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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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lassen. Danach ist er immer gekommen, um sie hier zu
     treffen.«       
    »Den schnappen wir uns
     morgen«, sagte von Malchow, als sie das Lokal verließen.
    »Erst erstatten wir dem
     Kommissar Meldung«, warf Robert scharf ein und hielt von Malchows
     Blick ungerührt stand.
    Leo und Stankowiak standen in
     einer Kaffeebude Ecke Linienstraße und Grenadierstraße.
     »Ich muss ein bisschen auftanken«, sagte Leo und deutete auf
     den Kaffee, »ich habe letzte Nacht schlecht geschlafen.«
    »Ihre Tochter?«,
     fragte Stankowiak ruhig.
    Leo sah ihn überrascht
     an. »Woher wissen Sie das? Ja, ich musste sie letzte Nacht ins
     Krankenhaus bringen. Diphtherie. Immerhin war der Abend bis jetzt nicht
     ganz vergebens. Furchtbare Plörre.« Er stellte die Tasse hörbar
     auf die Theke und warf ein paar Münzen daneben. Er wollte nicht mit
     Fremden über Marie sprechen.
    In diesem Augenblick ertönte
     Lärm auf der Straße, etwas prallte gegen die Türscheibe,
     eine junge Frau rutschte von außen am Glas hinunter zu Boden und
     erbrach sich über ihren falschen Persianer. Leo und Stankowiak eilten
     instinktiv nach draußen, doch schon schoss auf dem Gehweg ein Mann
     herbei, trat nach der Frau, riss sie an den Haaren hoch und schleifte sie
     ein Stück mit. Die Polizisten folgten ihm.
    »He, Sie da! Polizei.«
     Stankowiak hielt den Mann an der Schulter fest und zeigte seinen Ausweis.
     »Lassen Sie die Frau los.«
    »Was soll das? Die gehört
     mir, die läuft für mich. Wollt mir Geld unterschlagen, das Aas.«
    »Is nich wahr«,
     nuschelte die Frau und wischte sich mit dem Handrücken Blut und
     Erbrochenes vom Mund. »Ick hab heut nüscht verdient. Ehrenwort.«
    Der Lude stieß die Frau
     gegen einen Laternenpfahl. Leo riss ihn an der Schulter herum und drückte
     ihn gegen die Hauswand. »Es reicht. Du lässt die Frau jetzt
     gehen, und wenn morgen eine Meldung bei uns eingeht, dann gnade dir Gott.
     Kapiert?«
    Der Lude nickte eingeschüchtert,
     und Leo ließ ihn ziehen. Der Mann tauchte in einem dunklen
     Hofeingang unter, während sich die Hure mühsam aufrappelte und
     ihr enges Kleid glatt strich. Dann hob sie den Mantel vom Boden auf.
     »Sauhund«, zischte sie leise und hinkte davon, ohne sich bei
     den Männern zu bedanken.
    Leo wandte sich ab. »Manchmal
     finde ich diese Stadt zum Kotzen.«
    Um eins fanden sich die
     Beamten am Wagen ein und fuhren gemeinsam ins Präsidium zurück.
     Von Malchow trug die Ergebnisse vor, die Leo mit einem angemessenen Lob
     quittierte. »Gute Arbeit, meine Herren. Der Sache Blatzheim gehen
     wir morgen, besser gesagt, heute nach. Und bleiben an unserem Mantelträger
     dran. Er muss von mehreren Leuten gesehen worden sein. Die Gegend ist
     belebt, es kann nicht sein, dass nur der junge Willy und Zylberstein ihn
     bemerkt haben sollen. Dienstbeginn ist morgen um halb zwölf. Gute
     Nacht.«
    Er wollte jetzt nur raus aus
     dem Büro, weg von dem Fall. Die letzten vierundzwanzig Stunden waren
     mehr als anstrengend gewesen. Die Sorge um Marie hatte ständig im
     Hintergrund gelauert, und es tat ihm leid, dass er Ilse in dieser Nacht
     allein ließ. Dennoch konnte er jetzt unmöglich nach Hause
     fahren. Die Müdigkeit machte ihn seltsam fiebrig, ihm war nicht nach
     Schlafen zumute.
    Dann fiel ihm wieder ein, was
     er sich für den Dienstschluss vorgenommen hatte.
    Das Schöne an Marlen
     war, dass er um jede noch so ungewöhnliche Zeit bei ihr auftauchen
     konnte. Sie lebte nach einem völlig anderen Rhythmus als er und
     wunderte sich nicht, wenn er um zwei Uhr morgens vor ihrer Tür stand.
    »Ich bin gerade nach
     Hause gekommen«, sagte sie und trat zurück, um ihn
     hereinzulassen. Ihr Bubikopf war silberblond gefärbt und umrahmte ihr
     Gesicht wie ein schimmernder Vorhang. Sie war keine Frau zum Heiraten,
     doch Leo kam gern zu ihr, wenn es ihm in der Emdener Straße zu eng
     wurde. Oder wenn er einen schlechten Tag hinter sich hatte.
    »Du siehst müde
     aus. Nein, eher mitgenommen. Ein schlimmer Fall?«, sagte sie und hängte
     ihren Abendmantel, den sie achtlos auf einen Stuhl geworfen hatte, an die
     Garderobe. Dann nahm sie seinen Mantel.
    Leo winkte ab und ging wie
     selbstverständlich ins Wohnzimmer, wo er sich ein Glas Kognak eingoss
     und in einem weichen Ledersessel Platz nahm.
    »Kognak?« Sie sah
     ihn überrascht an, da Leo sonst nur Bier, höchstens einmal ein
     Glas Wein trank.
    »Heute schon. Marie ist
     krank, sie hat Diphtherie. Muss ganz

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