Lennox 02 - Lennox Rückkehr
es Lorna mit Wasser gefüllt zurück. Sie musterte es geringschätzig, doch ich stellte es neben sie und wartete, bis sie es ganz geleert hatte.
»Es tut mir leid, Lorna. Ich hätte öfter herkommen sollen«, sagte ich und meinte es ernst. »Aber ich bin von ein paar Dingen aufgehalten worden. Unter anderem ging es um die Geschäfte, in die dein Vater verwickelt war. Ich dachte, ich finde etwas über seinen Tod heraus. Aber das ist jetzt unwichtig. Hat die Polizei mit dir über die Verhaftung gesprochen?«
Wieder winkte sie verächtlich ab. Diesmal wirkte es nicht so hoheitsvoll. »Sie haben mir ein Foto gezeigt und mich gefragt, ob ich den schon mal gesehen habe.«
»Und, hattest du?«
Sie schüttelte den Kopf. »Irgend so ein verdammter Zigeuner. Er muss Dad ein paar Mal von Shawfields nach Hause gefolgt sein, um seine Gewohnheiten kennenzulernen. Dann hat er ihm aufgelauert.«
»Hat die Polizei dir das gesagt?«
»Die Polizei hat mir gar nichts gesagt. Sie haben sich eine Weile mit Maggie unterhalten, und dann mit Jack.«
»Jack Collins?«
»Ja. Er gehört zur Familie«, sagte sie mit einem Laut, den ich als bitteres Auflachen deutete. Allerdings war im Moment alles an ihr bitter.
»Der Zigeuner muss eingebrochen sein und gewartet haben, bis ...« Sie begann zu weinen. »Daddy ...«
Ich legte den Arm um sie, doch sie löste sich von mir und wich zurück.
»Hast du was gegessen?«
Sie zuckte mit den Schultern. Ich ging wieder in die Küche, goss den Kaffee auf und machte Toast. Abermals musste ich ihren Widerstand überwinden, ehe sie den Kaffee trank und den Toast aß. Ich nahm mir ebenfalls einen Kaffee und konnte ihn sogar bei mir behalten. Das Aspirin linderte meine Kopfschmerzen wie ein Schmetterling, der versucht, mit seinem Flügelschlag eine Kanonenkugel wegzuschleifen.
Wir saßen eine Stunde lang nebeneinander, ohne etwas zu sagen, während ich sie mit Kaffee abfüllte. Schließlich kam, was kommen musste, und sie rannte zur Toilette. Als sie zurückkehrte, war sie grauweiß im Gesicht, und die zerlaufene Schminke erinnerte an abblätternde Farbe. Wir gaben wirklich ein schönes Paar ab. Ich brachte sie dazu, noch mehr Kaffee zu trinken. Allmählich lallte sie weniger, und ihr Hass auf mich verlor an Intensität.
»Warum haben die Bullen mit Jack Collins gesprochen?«, fragte ich schließlich.
»Wegen Dads Geschäften. Falls da eine Verbindung zu seinem Tod war. Er kannte fast jeden. So wie du.«
Ich ließ ihr den Seitenhieb durchgehen.
»Glaubt die Polizei, Collins wäre in die Sache verwickelt?«
Sie zuckte mit den Schultern, eine trunkene Gebärde. »Was weiß ich. Jack kann überhaupt nichts damit zu tun haben. Jack ist ein guter Junge ...«
Ich würde nicht mehr viel Sinnvolles aus ihr herausbekommen; deshalb führte ich sie nach oben in ihr Schlafzimmer. Ich legte sie aufs Bett, und sie packte mein Jackett beim Revers, zog mein Gesicht nahe zu sich heran und versuchte, mit dem Mund meine Lippen zu erreichen. Ich ließ sie sanft zurücksinken.
»Bleib bei mir, Lennox. Schlaf heute Nacht hier.«
»Okay«, sagte ich. Es war ein Reflex, so wie man mit dem Bein tritt, wenn einem der Arzt mit dem kleinen Gummihammer aufs Knie schlägt.
***
Maggie MacFarlane weckte mich. Ich sah blinzelnd zu ihr hoch. Es strömte einfach zu viel Sonne ins Zimmer, als meinem wunden Schädel guttat.
»Sie sehen schrecklich aus«, sagte sie. Kein Lächeln. Nur ein harter, kalter, starrer Blick.
Ich setzte mich vorsichtig auf. Wir waren im Wohnzimmer. Mein ärgerlicher Hang zur Ritterlichkeit hatte wieder zugeschlagen, und ich hatte auf dem Sofa kampiert. Um meine Galanterie zu relativieren: Ich glaube nicht, dass Lorna oder ich zu einem Tango in der Waagerechten fähig gewesen wären. Deshalb saß ich hier auf dem Sofa, beengt, mit Schmerzen und schlechter Laune. Ich blickte auf meine Anzughose: Sie hatte mehr Falten als ein achtzigjähriger Nepalese, und ich beglückwünschte mich zu dem klugen Entschluss, mich umzuziehen, ehe ich hierher gefahren war.
»Wo sind Sie gewesen?«, fragte ich und reckte mich.
»Was geht Sie das an?«
»Als ich gestern Nacht hier ankam, war Lorna sturzbetrunken. Ein bisschen stiefmütterlichen Beistand hätte sie gut brauchen können. Sie wissen, dass man einen Landfahrer wegen Mordes an Small Change verhaftet hat?«
»Natürlich.« Maggie blieb frostig, was stark von ihrem üblichen Gebaren abwich. »Die Polizei hat es mir gesagt. Also war es doch ein
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