Letzte Bootsfahrt
was über einen Karl Holzig wissen. Karl Josef Holzig. Nein, ich weiß nicht, wo er wohnt. Momentan hält er sich in Aussee oder Umgebung auf, ob er dort gemeldet ist, kann ich euch nicht sagen.“ „Kann ein bissl dauern!“, antwortete die Stimme aus den Autolautsprechern, bevor die Frau Doktor auflegte. „Ich hätte die Frau Schnabel gleich nach ein paar Details zu dem Herrn fragen sollen, dann wär‘s wahrscheinlich schneller gegangen“, seufzte die Frau Doktor.
Gasperlmaier wurde warm. Die Sonne beschien ihn durch die Windschutzscheibe, und er überlegte, ob er einen Versuch wagen sollte, die Uniformjacke im fahrenden Auto auszuziehen, ohne den Sicherheitsgurt zu lösen. Aus Erfahrung wusste er, dass das Auto der Frau Doktor ein äußerst nervöses, durch nichts aufzuhaltendes Piepen von sich gab, wenn ein Passagier seinen Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte. In seinen Überlegungen wurde er durch ein Dudeln unterbrochen, das die Frau Doktor durch das Drücken eines Knopfes am Lenkrad beendete. „Ist schneller gegangen, als wir gedacht haben“, drang die Stimme von vorhin aus dem Lautsprecher. „Karl Josef Holzig, Mineralölhändler. Besitzer und Geschäftsführer der Hokag, einer Firma mit etwa zehn Beschäftigten, die aber im Handel mit Rohstoffen, vor allem Mineralöl, gewaltige Umsätze macht. Außerdem, so hört man, hat er seine Finger im Nachtclubgeschäft. Durchaus zwielichtige Persönlichkeit. Gemeldet in Wien, wo er sich in Aussee aufhält, haben wir noch nicht herausgefunden. Ich melde mich nochmal.“
„Ölhändler also“, sagte die Frau Doktor mit einem geringschätzigen Unterton. „Wissen Sie, Gasperlmaier, dass solche Firmen mit oft nur fünf, sechs Angestellten zu den umsatzstärksten Unternehmen überhaupt zählen? Die nehmen so viel ein wie ein produzierendes Unternehmen mit vielleicht 600, 700 Beschäftigten. Und das mit einem Büro, ein paar Computern und einigen Angestellten.“ Gasperlmaier nahm seine Mütze ab, warf sie auf den Rücksitz und verwarf den Plan, sich seiner Jacke zu entledigen. „Aber“, so gab er zu bedenken, „braucht man dazu nicht auch Tankwagen, und Tanklagerplätze, und so weiter?“ „Ach was!“, gab die Frau Doktor zurück, „die kriegen ja das Öl nicht einmal zu sehen. Da werden nur Posten auf dem Computer hin und her geschoben, und am Ende des Tages bleibt ein schöner Anteil im Börsl der Händler hängen.“ Gasperlmaier dachte an die in der letzten Zeit sprunghaft gestiegenen Benzinpreise und wünschte sich, dass der Mineralölhändler für den Tod des Herrn Breitwieser verantwortlich wäre, denn der schien ihm noch wesentlich unsympathischer als die weiß gewandeten Erleuchteten im Lichtkreis Avalon, von den Nackten auf der Wiese ganz zu schweigen.
„Wenn sich meine Mitarbeiter nicht bald melden“, sagte die Frau Doktor, „dann müssen wir zunächst zu Ihrer Frau Dunkl.“ Wieso, dachte Gasperlmaier, war das seine Frau Dunkl? Er hatte ja bloß festgestellt, dass außer der Frau Breitwieser noch eine weitere Adresse aus Aussee in den Listen auftauchte. Dass man mit dieser Frau sprechen sollte, das war schon die Entscheidung der Frau Doktor gewesen. „Welche Nummer in der Bahnhofstraße, sagten Sie noch einmal?“ Gasperlmaier erinnerte sich nicht, irgendwas gesagt zu haben, schnappte sich die Listen aus dem Handschuhfach und versuchte, die Frau Dunkl darauf zu finden. Noch bevor er den richtigen Zettel zur Hand hatte, meldete sich wieder das Telefon. „Wir haben ihn. Jemand aus seinem Büro hat uns das Hotel verraten, in dem er sich normalerweise aufhält, wenn er in Aussee ist. Hotel Gassner, ein Wellnesstempel etwas außerhalb, fünf Sterne. Dem Herrn scheint es gut zu gehen. Und die Mitarbeiterin in seinem Büro scheint eine ziemliche Plaudertasche zu sein. Sie hat uns nämlich verraten, dass der Herr Holzig im Ausseerland seit Längerem ein Haus zu kaufen oder zu bauen beabsichtigt. Anscheinend ist ihm das Hotel nicht komfortabel genug.“ „Gibt es irgendetwas Neues vom Handy des Mordopfers? Habt ihr das schon fertig?“ „Ja, ja“, meldete sich wieder die Stimme, mit ein wenig Papierrascheln im Hintergrund. „Er hat in den letzten Tagen öfters mit diesem Herrn Holzig telefoniert. Teilweise auch längere Gespräche dabei. Sonst haben wir bis jetzt nichts gefunden, was uns interessant vorgekommen wäre.“
„Na, was sagen Sie, Gasperlmaier?“, sagte die Frau Doktor, nachdem sie das Gespräch beendet hatte. „Der Fall
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