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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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Hausmagd.
    Cosette erledigte alle Gänge, säuberte Stuben, Hof und Straße, wusch Geschirre, trug sogar kleine Lasten. Die Thénardiers fühlten sich zu diesen Forderungen um so mehr berechtigt, als die Mutter, die sich noch immer in Montreuil sur Mer aufhielt, begann, unpünktlich zu zahlen. Sie blieb einige Monate mit ihren Sendungen im Rückstand.
    Wenn sie damals, nach drei Jahren, nach Montfermeil gekommen wäre, hätte sie ihr Kind nicht wiedererkannt. Die niedliche, frische, kleine Cosette war jetzt mager und blaß. Sie hatte etwas Unruhiges in ihrem Wesen, etwas »Tückisches, Falsches«, wie die Thénardiers sagten.
    Die Ungerechtigkeit hatte sie verschlossen, das Elend hatte sie häßlich gemacht. Nur ihre schönen Augen waren ihr verblieben, aber es tat weh, in sie hineinzuschauen, denn sie schienen nur so groß, um all das Unglück zu fassen.
    In der Gegend nannte man sie Lerche. Das Volk, das Bildvergleiche liebt, hatte sie so genannt, weil dieses Geschöpf, kaum größer als ein Vögelchen, allmorgendlich als erste im Hause und im ganzen Dorfe aufstand.
    Nur daß die arme Lerche niemals sang.

Fünftes Buch
Der Abgrund
Ein Fortschritt in der Industrie des schwarzen Glases
    Was war aus dieser Mutter, die nach der Ansicht der Leute von Montfermeil ihr Kind im Stich gelassen hatte, geworden?
    Nachdem sie die kleine Cosette bei den Thénardiers zurückgelassen hatte, war sie weitergewandert und schließlich nach Montreuil sur Mer gekommen.
    Das war, wie der Leser sich erinnert, im Jahre 1818 gewesen.
    Zehn Jahre früher hatte Fantine ihre Heimat verlassen. Montreuil sur Mer hatte sich sehr verändert. Während Fantine immer tiefer ins Elend herabgesunken war, hatte ihre Heimatstadt einen Aufschwung zu Wohlstand und Gedeihen genommen. Vor etwa zwei Jahren hatte sich ein Umschwung in der Industrie vollzogen, der für diesen kleinen Ort ein großes Ereignis wurde. Diese Einzelheit ist wichtig, und wir müssen näher auf sie eingehen.
    Seit undenklichen Zeiten war es das besondere Gewerbe von Montreuil sur Mer, englischen Gagat und deutsches Schwarzglas nachzuahmen. Diese Industrie hatte immer ihr Leben gefristet, aber infolge des hohen Preises der Rohstoffe keinen Aufschwung nehmen können. Als Fantine zurückkehrte, war eben eine unerhörte Umwälzung in den Arbeitsmethoden dieser Industrie vollzogen worden. Gegen Ende des Jahres 1815 war ein Unbekannter in die Stadt gekommen und hatte die Idee gehabt, in der Gagaterzeugung das Harz durch Gummilack zu ersetzen. Diese geringfügige Änderung hatte genügt, eine Revolution hervorzurufen. Denn jetzt war billiger Rohstoff zur Genüge vorhanden, und so konnten zunächst die Löhne gesteigert werden, ein Vorteil, der für den ganzen Ort fühlbar wurde; dann konnte die Ware verbessert werden, was den Konsumenten zunutze kam, und schließlich konnte sie im Preise gesenkt werden, obwohl der Fabrikant den dreifachen Gewinn einstrich.
    In knappen drei Jahren war der Mann, der diese Idee gehabt hatte, reich geworden, und reich auch die ganze Umgebung. Er warfremd im Departement. Über seine Herkunft war nichts bekannt. Die Anfänge seines Aufstiegs lagen im Dunkel.
    Man erzählte sich, er sei mit sehr wenig Geld, höchstens ein paar hundert Franken, in die Stadt gekommen. Aber mit diesem bescheidenen Kapital, das er in den Dienst einer guten Idee stellte, hatte er ein Vermögen gemacht und dem Wohlstand der Stadt gedient. Als er nach Montreuil sur Mer gekommen war, schien er nach Kleidung, Haltung und Sprache ein einfacher Arbeiter zu sein. Es hieß, er habe damals, an jenem Dezemberabend, da er gänzlich unbeachtet seinen Einzug hielt, einen Tornister am Rücken und einen Knotenstock in der Hand gehabt. Eben an jenem Abend war im Gemeindehaus ein Brand ausgebrochen. Dieser Mann hatte sich in das Feuer gestürzt und hatte, ohne die größte Gefahr zu scheuen, zwei Kinder – es waren die des Gendarmeriehauptmannes – gerettet; so war es vielleicht zu erklären, daß in der Aufregung niemand nach seinem Paß gefragt hatte. In der Folge hatte man seinen Namen erfahren. Er hieß Père Madeleine, Vater Madeleine.
Madeleine
    Er war etwa fünfzig Jahre alt, sah aus, als ob er irgendeinem geheimen Gedanken nachginge, und war gütig. Das ist alles, was man von ihm sagen konnte.
    Dank dem Aufschwung der Industrie, den er veranlaßt hatte, war Montreuil sur Mer ein ansehnlicher Handelsplatz geworden. Spanien, das sehr viel schwarzen Jett konsumiert, sandte alljährlich große

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