Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
hat.“
„Ja“, antwortete Parleau, „ich sehe schon, wohin uns das geführt hat: zu Abnormitäten und mehr Fragen, als wir anfangs gestellt haben! Darum ordne ich hiermit an, daß ihnen das Mädchen ohne weitere Behinderungen ausgehändigt wird. Aber nicht ohne schärfste Überwachung. Die Ärzte sollen aussagen, daß wir sie in diesem Zustand gefunden und eine dringend gebotene Untersuchung eingeleitet haben.“
„Ist das wirklich klug, Herr Vorsitzender?“ fragte Eykor. „Schließlich könnten sie einiges von ihr erfahren. Und hier haben wir noch mal drei …“
„Nein, nein, nein, lassen Sie sie in Ruhe. Falls sie nicht selbst Anlaß zu etwas anderem geben, und dann gehen Sie ja vorsichtig vor – noch drei Fälle dieser Art können wir nicht gebrauchen. Was immer auch geschieht! Plattsman, können Ihre Leute ihnen folgen?“
„Nicht so leicht, Herr Vorsitzender, aber ich glaube, daß uns schon etwas einfallen wird.“
„Also dann – tun Sie Ihr Bestes. Ich wünsche, daß jeder einzelne Zug aufgezeichnet und analysiert wird. Soviel wie möglich. Klyten, Sie gehen nach unten zu den Aufsichtsleuten und arbeiten mit denen zusammen, dolmetschen Sie. Und außerdem werden wir einige Ersatzleute brauchen, die rasch bei der Hand sind.“
„Gar kein Problem, Herr Vorsitzender. Ich kann jederzeit ein Tak-Kommando aufstellen.“
„Also gut! Machen Sie sich an die Arbeit und halten Sie mich auf dem laufenden.“
Parleau winkte ihnen nörgelig, hastig, sich zu entfernen, so als verscheuche er eine Gruppe von Schuljungen von einer wertvollen Statue oder von einem Baum, auf den sie nicht klettern sollten. Der Rest sammelte seine Aktenmappen wieder ein und ging. Parleau blieb allein in dem jetzt stillen Büro. Er lehnte sich in seinem Sessel weit zurück, seufzte nachdenklich und legte schließlich seine schweren Füße auf den Schreibtisch. Zuerst placierte er seine Hände auf dem Bauch, faltete sie jedoch später hinter dem Kopf zusammen und überlegte. Er versuchte, die Teile zusammenzusetzen, aber zu vieles fehlte, und es gelang ihm nicht. Er dachte darüber nach, daß Eykor es als erster bei dem Mädchen versucht hatte und daß es ihm nicht gelungen war, irgend etwas herauszubekommen; gleiches galt für die Leute von der Aufsicht. Klyten gab zu, die Gründe nicht zu kennen, steuerte aber beträchtliche Daten bei, unter denen viele waren, die ihn noch mehr störten als der ursprüngliche Vorfall, die Zerstörung der Instrumente. Das schien jetzt schon weit zurückzuliegen, ein lächerliches, geringes Problem, das es nicht wert war, von ihm gelöst zu werden. Ja. Da war vieles, da waren ganze Stränge von Zufällen … irgend etwas störte ihn irgendwo im Hinterkopf. Was war es nur? Er versuchte, sich zu entspannen und frei zu assoziieren. Ja, etwas, das mit Familien zu tun hatte. Sie waren sicher stark familienorientiert und erhielten ihre Linie mit Hilfe eines Systems aufrecht, das Parleau höchst künstlich erschien. Familien. Und dann diese aristokratischen Spieler, zwei Familiengruppen seit den frühesten Anfängern, die etwas taten, das keinerlei Funktion hatte.
Ein stiller Alarm ging in seinem Hinterkopf los. Ja, jetzt war er der Sache auf der Spur. Ja, die Spielerfamilien. Und er lehnte sich innerlich zurück, als ihm aufging, was ihnen allen entgangen war. Es paßte alles wunderschön zusammen. Sie hatten die Kontrolle, sie hatten die Führungsmacht, selbst wenn niemand sie beschreiben und lokalisieren konnte. Und sie besaßen ein elektronisches Spiel in einer gegen die Technik gerichteten Kultur, sie konkurrierten miteinander in einer kooperativen, urkommunistischen Gesellschaft. Und eine Familie, nein, zwei, die dafür unterstützt wurden, daß sie etwas taten, was keine Funktion hatte außer der zu unterhalten – und das in einer ökonomischen Umgebung, die sich als streng praktisch ausgerichtet verstand. Das war alles sehr merkwürdig. Aber nicht halb so merkwürdig wie der Gedanke, der von der Seite her, sozusagen tief in den Nischen von Parleaus Geist entstand: daß einer von diesen Spielern den Menschen geopfert wurde und daß der andere ein Spion war, offensichtlich mit dem Spiel zu tun hatte, und daß man es duldete, daß die Webe, die Familiengruppe, erlosch. Und Klyten hatte es nicht einmal bemerkt. Parleau fühlte plötzlichen Stolz: Er hatte etwas bemerkt, das ihr Ler-Experte nicht bemerkt hatte, nicht einmal, als er darüber geredet hatte. „Aus dem Geschlecht gefallen“, hatte
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