Letzte Ehre
Schüssel und Löffel und wischte mit einem feuchten Schwamm die Arbeitsplatte ab. Eine der Freuden des Alleinlebens ist, daß man nur die Sauerei beseitigen muß, die man selbst produziert hat. Ich steckte meine Schlüssel in die Jackentasche, zog die Tür hinter mir zu und ging. In der Zeit seit meinem Lauf war das Viertel aufgewacht. Ich entdeckte Lewis einen halben Häuserblock weiter unten bei seinem Morgenspaziergang. Moza Lowenstein fegte ihre Veranda, und ein Typ mit einem Papagei auf der Schulter führte seinen Hund Gassi.
Es war einer dieser perfekten Novembertage mit kühler Luft, hochstehender Sonne und dem anhaltenden Duft von Holzfeuern aus der Nacht zuvor. Unsere Häuserzeile entlang bilden Palmen und immergrüne Gewächse die Konstanten in einer Landschaft, die sich mit dem Wechsel der Jahreszeiten leicht zu verschieben scheint. Sogar wir hier in Kalifornien erleben eine Form von Herbst, eine zeitweilige Vermischung der Farben des Ginkgo, des Amberbaums, der Roteiche und der Weißbirke. Hin und wieder akzentuiert ein Ahorn die Ausläufer der Hügel mit einem flammend roten Ausrufezeichen, doch die leuchtendsten Farben kommen vom Lodern der Waldbrände, die alljährlich toben. Dieses Jahr hatten die Brandstifter über den Bundesstaat verteilt bereits viermal zugeschlagen und Tausende Morgen Land aschgrau zurückgelassen, so unheimlich und öde wie der Mond.
Als ich bei Bucky ankam, ging ich ums Haupthaus herum und lief die Einfahrt hinauf. Die stümperhaft zementierte Parkfläche war mit zahlreichen Pappkartons zugestellt, und ich schloß daraus, daß man mit Johnnys persönlicher Habe vorangekommen war. Ich ging die hölzerne Treppe zu der Wohnung im ersten Stock hinauf. Die Tür stand offen, und ich konnte leises Stimmengewirr vernehmen. Ich trat über die Schwelle und blieb am Eingang stehen. Ohne den Irrgarten aus sperrigen Kisten sah der Raum kleiner und schäbiger aus. Die Möbel waren noch da, doch die Räume wirkten in nicht nachvollziehbarer Weise geschrumpft.
Bucky und Chester standen neben dem Wandschrank, aus dem die restlichen Kleider ausgeräumt worden waren. Beide Männer trugen Versionen des gleichen kurzärmeligen Nylon-Hawaiihemds: Bucky in Neongrün und Chester in Leuchtendblau. Daneben stand Babe, faltete die Kleidungsstücke zusammen und legte sie in einen alten Überseekoffer. Zu ihrer Rechten stapelten sich die Kleiderbügel, als ein Kleidungsstück nach dem anderen entfernt wurde. Sie trug wie üblich ihre Gummilatschen, dazu Shorts und ein ärmelloses Oberteil. Ich mußte die Lässigkeit bewundern, mit der sie ihren aufgeschwemmten Körper einsetzte. Mich hätte es in dieser Aufmachung gefroren, aber sie schien es nicht zu stören.
Chester lächelte, als er mich sah. »He, da sind Sie ja. Wir haben gerade von Ihnen gesprochen. Kommen Sie herüber, und sehen Sie sich das an. Bin gespannt, was Sie davon halten.« Aha, er machte also auf freundlich.
Bucky trat einen Schritt zurück und zeigte mir eine Holzplatte, die er von der Rückwand des Schranks gelöst hatte. Ein kleiner Privatsafe war in die Nische dahinter eingepaßt und offenbar in einen Betonblock eingegossen worden. Die Tür des Safes war ungefähr vierzig Zentimeter breit und fünfunddreißig Zentimeter hoch. Die Holzplatte schien sorgfältig gearbeitet zu sein, eine bündig montierte Trennwand aus Sperrholz mit eingesetzten Scharnieren. Der Magnetverschluß sah aus, als würde er mit Federdruck funktionieren und sprang wahrscheinlich bei Berührung auf.
»Beeindruckend. Wie haben Sie das entdeckt?« fragte ich.
Bucky lächelte einfältig, offenkundig von sich selbst eingenommen. »Wir haben den Schrank leergeräumt, und ich kehrte ihn gerade aus, als ich mit dem Besenstiel gegen die Rückwand stieß. Das Geräusch kam mir merkwürdig vor, also habe ich eine Taschenlampe geholt und angefangen, alles genau zu untersuchen, wissen Sie, indem ich die Wand abgeklopft habe. Es hatte den Anschein, als sei an dieser einen Stelle etwas Eigenartiges, also habe ich dagegengestoßen, und dann ist diese Holzplatte aufgesprungen.«
Ich kauerte mich vor die Öffnung und spähte in den Hohlraum, der in der »entdeckten« Nische zwischen den Balken verborgen war. Die Vorderseite des Safes wirkte imposant, doch das konnte täuschen. Die meisten Heimsafes sind nicht so gebaut, daß sie einem professionellen Einbrecher mit den geeigneten Werkzeugen und genügend Zeit, um sich Zugang zu verschaffen, standhalten könnten. Der Safe
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