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Leonardos Drachen

Leonardos Drachen

Titel: Leonardos Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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am Ende noch. Vielleicht war es ja wirklich besser, wenn es erst einmal nicht überall breitgetreten wurde, dass er es war, der den Stadtherrn gewarnt hatte.
    „Ist doch ganz egal!“, meinte Amerigo. „Entscheidend ist doch nur, was die Banditen gedacht haben! Und wenn die jetzt der Meinung sind, dass dieser Junge sie vielleichtbeschreiben könnte   … Oh je, da will ich gar nicht daran denken. Ich glaube, die würden kurzen Prozess mit ihm machen, wenn sie könnten!“
    Leonardo schluckte. Er wurde blass. An diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht gedacht. Ihm wurde ganz mulmig zumute.
    „Wie heißt du übrigens?“, fragte Amerigo.
    „Leonardo da Vinci.“
    „Und du willst wirklich Künstler werden? Also, für mich wäre so ein grobes Handwerk nichts, bei dem man sich wahrscheinlich dauernd die Hände mit Farbe bekleckert oder sie ganz schwarz von den Bleistiften sind.“
    Leonardo blickte unwillkürlich auf seine eigenen Hände. Die waren ziemlich dunkel. Besonders an den Handkanten. Aber das war bei ihm schon seit vielen Jahren so und hatte ihn nie gestört.
    „Was wirst du denn machen?“, fragte Leonardo.
    „Weite Reisen, das wäre schön! Die Medici-Bank hat Niederlassungen in allen Ländern! Da könnte ich mal hier und mal dort arbeiten. Aber daraus wird wohl nichts.“
    „Wieso nicht?“
    Amerigo beugte sich etwas vor. „Es ist kein Geheimnis, dass die Familie Vespucci und die Familie Medici sich nicht so gut verstehen. Das kommt noch von meinem Großvater und so werde ich wohl in unserem Stoffhandel arbeiten müssen und mich dabei von meinem älteren Bruder bevormunden lassen.“ Er seufzte. „Ich hoffe doch, dass nicht so ein Anfänger wie du meinGesicht malt, sondern der Meister persönlich, oder?“, wechselte Amerigo nun das Thema. „Ich meine, das Bild hängt wahrscheinlich generationenlang in unserem Haus, und wenn das nicht gut aussieht, dann lachen noch meine Urenkel über mich!“
    In diesem Moment schallte ein Ruf durch den Raum. „Leonardo! Machst du schon mal eine Skizze von Amerigo?“, war die durchdringende Stimme von Meister Andrea zu hören.
    „Ja, Meister“, antwortete Leonardo. Schulterzuckend wandte er sich an Amerigo. „Wir alle müssen wohl doch höheren Mächten gehorchen!“, stellte er fest und holte dann Papier und Bleistift.
     
    L eonardo arbeitete bis zum Abend an dem Gesicht von Amerigo Vespucci. Er machte mehrere Skizzen, bis Meister Andrea zufrieden war. Diese Zeichnung wurde dann auf die Leinwand übertragen. Salvatore und Amerigo Vespucci waren natürlich längst gegangen. Aber ihre Anwesenheit war auch gar nicht mehr nötig.
    An der Leinwand gleich neben Leonardo arbeitete Botticelli. Insgesamt hatte Meister Andrea fast ein Dutzend Gesellen und Lehrlinge in seiner Werkstatt, die dafür sorgten, dass er immer wieder seinen Namen unter ein fertiges Gemälde setzen konnte. Die Lehrlinge lernten dabei natürlich nicht vom Meister, sondern auch von den Gesellen und älteren Lehrlingen. Botticelli gab Leonardo immer wieder Hinweise, wie er seine Technik noch verbessern konnte. Nur wenn es um Gesichter ging, hielt sich Botticelli zurück. „In dem Bereich kannich dir wohl kaum was beibringen“, meinte er. „Eher schon umgekehrt!“
    Meister Andrea ging immer wieder von einem zum anderen, kritisierte hier etwas und verbesserte an anderer Stelle ein paar Farbstriche mit eigener Hand. Manche Dinge wurden ausgespart. Besonders wichtige Motive malte der Meister nämlich immer selbst. Dass Leonardo jetzt schon, zu einem so frühen Zeitpunkt seiner Ausbildung, Amerigos Gesicht malen durfte, war eine Ausnahme. „Und ein Zeichen dafür, dass du wirklich Talent haben musst!“, meinte Botticelli. Und dann vertraute Botticelli Leonardo etwas an, was er wohl schon länger mit sich herumtrug. „Ich werde die Werkstatt bald verlassen“, flüsterte er in einem günstigen Augenblick, als Meister Andrea gerade nicht im Raum war.
    „Wieso das denn?“, fragte Leonardo, der gar nicht glücklich darüber war. Schließlich verstand er sich gut mit Botticelli.
    „Na ja, du hast ja selbst schon oft genug mitgekriegt, dass Meister Andrea kein gutes Haar an mir – dem Fässchen – und meiner Arbeit lässt. Deswegen werde ich demnächst zu Meister Lippi wechseln. Aber kein Wort davon an unseren Meister!“
    „Ehrenwort!“
    „Erst verliert er seinen Gesichtermaler an Lippi, dann wechselt auch noch der Trottel seiner Werkstatt zu Meister Lippi. Aber du wirst davon

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