Leonardo und der Fluch des schwarzen Todes (Da Vincis Fälle) (German Edition)
hat!“
„Leonardo, diese Mumien sind doch ungeheuer alt. Sie verändern sich, schrumpeln zusammen und werden ganz schwarz. Warum sollte sich…“
„…ein Schnabel nicht gerade biegen?“, fragte Leonardo etwas spöttisch.
„Warum nicht? Bist du so ein Mumienexperte, dass du das aus-schließen könntest?“
Einen Augenblick lang sagte keiner der beiden Jungen noch etwas. „Da hast du leider Recht, Carlo. Ein so großer Mumienexperte bin ich nicht. Aber wenn ich die Möglichkeit hätte, eine davon genauer zu untersuchen, dann…“
„Nein!“, fauchte Carlo. „Mein Vater wird das nicht gestatten und ich werde ihn auch gar nicht erst fragen.“
„Bitte!“
„Kommt nicht in Frage.“
„Ich würde bei der Mumie alles wieder so herrichten, wie es war.
Versprochen. Und überlege doch mal: Wenn sich herausstellt, dass ich mich geirrt habe, wird dein Vater auch froh sein, dass er sein Geld nicht umsonst ausgegeben hat. Aber falls nicht – meinst du nicht, dass er es dann von dem Betrüger gerne zurückbekommen möchte?“
„Ja, schon…“, gab Carlo zu.
„Dann lass uns nicht so lange warten, sonst ist dieser Kerl über alle Berge! Abgesehen davon wird er noch viele andere betrügen, wenn ihm nicht das Handwerk gelegt wird.“
Carlo dachte nach. Leonardos Worte hatten offenbar doch eine gewisse Wirkung gehabt. Er blickte noch mal auf das Bild mit dem Waldrapp. „Naja, der Schnabel der Mumie sah schon etwas anders aus“, gab er zu. „Was schlägst du vor?“
„Du meinst wirklich, dass es keinen Zweck hat, deinen Vater zu überreden?“, hakte Leonardo noch mal nach.
Carlo schüttelte den Kopf. „Keine Chance.“
„Dann bleibt eigentlich nur noch eine Möglichkeit.“
Carlo runzelte die Stirn. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, worauf Leonardo offensichtlich hinaus wollte. „Nein, das kommt nicht in Frage!“
„Wir müssen die Mumie stehlen“, erklärte Leonardo. „Aber da wir sie ja hinterher ohnehin unversehrt zurückgeben, ist es auch kein richtiger Diebstahl!“
„Ich glaube mein Vater hat darüber sicher eine andere Meinung.“
„Wenn du eine andere Möglichkeit weißt, dann sag sie mir. Ich wüsste keine!“
Es war bereits nach Mitternacht, als Leonardo die Bettdecke auf-schlug. Von draußen schien der Mond sehr hell ins Zimmer. Spätestens um Mitternacht ging das Licht im Dorfgasthaus aus. Von Leonardos Fenster aus konnte man das sehen.
Jetzt war es vollkommen ruhig in Vinci und die nächsten lauten Geräusche würden von ein paar sehr pünktlichen Hähnen kommen, die in der Umgebung zu Hause waren, und in aller Frühe auf ihren Misthaufen saßen und laut krähten.
Doch bis dahin war Zeit genug für Leonardos Plan.
Er lauschte. Großvaters Schnarchen klang von unten herauf und erinnerte Leonardo an das Brummen eines Hornissenschwarms. Gut so, der schläft tief und fest!, dachte er.
Er schlich die Treppe hinunter.
Da er Barfuß lief, hörte man keinen Laut. Nur auf einer Stufe knarrte es ganz furchtbar. Großvater hörte für zwei Atemzüge mit dem Schnarchen auf und Leonardo befürchtete schon, dass er er-wachte.
Aber diese Sorge erwies sich als unbegründet.
Einen Augenblick später begann das Gebrumm wieder – diesmal mit einem Pfeifton dazu. Leonardo hatte mal untersuchen wollen, ob seine unterschiedlichen Schnarchlaute damit zusammenhingen, auf welche Seite er sich drehte, aber aus irgendeinem Grund wollte Großvater sich nicht im Schlaf beobachten lassen.
Leonardo hatte inzwischen die Treppe hinter sich gelassen und ging zur Tür hinaus ins Freie.
Bis zum Haus der Familie Maldini war es nicht weit.
Unterwegs sammelte Leonardo einen Stein auf.
Als er das Haus des Händlers erreicht hatte, ging er zur Rückfront und warf den Stein gegen die Dachluke. Das war das vereinbarte Zeichen.
Dort schlief nämlich Carlo zurzeit. Die Dachluke öffnete sich und Carlo blickte hinaus. Er entdeckte Leonardo sofort und machte ihm ein Zeichen.
Leonardo wartete ungeduldig.
Wenig später öffnete sich dann die Hintertür der Maldinis.
Carlo hatte bereits eine Kerze entzündet, denn ohne Licht war es unmöglich, die Mumie im Kühlkeller zu finden. Leonardo lief zu ihm und trat vorsichtig in das Haus der Maldinis ein. Sie sagten beide kein Wort und das war auch nicht nötig, denn sie hatten vorher alles genauestens besprochen.
Vorsichtig gingen sie den Flur entlang.
Dann erreichten sie die Treppe, die hinunter in den Keller führte.
Die Stufen ächzten ein
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