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Lesereise - Schweden

Lesereise - Schweden

Titel: Lesereise - Schweden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rasso Knoller
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sich mindestens genauso vor uns, wie wir uns vor ihnen.«
    Es ist Ende August, die Bären sind dabei, sich ihren Winterspeck anzufressen, und die schwedischen Jäger polieren ihre Waffen. Die Zeit der Bärenjagd hat begonnen. »Jäger sollten uns jetzt nicht sehen«, warnt deswegen Friebe, »denn wenn wir hier mit der Antenne unterwegs sind, wissen sie, dass ein Bär in der Nähe ist.«
    Ob es sie nicht traurig mache, wenn ein Tier, das sie lange beobachtet hat, erschossen wird, frage ich die Forscherin. »Anfangs war das schon so«, erwidert sie. Doch inzwischen sei sie Profi genug, um das emotionslos zu sehen. »Aber ganz kann man sich von Gefühlen doch nicht frei machen.« Grundsätzlich ist sie aber Befürworterin der Bärenjagd. »Hier leben so viele Tiere. Würden sie nicht gejagt, hätten wir schnell eine Überpopulation.« Die Folge wäre, dass die Bären untereinander aggressiver würden. Zwischen hundert und hundertfünfzig Tiere dürfen pro Jagdsaison zur Strecke gebracht werden, ohne dass dadurch der Gesamtbestand sinkt.
    Ich denke an Bruno, den Problembären, der 2006 Deutschland ein ganzes Sommerloch hindurch in Atem hielt und die Schlagzeilen bestimmte. Fast jedes Kind kannte damals seine genaue Wanderroute durch Bayern. Als er schließlich erschossen wurde, weil er seinen Hunger an Hausschafen gestillt hatte, ging ein Aufschrei durchs Land. Problembären wie Bruno gibt es auch in Schweden. Wenn so einer auftaucht, dann wird er schnell und ohne öffentliche Diskussion getötet. Denn in Schweden gibt es nicht nur einen Bären, sondern mehr als zweitausend davon.
    Einen Bären habe ich an diesem Tag nicht gesehen. Das war auch nicht zu erwarten gewesen. Die schwedischen Braunbären gehen dem Menschen aus dem Weg. Bei Touristen gelingt ihnen das immer, bei Jägern nicht. Achtzig Prozent aller schwedischen Bären sterben irgendwann an einer Kugel Blei im Leib. Einen Bären, der an Altersschwäche starb, gab es bisher in Schweden noch nicht. Nuppis Schicksal scheint vorbestimmt.

Kochen für Gold
Im Trainingslager der Kochnationalmannschaft
    Wenn Carina Brydling eine Nachspeise zubereitet, kann das zwei bis drei Tage dauern. Doch das Warten lohnt sich: Ihre Pannacotta mit Walderdbeeren ist die beste oder zumindest schönste der Welt. Carina Brydling gehört zur schwedischen Kochnationalmannschaft, dem kocklandslag .
    Die befindet sich gerade im Trainingslager. Große Wettkämpfe stehen an. Zuerst der Weltcup in Luxemburg und danach die Olympischen Spiele – das große Ziel jedes Kochs. Schweden ist bei allen internationalen Kochwettbewerben seit 1999 ungeschlagen und olympischer Titelverteidiger. Vermeintliche Großmächte der Kulinarik wie Frankreich, Italien oder Österreich werden in Grund und Boden gekocht. Auch die Deutschen, die die Kocholympiade erfunden haben, sind inzwischen chancenlos.
    Für den Erfolg schnipselt, schneidet und schabt das schwedische Team diszipliniert. In der Vorbereitungsphase trifft sich die vierzehnköpfige Mannschaft einmal im Monat zu vier Kochtagen. Steht ein Wettkampf vor der Tür, geht es noch öfter an die Töpfe. Das »Trainingszentrum« des kocklandslag befindet sich im Keller des »Gripsholms Värdshus & Hotell« in der Nähe von Stockholm, direkt am Mälarsee. Dem Hotel gegenüber liegt Schloss Gripsholm, von dem Tucholsky in seiner gleichnamigen Liebesgeschichte schwärmte. Für solche Schönheiten haben die Köche allerdings kein Auge, denn wenn sie brutzeln, tun sie das konzentriert und steigen aus ihrem Kochkeller nur selten hinauf ans Tageslicht.
    Die Trainingsküche zu bauen war gar nicht einfach. Gripsholms Värdshus ist nämlich das älteste Restaurant im Land, und bis vor wenigen Jahren hatte es keinen Keller. Der wurde unter großem Aufwand unter das Haus hineingebaut. Jetzt befindet sich hier eine Großküche, die jeden Chefkoch neidisch machen würde. Sie bietet allen technischen Schnickschnack und den »Nationalspielern« ausreichend Platz zum Trainieren.
    Die Arbeitsflächen und Herde glänzen in silbrigem Chrom, ebenso die Töpfe. Die Wände sind weiß gekachelt. Weiß sind auch die Schürzen der Köche. Die schwedische Flagge am Revers und die Aufschrift »Swedish Culinary Team« auf der Brust weisen sie als Mitglieder der Nationalmannschaft aus.
    Trainiert wird das Team von Krister Dahl. Dahl ist der Beckenbauer des Kochens. Er ist erst zweiunddreißig, hat aber schon drei Olympiasiege errungen. Auch seine Nationalspieler sind jung – zwischen

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