Lenz, Siegfried
Bambussplitt nicht doch besser seien zum Decken der Halle, das Tarnnetz, so glaubte er, mache einfach zu früh schlapp und hänge durch und liefere keinen verläßlichen Schatten. Dann werden wir eben nachspannen von Zeit zu Zeit, sagte der Chef und ging herum und lobte Guntram Glasers Einfall und unsere Arbeit, einmal ging er auch ein Endchen Richtung Findling, nur um die Schattenhalle aus der Entfernung zu begutachten; lachend sagte er: Jetzt kommt uns keiner mehr auf die Schliche. Die Urkunde, für die Rhododendren aus unserer Schattenhalle wurde dem Chef eine Urkunde verliehen, die hing lange im Büro neben all den anderen Urkunden und Schleifen und Preisen, viele haben sie gelesen und bewundert, und er selbst hätte sie dort wohl für immer hängen lassen, aber nachdem er die letzte Aufforderung erhalten hatte, alle unsere Eichen zu vernichten, nahm er sämtliche Urkunden und Auszeichnungen von der Wand, niemand hat sie seither gesehen.
Wenn Ewaldsen ganz still steht, wenn das Schattenmuster auf ihn fällt, dann sieht er aus wie gefangen in den ebenmäßigen Maschen; kleine Vögel können leicht durch sie hindurchfliegen, aber Elstern und Krähen, die schafften es nicht. Er merkt, daß ich ihn beobachte, er fragt: Is was, Bruno? Und ich sage: Die hat noch Guntram Glaser gebaut, die Halle hat sich gut gehalten; darauf will er nicht antworten, über Guntram Glaser hat er kaum ein Wort verloren, ich weiß auch nicht, warum. Ich weiß nur, daß er als erster voraussah, was dann wirklich geschehen ist. Er stand neben der Sandstreumaschine, und ich rannte zu ihm, gleich nachdem der Chef mich verlassen hatte, ich mußte einfach loswerden, was ich gerade erfahren hatte, und Ewaldsen war der erste, den ich sah. Sortier man erst, was du im Kopf hast, sagte er. Ich erzählte ihm, daß der Chef sich entschlossen hätte, Guntram Glaser als Betriebsleiter zu beschäftigen, nicht als zweiten Vorarbeiter, sondern als Betriebsleiter, worauf Ewaldsen mich nur ruhig musterte, den Kopf zurücklegte und dann sagte: Damit wäre der Anfang geschafft. Wieso der Anfang, fragte ich, und er, mit gleichbleibender Ruhe: Ich seh, was ich seh; bald werden sie noch mehr bekanntgeben, bald, Bruno, gehört er zur Familie. Ewaldsen hat es vorausgesehen.
Auch von mir haben sie gesagt: der Bruno gehört zur Familie, auch von Lisbeth haben sie gesagt: die gehört schon hundert Jahre zur Familie, die war schon beim Vater des Chefs, Lisbeth, die mir Grüße geschickt hat. Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, daß sie mich grüßen ließ, aber Magda selbst ist bei ihr gewesen, Magda hat sie ins Krankenhaus begleitet und hat etwas geschenkt bekommen, einen gehäkelten schwarzen Schal. Lisbeth will nicht, daß einer von der Familie sie besuchen kommt, der Chef, ja, der darf kommen, aber einen andern will sie nicht an ihrem Bett sehen, das hat sie Magda zum Abschied aufgetragen, und Magda weiß nicht, wie sie es denen auf der Festung beibringen soll. Überall hat Lisbeth Wasser, in der Lunge, in den Beinen, bewegen kann sie sich nur zur Not, und ihre Gichtfinger, die wie große verzogene Krallen sind, können kaum noch etwas halten. Die kommt wohl nicht mehr zu uns zurück, hat Magda gesagt und hat sich an mich geschmiegt und gleichmäßig geatmet, und als ich dachte: nun ist sie eingeschlafen, da sagte sie leise: Wir werden alles nehmen, wie es kommt, Bruno, das werden wir.
Um den Schatten in einer Ecke zu verdichten, hat Guntram Glaser über das Tarnnetz noch eine ausgediente Fischreuse gelegt, die war kleinmaschig und heil, eine gute Falle, und es dauerte nicht lange, bis sich die erste Dohle im Garn verfing und von Inas Katze geschnappt wurde. Inas grauweiße Katze lauerte oft in der Schattenhalle, sie tat so, als ob sie schliefe, aber aus ihren grünen Schlitzen beobachtete sie alles, und sobald sich ein Vogel blicken ließ, sprang sie auf und erschreckte ihn und trieb ihn ins Garn, erwischt jedoch hat sie nur selten einen. Einmal, bei einer Verfolgungsjagd, ist sie selbst in die Reuse geraten, sie kroch durch die sich verjüngenden Reifen, bis sie im Sackende gefangen war, da zitterte sie und klagte, plumpste in ihrer Verschnürung immer hin, sobald sie aufstehen wollte; um sie zu befreien, mußte Guntram Glaser das Sackende aufknoten. Ina nahm die Katze auf den Arm und liebkoste und bedauerte sie, die Muster, die die kleinen Maschen in das Fell gedrückt hatten, wurden bald schwächer, und sie verschwanden ganz, als Guntram Glaser die Katze
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