Lennox 02 - Lennox Rückkehr
drängte sich an mir vorbei. Im Zimmer war es heiß und stickig, und als sie an mir vorbeikam, fing ich wieder einen Hauch Lavendel und Moschus auf: die Garnitur und ihre Haut. O Junge, dachte ich, diesmal hat es dich aber schlimm erwischt.
Wir hörten ein Geräusch von unten und erstarrten. Jemand öffnete die Wohnungstür. Sheila hatte sie hinter sich ins Schloss fallen lassen. Wer immer hereinkam, besaß also einen Schlüssel. Ich hielt Sheila auf, als sie zur Schlafzimmertür wollte – offensichtlich, um den Namen ihres Bruders zu rufen. Ich legte einen Finger auf die Lippen, schob mich an ihr vorbei und stieg die Stufen hinunter, so rasch und so leise ich konnte. Wieder zog ich den Totschläger aus der Tasche. Als ich das untere Ende der Treppe erreichte, öffnete ein junger Mann mit schwarzem Haar und dunklem Teint die Tür und betrat den Korridor.
»Hallo«, sagte ich mit einem freundlichen Lächeln, ohne den Totschläger sehen zu lassen. Der Dunkelhaarige blickte mich an, die Augen vor Erstaunen aufgerissen.
»Wer sind Sie? Was tun Sie hier?« Er kniff die Augen zusammen, als sein Erstaunen dem Misstrauen wich. Ich lächelte weiter und verstärkte den Griff um den Totschläger.
»Sie kennen doch diese Filme«, erwiderte ich, »wo jemand sagt: Ich stelle hier die Fragen! Tja, dieser Jemand bin ich. Fangen wir mit der Frage an, wieso Sie einen Schlüssel für eine Wohnung haben, die Ihnen nicht gehört und die Sie nicht gemietet haben, in der Sie anscheinend aber kommen und gehen, wie es Ihnen gefällt.«
»Sind Sie ein Bulle?«, fragte er.
»Sagen wir einfach, ich untersuche das Verschwinden von Sammy Pollock.«
»Aber Sie sind kein Bulle ...« Er kniff die Augen noch enger zusammen. Plötzlich wirkte er unsicher. »Schickt Largo Sie?«
»Wer ist Largo?«
Einen Moment wirkte er erleichtert. Dann kehrte die Härte in seine Augen zurück. Er zog den Kopf ein wenig zwischen die Schultern und schob eine Hand in die Seitentasche seines Jacketts.
Sheila musste sich die Treppe heruntergeschlichen haben. Ein Brett knarrte. Mein dunkelhaariger Kumpel warf einen Blick in die Richtung des Geräuschs und wirkte nicht mehr ganz so selbstsicher. Offenbar vermutete er, ich hätte Verstärkung in der Hinterhand. Mich ärgerte ein wenig, dass er glaubte, ich bräuchte Unterstützung, um mit ihm fertig zu werden.
»Wenn du kein Bulle bist, dann leck mich am Arsch.« Er drehte sich um und ging zurück in den kleinen gekachelten Vorraum. Er bewegte sich rasch, aber nicht panisch.
»O nein, du bleibst hier.« Ich packte ihn an der Schulter. »Nur ein Minütchen.«
Er war gute zehn Zentimeter kleiner als ich; deshalb verrechnete er sich bei dem heimtückischen Stoß nach hinten mit dem Ellbogen. Statt mich im Gesicht oder an der Kehle zu erwischen, traf er mich schmerzhaft gegen die Brust und schleuderte mich zurück. Immerhin hatte er dadurch Zeit, die Wohnungstür zu öffnen. Er wollte gerade abhauen, als ich ihm nachsetzte und gegen die Tür trat. Mein ganzes Gewicht lag hinter dem Tritt. Die Türkante traf ihn an der Schulter, glitt ab, erwischte ihn an der Wange und klemmte seinen Kopf zwischen Tür und Rahmen ein. Er war sofort benommen. Auf seiner Wange bildete sich eine dicke blutige Schwellung und verwandelte sich in einen Sturzbach, der ihm an Gesicht und Hals herunterlief und sein Hemd knallrot färbte.
»Oh, tut mir leid«, sagte ich. »War die Tür im Weg?«
Seine Hand tastete nach der Tasche und dem, was immer er darin hatte, aber seine Bewegungen waren schwerfällig und fahrig. Ich verpasste ihm zwei kräftige Dinger mit dem Totschläger. Der erste Treffer zerbrach etwas in seinem Handgelenk, der zweite erwischte ihn im Nacken. Er verlor das Bewusstsein und ging zu Boden wie ein Sack Kartoffeln. Dann lag er in der Tür, halb in der Wohnung, halb draußen. Ich packte ihn beim Hemdkragen und zerrte ihn ganz hinein.
Als ich mich umdrehte, stand Sheila auf halber Höhe der Treppe. Sie hatte die Augen aufgerissen und eine Hand vor den Mund geschlagen.
»War das wirklich nötig?«, fragte sie, als sie sich halbwegs berappelt hatte.
»Er hatte seine Chance«, erwiderte ich. »Außerdem hat er irgendeine Waffe in der Tasche, nach der er greifen wollte.« Ich bückte mich und zog ein Schnappmesser heraus. Ich drückte den Knopf und hielt Sheila die Klinge hin. »Sehen Sie? Das war reine Selbstverteidigung.«
»Selbstverteidigung scheint Ihnen Spaß zu machen, Mr. Lennox.«
Ich zuckte die Schultern und zog
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