Lennox 02 - Lennox Rückkehr
aber ich ließ meinen Rücken ungedeckt, wenn man das so sagen kann.«
»Warum sollte Paul so etwas tun?«
»Vielleicht ist er nicht überzeugt, dass ich wirklich nur Sammy suche. Wissen Sie etwas über eine gestohlene Jadestatue? So einen orientalischen Drachen oder Dämon?«
»Nein.«
Ich nahm an, dass es Costellos automatische Antwort war, wenn man ihn nach Diebesgut fragte, also setzte ich nach. »Hören Sie, Jimmy, es ist wichtig. Ich glaube, Paul und Sammy haben mehr abgebissen, als sie kauen können. Sie wissen also wirklich nichts über eine gestohlene Jadefigur?«
»Ich schwöre es, Lennox. Wenn Paul etwas darüber weiß, hat er mir nichts gesagt. Nicht dass es mich überraschen würde. Wir reden nicht viel miteinander.«
Ich unterhielt mich noch etwa eine halbe Stunde mit Costello. Als ich ging, bemerkte ich, wie Skelly mich wieder hasserfüllt anstarrte. Das Ei an meinem Kopf pochte heftiger als sonst, und mir kam der Gedanke, dass es vielleicht nicht Paul Costello gewesen war, der mir von hinten eins übergezogen hatte. Ich durchquerte den Raum und zog Skelly von seinem Barhocker. Sein treuer Gefährte wich vor mir zurück.
Ich entschied mich für ein diplomatisches Vorgehen. »Hast du ein Problem mit mir, Arschgesicht?«
»Ich bin’s nicht, der das Problem hat«, sagte Skelly und entwand seine Schneiderware meinem Griff. »Und ich will keinen Ärger.«
»Also habe ich ein Problem? Willst du das damit sagen?«
»Ich sage gar nichts. Ich will keinen Ärger.«
»Dann achte auf dein Benehmen in Gesellschaft Höherstehender, Freundchen.«
Er drehte sich mürrisch von mir weg. Zu kämpfen traute er sich nicht, aber das hieß noch lange nicht, dass er bei schwachem Licht nicht von hinten mit einem Totschläger hinlangen würde.
Ich überließ ihn seinem Schmollen und beachtete Jimmy Costellos ungeduldigen Blick nicht. Ich strapazierte mein Glück, das wusste ich, aber ich hatte Kopfschmerzen und war schlechter Laune. Jeder, mit dem ich zu tun hatte, log mir entweder was vor oder verschwieg mir etwas.
***
Versprochen ist versprochen. Während der Besuchsstunde am Mittag ging ich zu Davey ins Krankenhaus. Er freute sich, dass ich kam, aber ich merkte, dass er höllische Schmerzen litt. Mir ging es auch nicht viel besser. Wir sprachen, und ich scherzte mit ihm, und die ganze Zeit spürte ich, wie die alte dunkle Wut sich tief in meinen Eingeweiden immer mehr aufstaute.
Nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, rief ich Sheila Gainsborough an und fragte sie, ob ich sie treffen könne, entweder in ihrer Wohnung oder in meinem Büro. Es sei wichtig, betonte ich, und nichts, worüber man am Telefon reden könnte. Ich drang zu ihr durch, und sie erklärte sich bereit, mich in ihrer Wohnung zu empfangen. Ich musste ihr jedoch eine Stunde lassen, in der sie noch etwas erledigen wollte. Sie gab mir den Namen eines Cafés um die Ecke und sagte, wir würden uns dort treffen. Das Dekorum war unnötig und fehl am Platze, aber ich war zu zerschlagen, um lange zu diskutieren.
Ich fuhr ins West End, entdeckte das Café auf der Byres Road und setzte mich an einen Fenstertisch. Das Café war italienisch, eine dieser Buden, wo sie eine ganze Oper inszenieren, um einem eine Tasse Kaffee zu machen mit einer zischenden Dampfmaschine, die sich anhört, als gehöre sie vor den Elf-Uhr-fünfzehn-Zug nach London. Wenigstens schmeckte der Kaffee.
Sheila Gainsborough kam fünf Minuten zu spät. Sie wirkte aufgeregt und entschuldigte sich für ihre Verspätung. Als sie das Kopftuch abnahm, tat jeder im Café so, als würde er sie nicht anstarren. Starren wäre nur weniger aufdringlich gewesen als die ungeschickt verhohlenen Blicke. Ein Kellner, der aussah, als wäre er frisch vom Schiff aus Neapel gestiegen, sich aber anhörte, als hätte er gerade die Fähre nach Renfrew verlassen, nahm ihre Bestellung auf.
»Sie haben Neuigkeiten?«, fragte sie gehetzt. Ihre Wangen waren gerötet, und trotz meiner miesen Stimmung und meiner Kopfschmerzen durchfuhr mich der Gedanke, wie schön es wäre, diese Wangen zum Erröten zu bringen.
»Wie ich schon am Telefon sagte, Miss Gainsborough«, antwortete ich ruhig, »sollten wir es in Ihrer Wohnung oder in meinem Büro besprechen. Ob es Ihnen passt oder nicht, Sie sind prominent, und in diesem Raum hier spitzen die Leute die Ohren. Woher wollen Sie wissen, ob nicht jemand ein Reporter ist oder ein Bulle?«
Sie stimmte zu, und wir tranken eilig und schweigend unseren Kaffee. Danach
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