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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Tony Molinari zu Dominic. »Und wenn sie dir ein Mal einen Gefallen tun, bist du ihnen verpflichtet.«
    »Ich will euch nicht in meine Probleme mit reinziehen«, sagte Dominic zu beiden. »Ich werde weder die Mafia noch die Camorra um Hilfe bitten.«
    »Der verrückte Cop wird doch nicht Carmella etwas antun, oder?«, fragte Paul Polcari den Koch.
    »Ich weiß es nicht - man muss Carmella aber in jedem Fall im Auge behalten«, antwortete Dominic.
    »Wir werden sie im Auge behalten, keine Bange«, sagte Molinari. »Falls der Cowboy hierher, ins Restaurant, kommt - also, wir haben Messer, Hackebeile...«
    »Weinflaschen«, schlug Paul Polcari vor.
    »Denkt nicht mal an so was«, sagte Dominic. »Falls Carl meinetwegen hier aufkreuzt, ist er bewaffnet - ohne seinen 45er Colt würde er nirgendwohin gehen.«
    »Ich weiß, was mein Dad sagen würde«, behauptete Paul Polcari. »Er würde sagen: >Eine 4 5 er-Colt isse
gar nix -
nicht wenn man jemals versucht hat, mite eine von diesen Frauen anzubandeln, die als Näherinnen in der Hemdenfabrik arbeiten. Auch wenn sie nackte sind, haben sie Nadeln bei sich!<« (Joe Polcari meinte die Leopold-Morse-Fabrik in dem alten Prince-Macaroni-Gebäude; sein Sohn Paul sagte, Giuse müsse wohl ein derbes Weibsbild gebumst haben, das dort beschäftigt war, oder er hatte es versucht.)
    Die drei Köche lachten. Sie gaben sich Mühe, den Hilfssheriff oben im Coos County zu vergessen. Was blieb ihnen auch anderes übrig?
    Der alte Polcari hatte hundert Sprüche wie den über die Hemdennäherinnen gekannt. »Wisst ihr noch den von der Frau, die in der Nachtschicht in der Bostoner Wurstfabrik gearbeitet hat?«, fragte Dominic Paul und Tony.
    Die beiden Köche grölten. »Na klar, sie hat in der Abteilung für Fleischenthäutung gearbeitet«, sagte Paul Polcari.
    »Sie hatte so ein fieses Messerchen, mit dem man die Haut von den Wiener Würstchen schneiden kann!«, erinnerte sich Molinari.
    »Sie konnte deine Penis schälen, als war er 'ne
Weintraube!«,
riefen die drei Köche beinahe im Chor. Dann betrat Carmella das Restaurant, und sie hörten auf zu lachen.
    »Noch mehr dreckige Witze?«, fragte sie die drei. Sie machten gerade Feuer im Pizzaofen und warteten, dass der Teig aufginge; es war erst früher Vormittag, doch die Marinarasauce köchelte schon. Carmella merkte, wie besorgt die drei plötzlich wirkten, und keiner konnte ihr in die Augen sehen. »Ihr habt über Carl geredet, stimmt's?«, fragte sie. Die drei waren wie Jungs, die man beim Wichsen ertappt hat. »Vielleicht solltest du tun, was Ketchum sagt, Gamba, vielleicht solltest du den Rat deines alten Freundes beherzigen«, sagte sie zu Dominic. Seit Ketchums Warnung waren zwei Monate vergangen, aber der Koch wollte Carmella immer noch nicht sagen, wann er gehen würde.
    Keiner von ihnen konnte jetzt ihren geliebten Gambacorta ansehen, den hinkenden Koch. »Vielleicht solltest du jetzt gehen, falls du wirklich gehst«, sagte Carmella zu Dominic. »Es ist fast Sommer«, verkündete sie plötzlich. »Haben Polizisten Sommerferien?«
    Es war Juni, kurz vor dem letzten Schultag, wie alle wussten. Für Carmella war das eine schwere Zeit im Jahr. Auf einmal konnte sie nirgends im North End mehr hingehen. Überall hielten sich die Schulkinder auf, die keinen Unterricht mehr hatten; sie erinnerten Carmella an ihren Angelù
primu,
ihren ersten Angel.
    Der Sheriff war seit zwei sich zäh dahinschleppenden Monaten mit Sixpack zusammen. Stimmt, es war noch eine relativ neue Beziehung, aber - worauf Ketchum hingewiesen hatte - zwei Monate, in denen er keine Frau vermöbelte, waren für Carl eine lange Zeit. Der Koch konnte sich nicht daran erinnern, dass früher
eine Woche
vergangen wäre, ohne dass der Cowboy Indianer-Jane geschlagen hatte.
     
    Manches hatte Carmella ihrem lieben Gamba über dessen geliebten Daniel nie erzählt. Wie es der Junge geschafft hatte, noch vor seiner Abreise nach Exeter flachgelegt zu werden, beispielsweise. Carmella hatte Danny mit einer ihrer Nichten ertappt, einem der DiMattia-Mädchen, Teresas jüngerer Schwester Josie. Carmella war zur Arbeit im Restaurant aufgebrochen, hatte aber etwas vergessen und musste noch einmal in die Wohnung am Wesley Place zurück. (Heute wusste sie nicht einmal mehr, was sie vergessen hatte.) Es war Dannys freier Tag, an dem er nicht als Hilfskellner arbeiten musste. Dass er ein Vollstipendium für Exeter bekam, wusste er schon - vielleicht feierte er das. Natürlich wusste

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