Lennox 01 - Lennox
Dajan gehörte der SNS an. Wingate nahm Juden, die in der Haganah und der Jewish Settlement Police gewesen waren, in den Dienst der Special Night Squads, und einige aus der SNS wiederum kamen in die Gideon Force.« Einen Augenblick lang schien Jeffreys Aufmerksamkeit abzuschweifen. Ich folgte seinem Blick zu einem schlanken, weichlich wirkenden Jüngelchen an der Bar, das nicht älter als zwanzig sein konnte und den offenen Kragen seines Hemdes über das Revers seines billigen blauen Sergeanzugs geschlagen hatte. Der Junge sah Jeffrey mit leerem Blick an und wandte sich ab. Nun hatte ich Jeffreys Aufmerksamkeit wieder. Das alte Problem.
Jeffreys Vorlieben waren die Grundlage meines persönlichen Spitznamens für ihn. Jeffrey hatte nie begriffen, dass ich ihn »Mafeking« genannt hatte, weil er sich regelmäßig Befriedigung bei jungenhaften Soldaten verschaffen musste.
Durch seine Neigungen, die er ohne Zweifel beim spätabendlichen Klamauk in den Schlafsälen seines Internats erworben hatte, war Jeffrey in die Klemme geraten, aus der ich ihm herausgeholfen hatte: eine Klemme mit einem achtzehnjährigen hübschen Wehrpflichtigen. Von Anfang an war es eine Falle gewesen, und Jeffrey fand sich rasch als Erpressungsopfer wieder. Ich hatte für Typen wie Jeffrey nicht viel übrig, aber er war nun mal so, wie er war, und ich mag es nicht, wenn jemand für etwas fertiggemacht wird, wofür er nichts kann.
Um ehrlich zu sein, spielte für mich damals auch die Überlegung eine Rolle, dass Jeffrey alle möglichen Kontakte zur Bürokratie der Army hatte, die für mich gegen Ende meiner militärischen Laufbahn wichtig sein konnten – und auch noch danach, so wie jetzt. Deshalb hatte ich den Schönling besucht und ihm gezeigt, wie leicht es für mich war, ihn für immer hässlich zu machen. Der Schwuli hatte die Fotos und Negative mir übergeben und Jeffrey fortan in Ruhe gelassen. Irgendwie war ich noch nie dazu gekommen, Jeffrey das Ganze zu übergeben. Oder es zu vernichten.
»Haben Sie irgendetwas über die anderen Männer auf diesem Bild herausgefunden?«, fragte ich ihn.
»Ich fürchte, da kann ich nichts mit Sicherheit sagen. Aber ich habe ein paar Namen für Sie. Da gab es einen Wallah, dem ziemlich übel mitgespielt wurde. Ich habe seinen Namen unterstrichen ...« Jeffrey riss eine Seite aus seinem Notizbuch und schob sie mir über den Tisch zu. Sein Blick zuckte zu dem Jungen an der Theke und wieder zurück.
Ich sah auf die Namen. Der Erste, der mir ins Auge sprang, war McGaherns vorgesetzter Offizier, Captain James Wallace.
»William Pattison«, las ich leise den Namen vor, den Jeffrey unterstrichen hatte.
»Lance Corporal, den Akten zufolge«, sagte Jeffrey. »Offenbar ist er schwer verwundet worden. Ich dachte, es könnte ein Anknüpfungspunkt sein, weil ich weiß, wo Sie ihn finden können.«
»Ach ja?«
»Ja. In Pattisons Akte stand, dass er in die Heimat verlegt und in Levendale House untergebracht wurde.«
»Er ist noch dort?« Ich kannte Levendale House, oder genauer, ich wusste davon. Es war ein Pflegeheim für kriegsversehrte Veteranen.
»Das weiß ich nicht, alter Junge, aber ich vermute es. Die Burschen, die da reingehen, kommen selten wieder raus.«
»Haben Sie sonst noch etwas über die Gideon Force herausgefunden? Oder über Tam McGahern?«
»Nicht viel. Manches ist noch immer ziemlich geheim. Außerdem hat Sergeant McGahern nicht in den gleichen Kreisen verkehrt wie wir. Ein Glasgower Unteroffizier aus der Arbeiterschicht. Und ein Makrelenschnapper, glaube ich.«
Ich runzelte die Stirn.
»Ein Katholik, alter Junge. Freitag ist Fischtag. Aber er scheint ein guter Soldat gewesen zu sein. Er ist tot, sagen Sie?«
»Sehr. Wissen Sie, ob er im Nahen Osten irgendwo speziell eingesetzt war? Vor oder nach Abessinien?«
»Ich fürchte nein. Er hat in Nordafrika viele Gefechte mit den Wüstenratten mitgemacht, aber ich weiß keine Einzelheiten über seine Einsätze. Tja, ich fürchte, ich habe es so weit getrieben, wie ich konnte, Lennox. Noch ein Stück weiter, und man beginnt Fragen zu stellen, Sie kennen das ja.« Während er redete, folgte sein Blick dem jungen Mann, der im Gang hinter der Theke verschwand.
»Es reicht auch«, sagte ich. »Danke.«
»Wenn Sie mich entschuldigen wollen, alter Junge. Die Natur ruft ...« Jeffrey stand auf. Ich verabschiedete mich von ihm und sah ihm nach, als er zu dem Waschraum ging, in dem der junge Schwule verschwunden war.
Anders als in Glasgow gab
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