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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Abtreibung ihres
gemeinsamen Kindes bezahlt hatte, impfte Jack den Geschworenen auch noch die
Idee ein, daß sich die ständige Anwesenheit aller Gäste beim Bankett und beim
Empfang für Dulles den ganzen Abend über auf keinen Fall voraussetzen und
überprüfen ließ. Daß Stameroff das durchgehen ließ, konnte nur ein Zeichen zunehmender
Erschöpfung sein, dachte ich.
    Als Jack an den Verteidigertisch
zurückkehrte, beugte ich mich über die Brüstung und sagte: »Für heute abend ist
alles geregelt. Wir müssen der Wachtruppe von Keyes Development nur noch die
Uhrzeit angeben.«
    »Gut. Stameroff schließt seinen
Beweisvortrag mit der Aussage des Gärtners ab — die ich in der Luft zerreißen
werde, nach dem, was du mir aus dem Polizeireport herausgepflückt hast. Ich
habe dann noch genug Zeit für meine Eröffnungserklärung und meinen Antrag auf
einen Lokaltermin.«
    »Das bekomme ich leider nicht mehr mit,
ich muß nämlich wieder los.« Ich gab ihm Cathy Potters Visitenkarte. »Sorgst du
dafür, daß Wald das Ganze mit ihr arrangiert? Ich melde mich später wieder.«
    Als ich durch den Gang hinauseilte, blieb
mein Blick an Leonard Eyestone hängen. Er starrte mich mit kalten, forschenden
Augen an. Ich nickte, aber er drehte das Gesicht zur Richterbank. Das Tribunal
hatte nun wohl doch aufgehört, ihn zu amüsieren.
    Aus einer Telefonzelle neben den
Aufzügen rief ich Nell Loomis an. Sie brauchte lange, ehe sie abhob. Sie sagte,
sie »komme voran«, aber ich solle lieber nicht vor sechs bei ihr auftauchen.
Dann sei ihr Artischocken-Auftrag raus.
    »Haben Sie die Unterlagen
durchgesehen?«
    »Das habe ich soweit geschafft. Nichts
zu finden, nur Bestellzettel mit der Nummer und den eingetragenen Formaten.«
    »Und meine Abzüge?«
    »Kommen Sie nach sechs, okay?«
    Ich sagte, das würde ich, und bemühte
mich, nicht ärgerlich zu klingen.
    Als nächstes versuchte ich, Louise
Wingfield unter einer der Nummern zu erreichen, die auf ihrer Visitenkarte für
die Stiftung standen, aber ich bekam es nur mit Anrufbeantwortern zu tun. Ihre
Privatnummer stand nicht im Telefonbuch, also verließ ich die City Hall und
fuhr nach Russian Hill.
     
    Louise kam an die Tür ihrer Wohnung.
Sie sah abgespannt aus und roch nach Gin. Sie bat mich mürrisch herein und
sagte: »Danke, daß Sie mir gestern abend die Polizei auf den Hals gehetzt haben.«
    »Ich hatte keine Wahl. Können wir
miteinander reden?«
    Sie zuckte mit den Schultern und bat
mich in ein Wohnzimmer mit guten, abgenutzten Möbeln, die lange keinem
Polsterer mehr unter die Hände gekommen waren. Ohne zu fragen, stellte sie mir
einen Martini hin, zündete sich eine Zigarette an und legte ihre Füße in
Reebok-Turnschuhen auf den Kaffeetisch. Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrem
Cocktailglas.
    »Normalerweise trinke ich weder so viel
noch so früh«, sagte sie abwehrend. »Aber seit gestern abend stürzt alles auf
mich ein, und ich bin furchtbar in Bedrängnis.«
    »Alles?«
    »Meine ganze kaputte und miserable
Vergangenheit. Ich habe gar nicht gewußt, was für eine Heuchlerin ich bin.«
    »Inwiefern?«
    Sie zuckte wieder mit den Schultern und
trank niedergeschlagen von ihrem Drink.
    Ich zog das Foto mit ihr und Roger
Woods aus der Tasche und schob es über den Kaffeetisch. »Erinnern Sie sich,
wann das aufgenommen wurde?«
    Sie nahm es auf und studierte es genau.
»Das muß auf einer der Cocktailpartys am Institut gewesen sein. Cordy war noch
mit Leonard zusammen, wie ich sehe. Dann muß es gewesen sein, als ich mit...«
    Ich wartete. Als sie nicht
weitersprach, sagte ich: »Als Sie mit Vincent Benedict zusammen waren.«
    Sie bestätigte es mit einem Senken
ihres Kinns und legte das Foto auf den Tisch zurück. »Gott, ich mag mich gar
nicht daran erinnern, wie blöd ich damals war.«
    »Wie paßt dieser Mann dort hinein?«
    »Er gehörte einfach zu den Leuten, die
Cordy für mich einlud. Ein Freund von Leonard. Ich erinnere mich nicht an
seinen Namen.«
    »Hat Cordy das oft getan — jemanden für
Sie eingeladen?«
    »Hin und wieder. Langsam erinnere ich
mich wieder an den Abend.« Sie zeigte auf das Foto. »Leonard hatte Cordy
gebeten, eine Begleitung für den Freund zu besorgen, damit er mit auf die Party
konnte, ohne als fünftes Rad am Wagen zu gelten. Ich hatte den Eindruck, er
suchte dort nach Kontakten. Vielleicht suchte er eine Anstellung. Das muß es
gewesen sein, denn er wanderte den ganzen Abend herum, ließ sich Leuten
vorstellen und platzte in ihre

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