Leonardo und der Fluch des schwarzen Todes (Da Vincis Fälle) (German Edition)
dahinter.“
„Und was?“, fragte Carlo etwas angestrengt.
„Natürlich seine Verwandtschaft! Cosimo ist doch schon alt und ich glaube, seine zukünftigen Erben machen ihm die Hölle heiß, wenn sie erfahren sollten, dass er Stücke aus seiner Schriftensammlung einfach aus dem Haus gibt!“
„Wer weiß, vielleicht ist das Papyrus nicht einmal echt gewesen“, sagte Carlo. „Das Durcheinander könnte doch jeder hinbekommen.
Am Ende hat sich das alles nur irgendjemand ausgedacht, der weiß, dass Cosimo de’ Medici alte Schriften sammelt und viel Geld dafür bezahlt.“
„Oh nein“, widersprach Leonardo. „Cosimo hat mir erzählt, wie er an das Papyrus gekommen ist. Er hat es zusammen mit einer Mumie erworben – und zwar von einem Händler aus Venedig, der regelmäßig nach Alexandria segelt und auf diese Sachen spezialisiert ist. Beides gehörte zusammen.“
„Und dann hast du die Mumie auch gesehen?“
„Leider nicht“, gestand Leonardo. „Vor ein paar Jahren hat es einen Brand im Palast der Medici gegeben und die Mumie konnte leider nicht gerettet werden..“ Leonardo rieb sich das Kinn. Plötzlich war ihm ein Gedanke gekommen. „Ich habe eine Idee, was hier stehen könnte“, sagte er plötzlich.
Carlo seufzte und verdrehte die Augen.
„So schnell? Leonardo, das kann doch wohl kaum sein…“
„Ich meine natürlich nicht, dass ich jetzt schon wüsste, was da im Einzelnen steht – aber im Allgemeinen! Vielleicht steht da etwas über das Geheimnis der Mumifizierung! Darüber, wie man es hinbekommen hat, dass Tote nicht verwesen!“ Er schnippste mit den Fingern. „Stell dir doch nur mal vor, wie wunderbar das wäre, wenn man dieses Wissen erlangen könnte!“
„Ach, Leonardo, wozu soll das denn gut sein?“
„Überlege doch mal! Jemand stirbt an einer Krankheit, über die man nicht so viel weiß! Sagen mal die Pest, von der ja auch noch niemand eine Idee hat, wie man sie heilen könnte. Man mumifiziert den Toten und kann ihn dann Jahrelang aufbewahren – lange genug, bis der Tote nicht mehr ansteckend ist. Und dann könnte man herausfinden, was die Krankheit genau bei ihm angerichtet hat und vielleicht dadurch ein Gegenmittel finden.“
„Ja, du Schlaumeier. Du hast nur eine Sache dabei übersehen“, erwiderte Carlo.
Leonardo überlegte und zuckte dann mit den Schultern.
„Ehrlich gesagt – ich wüsste nicht was. Mein Plan ist so perfekt, dass ich mich frage, wieso vorher noch niemand darauf gekommen ist, es so zu machen und wir uns vor dieser Krankheit immer noch so sehr fürchten müssen, dass schon alle ganz bleich werden, wenn nur irgendwer erwähnt, dass es in einem meilenweit entfernten Ort einen Pestkranken gegeben hat!“
„Dann will ich dir mal sagen was du übersehen hast: Niemand würde sich finden, um den Toten zu mumifizieren, weil man sich dabei anstecken könnte! Es hat schließlich seinen Grund, dass Pesttote verbrannt werden!“
Leonardo runzelte die Stirn.
„Für das Problem gibt es sicherlich auch noch eine Lösung“, war Leonardo zuversichtlich, während Carlo eine wegwerfende Handbewegung machte.
„Ja, ja, genau wie beim Rätsel des Fliegens, dem du ja auch noch immer nicht auf der Spur bist oder bei der automatischen Pferdetränkanlage im Stall deines Großvaters, die nur dazu geführt hat, dass jetzt kein Wasser mehr in der Tränke bleibt, weil sie unten zwei Löcher hat.“
„Auch dafür finde ich noch eine Lösung“, versprach Leonardo.
„Manche Erfindung braucht halt ihre Zeit.“
„Ich würde sagen, als erstes baust du deinem Großvater mal einen neuen Bratenwender, bei dem sich der Braten auch wirklich über dem Feuer dreht und keine schwarzen Stellen bekommt…“
„Im Moment interessiert mich etwas anderes“, sagte Leonardo. Er deutete auf das Papyrus. Sein Finger zeigte auf den Mann mit dem Vogelkopf. „Was denkst du ist das für ein Vogel?“
„Keine Ahnung. Ein Storch, der sich seinen Schnabel verbogen hat oder so was Ähnliches.“
Leonardo holte unter seinem Bett einen Holzkasten hervor, der wohl eigentlich dazu gedacht war, Bettwäsche aufzubewahren. Carlo sah interessiert hinein.
„Das sind ja Knochen!“, stieß er hervor.
„Wir haben doch neulich den toten Storch gefunden, als wir an dem Teich waren…“
Carlo seufzte. Er erinnerte sich natürlich sehr gut daran. Leonardo hatte dauernd versucht, die Wasservögel aufzuscheuchen, um zu sehen, wie sie sich in die Luft erhoben. Er hoffte, daraus Erkenntnisse für
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