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Letzte Ehre

Letzte Ehre

Titel: Letzte Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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vor meinen Augen war eher ein Brandschutzsafe, bei dem das, was aussieht wie eine massive Stahlwand, nur eine dünne metallene Außenhülle ist, die mit Isoliermaterial ausgefüllt ist. Die Funktion eines solchen Safes ist, Schutz vor einem Brand von relativ kurzer Dauer zu gewähren. Die Isolierung in einem alten Safe könnte mit kleinblättrigem Glimmer oder Kieselgur ausgerüstet sein, wovon sich häufig winzige Teilchen auf Werkzeug und Kleidung eines Einbruchsverdächtigen nachweisen und zu dem betreffenden Safehersteller zurückverfolgen lassen.
    Bei näherer Betrachtung erkannte ich, daß der Safe gar nicht wirklich in Beton eingelassen war. Der Beton bildete nur eine Art Gehäuse, in das der Safe geschoben worden war.
    »Wir haben schon einen Schlosser bestellt«, sagte Chester. »Ich konnte das Warten nicht ertragen, deshalb habe ich einen Notdienst angerufen und gebeten, daß sie uns jemanden schicken. Wir könnten sämtliche Antworten direkt hinter dieser Skalenscheibe finden.« Vermutlich sah er vor seinem geistigen Auge Landkarten und chiffrierte Texte, ein kleines Funkgerät, eine Luger und Sendepläne, die mit unsichtbarer Tinte geschrieben waren.
    »Haben Sie nach der Kombination gesucht? Es wäre möglich, daß er sie aufgeschrieben und irgendwo in der Nähe verstaut hat. Die meisten Leute trauen ihrem Gedächtnis nicht, und wenn er an den Safe mußte, hätte er sicher keine Zeit mit Suchen verlieren wollen.«
    »Daran haben wir schon gedacht, aber wir haben an jedem erdenklichen Ort gesucht. Was ist mit Ihnen? Sie haben selbst ziemlich gründlich gesucht. Sind Sie auf irgend etwas gestoßen, das die Kombination hierfür sein könnte?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich bin auf gar keine Zahlen gestoßen, es sei denn, er hat sein Geburtsdatum oder seine Sozialversicherungsnummer benutzt.«
    »Geht denn das?« wollte Bucky wissen. »Eine Kombination auf jede beliebige Ziffernfolge einstellen?«
    Ich zuckte erneut die Achseln. »Soweit ich weiß. Ich bin keine Expertin, aber ich bin immer davon ausgegangen, daß das geht.«
    »Was meinen Sie? Sollen wir dieses Ding da herausholen?« fragte Chester.
    »Kann nicht schaden. Der Schlosser wird es vermutlich sowieso tun müssen, wenn er kommt«, sagte ich.
    Ich erhob mich und trat aus dem Wandschrank, wobei ich Bucky und Chester genügend Platz ließ, um den Safe aus seinem Standort herauszumanövrieren. Sie schnauften und keuchten ganz ordentlich, bevor es ihnen gelang, ihn in der Mitte des Zimmers auf den Boden zu stellen. Nachdem sie den Safe aus seinem Betongehäuse befreit hatten, konnten wir ihn genauer betrachten. Zu dritt inspizierten wir die Außenflächen, als handelte es sich um ein mysteriöses Objekt aus dem Weltall. Der Safe war vielleicht vierzig Zentimeter tief, war in Beige-Grau lackiert und hatte Gummifüße. Er sah nicht alt aus. Die Skala wies die Zahlen von eins bis hundert auf, was bedeutete, daß man annähernd eine Million Kombinationen einstellen konnte. Es war zwecklos, zu versuchen, die richtige zu erraten.
    Babe hatte aufgehört zu packen und besah sich die ganze Prozedur. »Vielleicht ist er offen«, sagte sie zu niemand Bestimmtem.
    Wir wandten uns alle zugleich um und sahen sie an.
    »Na ja, könnte doch sein«, meinte sie.
    »Einen Versuch ist es wert«, sagte ich. Ich streckte den Arm nach unten aus und zog ohne Erfolg an dem Griff. Ich drehte die Skala erst in der einen und dann in der anderen Richtung ein paar Nummern weiter und zog dabei weiterhin am Griff, da ich dachte, die Skalenscheibe könnte ja ganz in der Nähe der letzten Ziffer der Kombination stehengelassen worden sein. Aber nein.
    »Was machen wir jetzt?« fragte Bucky.
    »Ich schätze, wir warten«, sagte ich.
    Nach nicht ganz einer Stunde erschien der Safetechniker mit einem großen, roten Werkzeugkasten. Er stellte sich als Bergan Jones von Santa Teresa Locksmiths vor und schüttelte zuerst Chester, dann Bucky und mir die Hand. Babe hatte wieder angefangen zu packen, doch sie nickte ihm schüchtern zu, als er ihr vorgestellt wurde. Jones wirkte groß und knochig, hatte sandfarbenes Haar, gebeugte Schultern, eine hohe, glänzende Stirn und sandfarbene Augenbrauen und trug eine große Brille mit Horngestell. Ich schätzte ihn auf Mitte fünfzig, aber ich hätte mich sowohl nach oben als auch nach unten um fünf Jahre irren können.
    »Ich hoffe, Sie können uns hier weiterhelfen«, sagte Chester und zeigte auf den Safe, den Jones bereits entdeckt hatte.
    »Kein

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