Lennox 02 - Lennox Rückkehr
meinen Fuß in den Rahmen stellte. Der alte MacSherry öffnete die Tür wieder weit und blickte betont auf meinen Schuh und dann in mein Gesicht. Er lächelte. Es war ein Lächeln, das mir nicht gefiel, und ich überlegte, wie schmachvoll es wäre, würde ein alter Rentner mir die Seele aus dem Leib prügeln.
»Verzeihen Sie«, sagte ich rasch und hob die Hände. »Ich wollte noch sagen, dass ich bereit bin, für die Informationen zu bezahlen.«
Er sah wieder auf meinen Fuß, und ich nahm ihn aus der Tür.
»Was wollen Sie wissen?«
»Kennen Sie – oder kannten Sie – einen gewissen Bert Soutar?«
»Aye, ich kannte Soutar. Was geht Sie das an? Sie sind nicht von der Polizei.«
»Nein, nichts dergleichen. Ich vertrete eine Gruppe von Investoren, die sich für ein sportliches Ereignis interessieren. Mr. Soutar hat mit diesem Ereignis zu tun, und wir überprüfen lediglich seine Vorgeschichte. Sie müssen wissen, dass Mr. Soutar vorbestraft ist.«
»Was Sie nicht sagen.« Ironie war nicht seine Stärke.
»Doch, so ist es leider«, fuhr ich fort, als hätte ich seinen Sarkasmus nicht verstanden. »Nicht dass dies für sich genommen schon ein Problem wäre, aber wir wüssten gern, mit wem wir es zu tun haben. Haben Sie Mr. Soutar denn gekannt?«
»Sie haben gesagt, Sie würden für Antworten bezahlen.«
Ich zückte die Brieftasche und gab ihm einen Fünfpfundschein. Einen zweiten Fünfer behielt ich in der Hand. »Vielleicht könnten wir ...« Ich machte eine Kopfbewegung zum Korridor.
»Wenn Sie wollen«, sagte MacSherry und rückte zur Seite, damit ich eintreten konnte.
Das Wohnzimmer war klein, aber auch hier herrschte überraschende Sauberkeit. Durch ein großes Fenster ohne Vorhänge hatte man einen Blick auf die Straße, und in einer Wand befand sich eine Bettnische, ein typisches Merkmal Glasgower Mietskasernen. Die billigen Möbel waren abgewetzt, doch hier und da sah man etwas, das unpassend neu und teuer aussah, und zu meinem Erstaunen quetschte sich ein kleines Pye-Fernsehgerät in die eine Ecke des Raumes. Auf dem Apparat stand eine Zimmerantenne mit zwei ausziehbaren Stäben, die sich in einem grotesken Winkel zueinander reckten. Ich begriff nun MacSherrys Widerwillen, mich in die Wohnung zu lassen: Der Kontrast von Alt und Neu verriet den Unterschied zwischen rechtmäßigem Besitz und Diebesgut.
Die fette Frau, von der ich annahm, dass sie MacSherrys Gemahlin war, verließ das Zimmer. Eindeutig tätigte der Hausherr hier des Öfteren Geschäfte.
»Sind Sie so ein Scheiß-Yank?« MacSherry hatte eine charmante Art, Besucher willkommen zu heißen. Tee würde er mir wahrscheinlich nicht anbieten.
»Kanadier.« Ich lächelte mal wieder. Allmählich schmerzte mir der Kiefer davon. »Wegen Soutar ...«
»Er war ein Billy Boy. Und ein Faustkämpfer. Boxer ohne Handschuhe. Harter Hund. Ich weiß, worum es geht. Um seinen Neffen. Bobby Kirkcaldy. Das ist Ihr Scheißsportereignis, stimmt’s?«
»Es steht mir nicht frei, das zu sagen, Mr. MacSherry. Soutar war ungefähr zur gleichen Zeit wie Sie ein Mitglied der Bridgeton Billy Boys, stimmt’s?«
»Aye. Ich hab ihn aber nicht so gut gekannt. Wenn er ein Messer in der Hand hatte, wurde er zum Tier, das kann ich Ihnen sagen. Und mit den Fäusten sowieso. Aber als wir uns militärisch organisierten – als die Billy Boys Morgenappelle abhielten und so –, da hat er sich verpisst. Er hasste die scheiß Fenier, aber das Geldverdienen war ihm wichtiger. Geboxt hat er aber immer noch. Das hörte erst auf, nachdem er die Bullen aufgeschlitzt hatte.«
»Ich dachte, Sie sagten, er hätte die Billy Boys vorher verlassen?«
»Hatte er auch. Das war aber nicht bei einer Prügelei. Es war nach einem Spiel, schon richtig, aber er brach gerade in eine Sparkasse ein. Er hatte die bekloppte Idee, dass die berittenen Bullen zu sehr mit der Prügelei beschäftigt wären. Aber zwei von denen haben ihn hinter dem Bankgebäude erwischt. Nach allem, was ich gehört habe, ist Soutar frech zu ihnen geworden, und sie wollten ihm dafür eine Abreibung verpassen. Das war sein größtes Problem. Er hatte ein großes Maul – größer, als gut für ihn war. Jedenfalls hatte er immer zwei Messer in den Westentaschen. Die beiden Bullen wollten ihn sich greifen, und er hat sie beide aufgeschlitzt. Einer hat dabei ein Auge verloren. Haben Sie Soutars Gesicht gesehen?«
»Ja«, sagte ich. »Er muss im Ring mehr abbekommen haben als der Durchschnitt.«
»Mit dem Boxen hat das
Weitere Kostenlose Bücher