Auf mein Geschäft. Sie brauchen mein Geschäft, um ihr Vorhaben zu realisieren. Ich weiß zwar nicht alles, aber ich habe mir genug zusammengereimt. Und sie haben noch einen weiteren Grund, mich umzubringen. Lillian hat mich dazu gebracht, falsche Frachtbriefe auszustellen ... Einzelheiten abzuändern. Aber deswegen rufe ich nicht an. Diese Leute haben mich reingelegt, und ich bin geradewegs in ihre Falle gelaufen. Sie aber auch, Lennox.

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