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Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Lennox 02 - Lennox Rückkehr

Titel: Lennox 02 - Lennox Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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dürfe.
    Gegen halb zwölf parkte Singer den Wagen vor Mrs. Whites Haus. Er half mir zur Tür. Ich dankte ihm, und er nickte: Wir waren richtige Busenfreunde geworden. Er ging zurück auf die Straße und stieg in den grünen Rover, mit dem Twinkletoes uns gefolgt war. Ich ging nicht sofort in meine Wohnung hoch. Aus der Wohnung der Whites drang kein Laut; deshalb war ich so leise, wie ich konnte, als ich Lornas Nummer wählte. Ich ließ es lange durchklingeln. Trotzdem kam niemand an den Apparat.
    Ich ging hinauf und schenkte mir einen Whiskey ein. Das war ein Fehler: Vom ersten Schluck musste ich würgen. Ich sagte mir, dass ich mir am Morgen vermutlich doch den Kopf untersuchen lassen müsste; das war nichts Ungewöhnliches, aber diesmal war es nicht im übertragenen Sinne gemeint.
    Vor dem Krieg, als ich noch ein Junge in New Brunswick gewesen war, hatte ich gut mit Bleistift und Pinsel umgehen können und ernsthaft überlegt, am College in Halifax ein Kunststudium zu beginnen. Dann kam mir der Krieg dazwischen. Tatsächlich aber konnte ich noch immer mit dem Bleistift umgehen, und ehe ich etwas anderes tat, nahm ich ein frisches Blatt Papier und einen Bleistift aus der Schublade der Anrichte, setzte mich an den Tisch und skizzierte aus dem Gedächtnis die Jadefigur in dem Bauernhäuschen, so gut es ging. Als ich fertig war, tat mir der Kopf noch mehr weh, aber ich war zufrieden mit meiner Zeichnung. Sie war nicht exakt, aber es war eher mein Gedächtnis als mein Können, was mich im Stich ließ.
    Als ich fertig war, trank ich ein paar Schluck Leitungswasser, spritzte mir etwas davon ins Gesicht und drückte ein feuchtes Handtuch auf das halbe Ei hinter meinem Ohr. Ich musste mich wieder zusammenbekommen. Ich rasierte mich und zog mich um; mein Anzug trug die Spuren des Landlebens, und ich hatte das Bedürfnis, mich frisch zu fühlen. Ich trank noch mehr Wasser und schluckte diesmal damit mehr als die empfohlene Tageshöchstdosis Aspirin: Ein Magengeschwür war im Augenblick die kleinste meiner Sorgen.
    Kurz vor Mitternacht war ich wieder auf der Straße, stieg vorsichtig in den Wagen und fuhr nach Pollockshields.
***
    Als ich Lornas Haus erreichte, spielte Benny Goodman Stompin’ at the Savoy . Er stampfte so laut, dass ich ihn schon in der Einfahrt hörte. Die Haustür war nicht verschlossen, und ich trat ein. Von Maggie, Jack Collins oder irgendeinem anderen entfernten Mitglied der MacFarlane-Dynastie war keine Spur.
    Lorna fand ich Wohnzimmer, wo sie zu der auf volle Lautstärke gedrehten Benny-Goodman-Schallplatte tanzte. In Lornas Fall hätte Goodman aber eher über das Schwanken als über das Stampfen im Savoy spielen sollen. Ich legte den Arm um Lornas Taille, führte sie zum Sofa und entdeckte den verborgenen Tanzpartner, den sie sich an die Brust gedrückt hatte. Behutsam löste ich das Glas mit Maltwhisky aus ihren Fingern und ließ sie aufs Sofa sinken.
    »Na, hallo, Hübscher.« Mit den Dämpfen, die sie mir ins Gesicht hauchte, hätte man einen Düsenjet antreiben können. Sie lächelte mich auf blicklose, kühle Art an. An diese Art war ich gewöhnt, seit ich in Glasgow wohnte: Schottische Wildheit war ein Stück Handwerkskunst, durch Torf und Schafskot gefiltert und destilliert, bis es 57 Prozent hatte. »Lange nicht gesehen.«
    Ich ging zum Plattenspieler und hob die Nadel aus der Rille. Benny hörte mit dem Stampfen auf. Ich hoffte, die Nachbarn hatten noch nicht die Polizei gerufen.
    »Das hilft dir nicht, das weißt du, Lorna«, sagte ich und stellte den Scotch außerhalb ihrer Reichweite auf den Beistelltisch.
    »Du auch nicht. Du hilfst überhaupt nicht viel, was, Lennox?« Sie drückte mir die Hände gegen die Brust, als wollte sie eine Last von sich stoßen. »Welchem glücklichen Umstand verdanke ich das Vergnügen deiner Gesellschaft?«
    »Ich habe die Zeitung gelesen. Ich wollte sehen, wie es dir geht.«
    »Na, jetzt hast du’s gesehen. Jetzt kannst du wieder abhauen.« Sie winkte mich mit einer hoheitsvollen Handbewegung davon.
    »Erst wenn du nüchtern geworden bist, Lorna. Ich mache uns Kaffee.«
    »Scheiß auf den Kaffee. Fick dich, Lennox.«
    »Lorna, sei still. Ich habe den ganzen Tag versucht, dich zu erreichen. Mir war nicht klar, dass du so hart am Kater von morgen arbeitest. Ich hole dir ein Glas Wasser, während der Kaffee kocht.« Ich ging durch in die Küche, füllte den Wasserkessel und setzte ihn auf. Den Scotch schüttete ich ins Becken, spülte das Glas aus und brachte

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