Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
Vielleicht heute Nacht, nach der Aktion im Scheunenviertel.

 
    11
    Beim ausgiebigen
     Nachmittagstee, der für ihn, wenn er zu Hause war, ein festes Ritual
     darstellte, las er aufmerksam die Zeitung. Er überschlug den
     politischen Teil, weil er sich nach der Unruhe der letzten Tage eine
     entspannende Lektüre wünschte, und konzentrierte sich ganz auf
     Gesellschaftsberichte, Mode und Sport. Auf der letzten Seite stieß
     er unter der Rubrik AUS DER WELT DER KRIMINALISTIK nach längerer Zeit
     wieder auf den Namen Sartorius. Aufmerksam las er den Artikel durch und
     runzelte die Stirn. Hier wurden die Morde an Gabriel Sartorius und Erna
     Klante im selben Satz genannt. Und beide Fälle wurden vom selben
     Kommissar bearbeitet. Dem Mann, dem er wenige Stunden zuvor auf dem Flur
     seiner Firma begegnet war.
    Die angespannte Stimmung
     erinnerte an einen wolkenverhangenen Himmel, der auf Regen wartet. Zum Glück
     hielt sich von Malchow zurück, er schien zu spüren, dass er es
     zu weit getrieben hatte, als er den Zeitungsartikel herumzeigte. Robert
     und Berns saßen mit Stankowiak im Fond und verständigten sich
     hinter dem Rücken ihres Chefs mit Zeichen. Ist schlecht aufgelegt,
     deutete Robert an. Kein Wunder, dachte er, er hatte Marie im Krankenhaus
     besucht und wusste, wie schlecht es ihr ging. Doch er ahnte, dass mehr
     hinter Leos gereizter Stimmung steckte. Vermutlich Ilse. Verdammt
     schwierige Sache.
    Berns verzog hinter von
     Malchows Rücken das Gesicht und verdrehte die Augen. Robert musste
     grinsen. Insgeheim hofften sie wohl beide auf eine Konfrontation, die die
     Luft reinigen würde, wussten aber auch, dass Leo zu klug war, um
     gleich beim ersten Einsatz einen Streit zu riskieren.
    Stankowiak saß
     schweigend daneben und hielt sich aus der lautlosen Unterhaltung heraus.
    Leo stellte den Wagen in der
     Auguststraße nahe der Einmündung Oranienburger Straße ab
     und stieg aus. Es war ein warmer Abend, die Gehwege waren schon gedrängt
     voll. Aus den Kellern klang scheppernde Musik, Geigen quietschten,
     Klaviere klimperten. Nicht gerade die Staatsoper, dafür aber laut. Er
     gab noch einmal die Koordinaten durch. »Walther, Berns und von
     Malchow, Sie übernehmen die Auguststraße, die Große
     Hamburger, Gipsstraße und Sophienstraße. Stankowiak und ich
     gehen die untere Linienstraße, Mulackstraße und Grenadierstraße
     ab. Die Lokalitäten sind bekannt, ebenso die wichtigen Fragen. Und
     vergessen Sie bitte nicht die Vergangenheit der Toten, vor allem den Namen
     des Etablissements, in dem sie früher angeschafft hat. Wir treffen
     uns um eins wieder hier. Viel Erfolg, meine Herren.«       
    Als Robert zögerte, trat
     Leo neben ihn. »Du willst wissen, warum wir nicht zusammen gehen?«
    Sein Freund nickte.
    »Weil ich einen zuverlässigen
     Mann bei von Malchow haben möchte.«
    Robert nickte wieder. »Verlass
     dich auf mich.«
    Leo sah den drei Männern
     nach, die gleich das nächste Lokal ansteuerten.
    »Stecknadel im
     Heuhaufen, was?«, fragte Stankowiak leise.
    »Mm. Aber so ist die
     Polizeiarbeit. Wir lösen unsere Fälle nicht bei Koks oder
     Geigenspiel, sondern mit viel Fußarbeit.«
    Als Stankowiak ihn verwundert
     ansah, meinte er: »Sherlock Holmes, Sie wissen schon. Los geht’s.«
    Auf den Straßen
     schwappte die Menschenmenge zwischen den Häusern hin und her. Es war
     noch hell, doch die engen Straßen wirkten durch die ungewöhnlich
     dichte Bebauung dunkler als das übrige Berlin. Passend, denn dieses
     Viertel war immer ein wenig schwärzer als die anderen.
    Falls die Leute sie als
     Polizisten erkannten, achteten sie nicht darauf. Die Polizei gehörte
     hier zum Alltag, und solange keine Razzia stattfand, ging alles seinen
     gewohnten Gang. In der Linienstraße blieb Leo kurz vor dem grauen
     Mietshaus stehen, in dessen Hof man die Leiche gefunden hatte. »So
     viele Leute, und keiner will etwas gesehen haben.«
    »Bis auf den
     Lumpensammler.«
    »Ja, aber für eine
     Identifizierung reicht auch das nicht aus«, sagte Leo skeptisch.
     »Wir gehen zuerst in das Lokal in der Mulackstraße, das Erna
     Klantes Freundin gehört. Die möchte ich mir gern persönlich
     ansehen.«
    »Die Linienstraße
     zieht sich ganz schön«, meinte Stankowiak unterwegs. Er sah an
     den Häusern hoch, von denen teilweise der Putz blätterte und das
     darunter liegende Mauerwerk preisgab.
    Leo war in Gedanken versunken
     und antwortete nicht. Ihm wollte nicht in den

Weitere Kostenlose Bücher