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Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Titel: Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.A. Foster
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durcheinandergeraten sind, nicht aus Unachtsamkeit resultieren, sondern aus spezifischen, wenn auch nur halbbewußten Versuchen, den Abstand zwischen den Menschen zu vergrößern, weil die Zivilisation sie enger aneinandergedrückt hat, als sie das von Natur aus verkraften können. Sie bauen in all ihre Geschäfte eine Zeitverzögerung ein, da sie, im individuellen Raum beschränkt, sich in der Zeit ausbreiten müssen.“
    „Sie haben Frustration gegen Befriedigung eingetauscht, darüber kann kein Zweifel bestehen“, sagte Morlenden abschließend, als sie sich nach links über den Platz in Richtung auf das Gebäude 8905 in Bewegung setzten.
    Sie sagte: „Richtig! Diese Frustration aber ist ein Problem für das Bewußtsein: Sie läßt sich rationalisieren, was ihre Wirksamkeit noch verstärkt. Revier- und raumbedingte Aggression aber spielt sich auf einer tieferen Ebene ab, ist den Instinkten näher und daher schwieriger unter Kontrolle zu bringen. Nein, der Tausch von Zeit gegen Raum funktioniert.“
    Er lachte. „Und deshalb bauen wir genau das gleiche auf! Schau uns doch an, dich und mich, Eliya; mit all unseren Aufzeichnungen von Geburten und Sterbefällen und Übertragungen auf Ältestenhütten. Weblinien-Diagramme, Webbücher, Zusammenstellung von Namen. Bereiten wir nicht zur Zeit die Basis vor, damit später bei uns das gleiche kommt? Ich meine, wenn wir die Zukunft in miel Jahren besuchen könnten, würden wir Hunderte von kleinen Perderens, Terderens und Zhanderens sehen, wie sie alle eifrig in ihren kleinen Büros schreiben, genau wie hier, und es wird von ihnen verlangt werden, daß sie uns wegen jedem unbedeutenden kleinen Vorkommnis aufsuchen, während wir uns nicht dazu herablassen, zu ihnen zu gehen.“
    Fellirian gab ihm keine Antwort, und Krisshantem fügte noch äußerst geheimnisvoll hinzu: „Das ist auch eine Methode, die Zeit zu verlangsamen oder anzuhalten. Alle Ereignisse hinterlassen Wellen, und diese Methoden sind kümmerliche Versuche, diese Wellen zum Stehen zu bringen. Das gibt ihnen die Illusion von Permanenz und Bedeutung, all denen, die sich von der allgemeinen Bewegung fortgespült fühlen. Die Ereignisse selbst aber werden nie über ihre Zeit hinaus verlängert; sie werden nicht einmal berührt, denn mit diesen Dingen geht man ihnen aus dem Weg.“
    Diese Bemerkung hinterließ bei Morlenden aus einem unerklärlichen Grund ein unangenehmes Gefühl von düsterer Vorahnung, als gäbe es eine nicht näher bezeichnete Drohung. Krisshantem neigte bisweilen dazu, orakelähnliche Parabeln von sich zu geben, Aussagen, deren wirkliche Bedeutung nicht einmal er selbst auf der bewußten Ebene verstand. Auch Morlenden nicht …
    Sie hatten den Platz nun hinter sich gelassen, waren zum ersten Mal abgebogen und gingen jetzt auf einer engen Straße zwischen zwei Gebäuden, die kleiner als die anderen wirkten. Die schmutzigen Pastellfarben oder unverputzte Fronten, die tiefhängenden Wolken, die Andeutung von Winternebel, die allgegenwärtigen Gerüche, Dünste, Farben und Dämpfe vereinigten sich zu einer fremden Struktur, die ihrem Unternehmen eine heimliche, der Erkenntnis sich gerade noch entziehende Melancholie verlieh. Tatsächlich lag in ihrem Unternehmen jedoch Gefahr verborgen, wie sie alle wußten, eine große Gefahr. Aber so nahe diese auch sein mochte, schien sie zugleich dennoch weit entfernt zu sein, winzig, anonym, wie zufälliges oder blindes Schicksal, wenn da überhaupt etwas war. Alles, was übrigblieb, war nicht Erregung, sondern eine merkwürdige Traurigkeit, ein eigenartiges Gefühl, das ihnen in ihrer Erinnerung fremd war, obwohl sie alle im Verlauf ihres Lebens schmerzhafte Umstände kennengelernt hatten. Es jagte sie in Lässigkeit und zur gleichen Zeit in blinde, halsbrecherische Aktionen um ihrer selbst willen. Und die vorbeigehenden Menschen schienen dieses Gefühl zu teilen.
    Sie begannen, sich untereinander zu unterhalten, um die Spannung zu lockern, die sich zwischen ihnen aufbaute. Das zugrunde liegende Grau, die grundsätzliche Farbe hinter diesem verhangenen grauen Tag, veränderte und verschob sich, zog sich plötzlich zusammen, lichtete sich dann wieder, nur um sich erneut zusammenzuziehen. Einmal war es gelblich, dann blau und violett, und dann präsentierte es sich wieder mit einem Ton von Rosa. Die Wolkendecke war dünn, und die Wolken zogen über das Stück Himmel, das zwischen den Häusern sichtbar war, bewegten sich über den gesichtslosen und namenlosen

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