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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Angehörige erpressbar werden, wenn sie, wie soll ich
     sagen, sexuell ein wenig aus der Art schlagen.«
    »Das haben Sie nett
     gesagt. Und es klingt richtig spannend. Hat die Person, die Sie suchen,
     mit Gabriel Sartorius zu tun gehabt?«
    »Sie müssen
     einander jedenfalls gekannt haben.«
    »Lassen Sie mich überlegen.«
     Ihr Schweigen schien unendlich lange zu dauern. »V als
     Anfangsbuchstabe eines Vornamens ist bei Männern eher selten, da fällt
     mir eigentlich nur Viktor ein. Ja, Viktor von Dreesen, der könnte es
     gewesen sein.«
    »Gewesen sein?«
    »Er hat vor einem Jahr
     Selbstmord begangen. Hat sich im Landwehrkanal ertränkt. Fiel wohl
     nicht in Ihre Zuständigkeit. Er war Besitzer eines großen
     Warenhauses und gehörte eigentlich zur guten Gesellschaft, aber er
     umgab sich gern mit Künstlervolk. Und mit schillernden Gestalten wie
     Sartorius.«
    »Kannten Sie ihn persönlich?«
    »Nur flüchtig.«
    »Wissen Sie, warum er
     sich das Leben genommen hat?«
    »Nicht genau. Natürlich
     wurde viel geklatscht, nach seinem Tod hieß es auch, er habe
     eigenartige sexuelle Neigungen gehegt. Aber Näheres wurde nie
     bekannt.«
    »War er verheiratet?«
    »Ich glaube schon.
     Irgendjemand sagte damals beiläufig zu mir, wie furchtbar es für
     seine Frau und die Kinder sein müsse.«
    Leo schaute auf seinen
     Zettel. »Und was ist mit P. W. und M. E.? Können Sie sich
     vorstellen, wer sich dahinter verbirgt?«
    »Soll das ein Ratespiel
     sein?«, fragte sie lachend. Dann herrschte Schweigen am anderen
     Ende, bis sie sich wieder mit ihrer tiefen Stimme meldete: »Tut mir
     leid, Herr Kommissar, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Falls mir noch
     etwas einfällt, rufe ich Sie an.«
    »Frau Reichwein, ich
     bin Ihnen wie immer ungeheuer dankbar.«
    »Sie können mir
     danken, indem Sie mich gelegentlich noch einmal besuchen, Herr Kommissar.
     Ich bin gespannt, was ich demnächst in der Zeitung über den Fall
     Sartorius lesen werde. Au
     revoir .«
    Er hängte ein. Es
     passte, auf einmal passte es tatsächlich zusammen. Bestimmt hatte
     Sartorius von Dreesen erpresst und gedroht, seiner Familie oder sogar
     einer breiten Öffentlichkeit die masochistischen Rituale zu
     offenbaren, denen er anhing. Also war er doch nicht nur der Heiler ohne
     Fehl und Tadel gewesen, der gute Mensch, als den ihn seine Haushälterin
     empfunden hatte, sondern hatte die intimen Gespräche mit seinen
     Patienten genutzt, um zu entscheiden, bei wem sich ein Erpressungsversuch
     lohnte.
    Dann überkamen ihn
     wieder Zweifel. Natürlich lieferte die verschlüsselte
     Aufstellung für sich noch kein Mordmotiv. Verena Moltkes Familie
     zeigte wenig Interesse an ihrem Schicksal, daher war es fraglich, ob ein
     Erpressungsversuch bei ihren Angehörigen überhaupt Sinn gehabt
     und damit Anlass zu der Tat gegeben hätte.
    Bei Familie von Dreesen
     schien das Motiv zwar klarer, dafür lag der Tod des Mannes bereits
     ein ganzes Jahr zurück. Eine Kurzschlusshandlung kam somit nicht in
     Frage. Dennoch, er würde die Familie aufsuchen müssen, selbst
     wenn er damit schmerzliche Erinnerungen aufrührte.
    Er stellte den Stuhl an den
     Tisch, machte sich im Bad fertig, schaute noch einmal bei Georg hinein,
     der sich im Kinderzimmer zunehmend allein fühlte und seine Schwester
     herbeisehnte, und ging zu Bett.
    Er hatte sich in seinem
     Schlafzimmer eingeschlossen, einen Stuhl vor die Tür geschoben, damit
     ihn niemand überraschte, und war dabei, seine Handschuhe zu
     zerschneiden. Die ganze kostbare Sammlung. Wildleder, Glacé,
     feinster Stoff, alles fiel der Schere zum Opfer. Sein innerer Aufruhr
     stand im Gegensatz zu der Präzision, mit der er sein Zerstörungswerk
     vollbrachte. Alles, alles musste weg.
    Er suchte nach den
     Katalogen der Maßateliers, zerriss Zeichnungen von Fräcken,
     Zylindern, weißen Hemden und Bindern, Brautkleidern, Schleiern und
     Haarkränzen, trat darauf herum, als wollte er sie zu Brei zermalmen.
     Sein Atem ging schwer, sein Arm pochte taub, das Gefühl der Fremdheit
     zog sich bis in die Schulter hinauf. Egal. Es musste weg. Alles.
    Als er wieder zu sich kam,
     räumte er auf. Stopfte die Fetzen der Handschuhe in einen
     Kleidersack, dazu das zerrissene Papier, und trug alles in den Keller.
     Keuchend lehnte er sich gegen die Tür. Hoffentlich begegnete er auf
     dem Weg nach oben keinem Dienstboten.
    Er kehrte ins Schlafzimmer
     zurück und sank aufs Bett.
    Martin Moltke bot Robert
     einen

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