Letzte Rache: Thriller (German Edition)
verlief.
In geschmacklosen rosafarbenen Großbuchstaben stand dort: ES GIBT WAHRSCHEINLICH KEINEN GOTT. ALSO HÖR AUF, DIR SORGEN ZU MACHEN, UND GENIESS DEIN LEBEN .
Carlyle blinzelte, schaute ein zweites Mal hin und begann zu lachen. Er bestieg den Bus erneut und sagte zu dem Fahrer: »Was stimmt damit nicht?«
»Es verletzt meine religiösen Glaubensvorstellungen.« Clive sah tatsächlich gekränkt aus.
»Und wie sehen die genau aus?«, fragte Carlyle, der es nicht schaffte, den Ton aus seiner Stimme zu verbannen, der so viel sagte wie: Als ob mir das nicht scheißegal wäre …
»Ich bin Mitglied der East London Tabernacle Missionary Baptist Church«, sagte Clive feierlich. »Habe seit fast sechs Jahren keinen Sonntag verpasst.«
»Sehr eindrucksvoll«, sagte Carlyle. Er wusste nicht viel über Religion, und sie interessierte ihn noch weniger. Soweit es ihn betraf, konnten Menschen glauben, was sie wollten, solange sie kein großes Trara darum machten und sich an die Gesetze hielten. »Und jetzt, wo wir das klargestellt haben, ist es Zeit, den Bus wegzufahren.«
»Nein.«
Scheiße, dachte Carlyle, jetzt ist Schluss mit lustig. »Fahr den Bus weg, oder ich nehme dich fest.«
Clive sah ihn an wie ein kleiner Hund, den man getreten hatte, aber er sagte nichts.
»Dann kommst du ins Gefängnis. Das heißt, du wirst lange Zeit nicht mehr in deine … Missionary sonst wie Kirche kommen.«
Zum ersten Mal trat ein Ausdruck des Unbehagens auf Clives Gesicht.
»Im Gefängnis gibt es nur Atheisten, musst du wissen«, fuhr Carlyle fort. »Die ficken dich jede Nacht in den Arsch. Davor wird Gott dich nicht bewahren.«
Clives Unterlippe zitterte, aber er blieb immer noch stumm.
Du bist ja ein toller Psychologe, dachte Carlyle. Er machte einen halben Schritt nach vorn und schlug so fest gegen das Plexiglas, dass ihm die Hand wehtat. »Warte, bis ich dich da rauskriege, du kleiner Scheißkerl. Fahr den Scheißbus weg!«
»Nein«, erwiderte der Fahrer schmallippig.
»Zum Teufel noch mal, Clive!« Kochend vor Wut drehte Carlyle sich um und lief direkt gegen eine Frau, die eine kleine Videokamera in der Hand hielt. Sie machte einen Schritt rückwärts in Richtung der Treppe zum Oberdeck und hob die Kamera wieder vor ihr Gesicht, deren Linse sie auf Carlyle richtete.
»Was zum Teufel machen Sie da?«, grollte Carlyle. Er wünschte, er wäre in der Station geblieben. Das Gefühl, dass eine Art kosmischer Verschwörung im Gange sei, die ihm unbedingt den Tag vermasseln wollte, begann, sich in seinem Kopf durchzusetzen. Mit einer gewissen Mühe widerstand er der Versuchung, die Linse mit seiner Hand zu bedecken. Die Frau machte noch einen Schritt nach hinten auf einen schäbig wirkenden Typ zu, und ihm wurde klar, dass sie die beiden »Touristen« waren, die er vorhin draußen vor dem Bus gesehen hatte.
Die Frau ließ die Kamera sinken und hörte auf zu filmen. »Wir sind die Töchter des Dismas. Wir zeichnen diesen Protest für unsere Website auf.«
»Die Töchter von wem?«
»Die Töchter des Dismas«, wiederholte die Frau langsam. »Das ist der feministische Flügel der Tabernacle Church.«
Carlyle zeigte auf den Mann hinter ihr. »Was macht er dann hier?«
»Stuart ist ein Ehrenmitglied der Töchter des Dismas. Er ist mein Freund.«
»Der Glückliche«, höhnte Carlyle, der die Frau von oben bis unten musterte. Sie war dünn, hatte ein teigiges Gesicht, trug ein rotes T-Shirt und eine grüne Cargohose und hätte in jedem Alter zwischen achtzehn und achtunddreißig sein können. Ihm kam der Gedanke, dass sie so aussah wie eine der schmächtigen Heldinnen in einem dieser erbärmlichen Filme von Mike Leigh, in die Helen ihn manchmal schleppte; langweilige Leute, die vor sich hin lamentierten, und das Ganze wurde als »sozialer Realismus« verkauft.
Die Frau nahm seinen sarkastischen Ton nicht zur Kenntnis. »Dismas war der gute Schächer, ein Freund von Jesus.«
»Gut für ihn«, sagte Carlyle, der nicht die leiseste Ahnung hatte, wovon sie redete. Dismas hätte auch eine Figur aus der Sesamstraße sein können. Oder der neue ungarische Linksverteidiger von Fulham. Er streckte die rechte Hand aus. »Geben Sie mir die Kamera.«
Die Frau hob den Apparat sofort vor ihr Gesicht und begann wieder zu filmen. »Wir haben alles Recht der Welt, hier zu sein. Wollen Sie Clive verhaften?«
Carlyle warf Joe, der an der Tür stand und ein Lachen zu unterdrücken versuchte, einen Blick zu. Anschließend wandte er sich
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