Leonardo und der Fluch des schwarzen Todes (Da Vincis Fälle) (German Edition)
eine schöne Bescherung!“
Francesco nahm den Topf vom Feuer und hatte nun Zeit, sich voll und ganz auf Leonardo zu konzentrieren. Dieser erzählte seinem Onkel von dem Papyrus und den Vogelmännern darauf und von den Ibis-Mumien, die Doktor Petronius verkauft hatte.
„Weißt du was ich denke? Dieser Petronius könnte ein Betrüger sein! Anstatt echte und ungeheuer wertvolle Vogelmumien aus Ägypten zu präsentieren, hat er vielleicht nur tote Tiere mit Bitumen eingestrichen und Leinen darum gewickelt. Das Bitumen färbt dann alles schwarz!“
Onkel Francesco beugte sich etwas nach vorn und sah Leonardo mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck an. „Möglich ist das. Aber ich warne dich allerdings, so etwas herum zu erzählen, wenn du keine Beweise dafür hast. Das kann schnell großen Ärger geben…“
„Ich habe keine Beweise“, gab Leonardo zu. „Allerdings hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass bei der Sache irgendetwas nicht stimmt…
Als Leonardo dann über den ibisköpfigen Gott Thot sprach, runzelte Francesco die Stirn.
„Ich muss sagen, du beschäftigst dich schon mit sehr seltsamen Dingen, Leonardo.“
„Ich kann nichts dafür. Es interessiert mich einfach so vieles. Und das alles zur gleichen Zeit! Deswegen kann ich mich oft nicht gut entscheiden, was ich eigentlich als Erstes machen soll und deswegen bleibt dann auch vieles halbfertig liegen.“
Onkel Francesco grinste. „Das wird deinen Großvater sicher ziemlich aufregen, was?“, meinte er. Onkel Francesco war der jüngere Bruder des Großvaters und kannte diesen daher von klein auf.
Leonardo zuckte mit den Schultern.
„Manchmal regt er sich schon ein bisschen auf. Und das nicht genug Geld da sein soll, um eine Mumie zu kaufen, die ich untersuchen könnte, leuchtet mir ehrlich gesagt auch nicht wirklich ein.“
„Naja, was den Ibis angeht hast du Glück. Ich habe einen hier!“
„Was?“
„Natürlich keinen lebendigen – sondern nur eine Zeichnung. Und ich glaube auch nicht, dass er von derselben Art ist wie dieser so genannte Heilige Ibis, von dem du gesprochen hast.“
„Aber…“
„Komm mit, ich zeige ihn dir!“
Leonardo folgte Großonkel Francesco in einen Raum, in dem zahllose Zeichnungen von Tieren aufgehängt waren. Francesco hatte viele von ihnen selbst angefertigt. Früher hatte Leonardo ihn dabei oft beobachtet und viel dabei gelernt. Onkel Francesco hatte immer versucht, ein Tier so naturgetreu wie möglich zu zeichnen. Wenn sie bei ihren Streifzügen durch die Natur ein totes Eichhörnchen oder einen Vogel fanden, nahm Onkel Francesco ihn als Modell.
„Hier, das ist er!“, sagte Francesco und deutete auf einen Vogel mit deutlich nach unten geneigtem Schnabel.
„Genau wie der Kopf auf dem Papyrus!“, stieß Leonardo hervor.
„Ich war mir nicht sicher, ob der Schnabel wirklich so krumm ist oder nur so gezeichnet wurde. Auf jeden Fall hat dieser Petronius dann gelogen, als er sagte, dass es den Heiligen Ibis nur in Ägypten gibt.“
„Nicht unbedingt“, gab Francesco zu bedenken. „Erstens gibt es verschiedene Ibis-Arten – und wer weiß, vielleicht gibt es diesen so genannten Heiligen Ibis ja wirklich nur in Ägypten. Wir waren ja beide noch nie dort - wie wollen wir das also wissen?“
„Das stimmt natürlich“, musste Leonardo zugeben.
Francesco deutete auf das Bild.
Das hier ist ein Waldrapp – ein Ibis, den es früher überall bei uns gab.“
„Früher?“
„Ja. Mein Großvater hat mir noch davon erzählt, wie gut ein Waldrapp schmeckt! Leider haben das wohl viele gedacht, sodass man sie so oft gejagt hat, bis es keine mehr gab. Ich persönlich habe noch nie einen lebenden Waldrapp gesehen und dass dies hier einer ist, weiß ich auch nur daher, weil ich einen erfahrenen Falkner gefragt habe, der diese Vögel noch kannte.“
„Dann hast auch du diesen Waldrapp-Ibis auch gar nicht gezeichnet?“
„Nein. Ich habe die Zeichnung auf dem Markt von Empoli gekauft. Wer ihn gezeichnet hat, weiß ich nicht, aber das Blatt muss schon alt sein. Es ist ganz vergilbt.“
„Kann ich es ausleihen?“, fragte Leonardo. „Ich nehme an, dass dieser Waldrapp dem Heiligen Ibis sehr ähnlich sein muss. Zumindest von der Kopfform her.“
„Das mag sein.“
„Aber die Vogelmumie, die Doktor Petronius herumzeigte erschien mir größer!“
„Leonardo, Menschen sind auch nicht alle gleich groß! Außerdem kann man das bei einem Bild immer schwer sagen…“
„Und dieser Schnabel ist
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