Letzte Rache: Thriller (German Edition)
Dinge vorab«, sagte er ruhig, aber entschieden, wobei er den jungen Mann nicht aus den Augen ließ. »Zunächst einmal habe ich Ihre Freundin nicht überfahren.«
Joyce schaute ihn misstrauisch an, nahm aber wieder Platz.
»Einerseits habe ich keinen Führerschein«, erklärte Carlyle. »Und andererseits habe ich ein völlig ausreichendes Alibi, das die in dem Fall ermittelnden Beamten überprüft haben.« Dass dies stimmte, wusste er, weil seine Frau sich bitter bei ihm darüber beklagt hatte, dass seine »Kollegen« ihren Arbeitstag mächtig durcheinandergebracht hätten. Helen war tatsächlich sehr verärgert gewesen, weil sie der Polizei bei ihren Nachforschungen hatte helfen müssen. Carlyle war unmissverständlich klargemacht worden, dass er bei seiner Rückkehr nach Hause eine ausführliche Erklärung würde abgeben müssen, was zum Teufel da genau los gewesen sei.
»Also«, fuhr er so besänftigend fort, wie es ihm möglich war, »Sie haben von mir nichts zu befürchten.«
Der junge Mann schwieg immer noch. Hinter ihm piepte ein Apparat. Carlyle bedachte das Gerät mit einem fachmännischen Blick. Da er aber die falsche Art Fachmann war, wusste er nicht, ob das Piepen etwas Wichtiges zu bedeuten hatte oder nicht. Falls ja, würde wahrscheinlich ein Spitzenteam medizinischer Fachleute hereingestürmt kommen und irgendwelche Maßnahmen ergreifen. Der Apparat piepte ein letztes Mal und blieb dann still. Die Frau im Bett hatte nicht aufgehört zu atmen, und deshalb nahm Carlyle an, dass alles okay war. Er wandte sich wieder ihrem Freund zu. Da jedoch sein Gedankengang unterbrochen war, hatte er Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern, was er als Zweites hatte sagen wollen. Einen Moment lang hatte er einen Filmriss, dann fügten sich die Teile wieder zusammen. »Und zweitens bin ich hier, um zu helfen, wenn ich kann«, sagte er. »Ich bin bestimmt nicht hier, um Ihnen noch mehr Ärger zu machen.«
»Wie in dem Bus?«, fragte der junge Mann mit weinerlicher Stimme.
Carlyle spürte einen Anflug von Verlegenheit. »Was im Bus passiert ist, ist geschehen und vorbei. Dies hier«, er wies mit dem Kopf auf Sandra Groves, »ist sehr viel ernster.«
Der junge Mann zuckte mit den Achseln. »Ich habe den anderen Polizisten alles erzählt, was ich weiß.«
»Und das ist praktisch nichts.« Carlyle hatte den vorläufigen Bericht gelesen. Groves war auf der Moreland Street in der Nähe der City University von einem gestohlenen Peugeot über den Haufen gefahren worden, der später hinter dem Bahnhof King’s Cross stehen gelassen worden war. Ein Taxi wäre fast mit dem Peugeot zusammengestoßen, aber der Fahrer des Taxis hatte nicht mit angesehen, wie Groves umgefahren worden war, und er konnte auch keine aussagekräftige Beschreibung des Peugeotfahrers beisteuern. Es gab keine weiteren Zeugen. Die einzige verfügbare Aufnahme einer Überwachungskamera zeigte, dass der Wagen beschleunigte, während er auf Groves zufuhr, was als Beweis dafür angesehen werden konnte, dass es sich um keinen Unfall handelte, aber auch darauf war der Fahrer nicht zu erkennen. Der Peugeot war zu einem nahe gelegenen Polizeidepot gebracht worden, wo ihn ein Team von Technikern kurz untersucht hatte. Am Kühlergrill stellten sie Spuren vom Blut der verletzten Frau sicher. Innerhalb des Wagens fanden sich verschiedene Sätze von Fingerabdrücken – die mit keinem in der nationalen Datenbank übereinstimmten.
Dieser junge Mann, der offenbar zur Zeit des Vorfalls allein zu Hause war, hatte kein Alibi, aber für Carlyle schied er als Verdächtiger aus – er schien ein zu großer Schlappschwanz zu sein. Und außerdem war bei einem Mord im Familienkreis selten ein gestohlener Wagen im Spiel; es war so viel einfacher, dem anstößigen Partner einfach die Bratpfanne über den Schädel zu ziehen.
»Ich stelle mir nur die Frage«, fuhr Carlyle fort, »warum ihr das irgendjemand antun wollte.«
»Was kümmert Sie das denn?«
»Ich hab nicht gesagt, dass es mich kümmert.« Carlyle lächelte fies, um den Jungen ein wenig unter Druck zu setzen. Wenn der kleine Weltverbesserer an das faschistische Bullen-Klischee glauben wollte, sollte das Carlyle recht sein. »Es ist nur so … nun ja, es ist nur so, dass der Fall zu meiner Kenntnis gelangt ist.« Als er auf dem Weg zum Krankenhaus darüber nachgedacht hatte,war das die beste Erklärung gewesen, die ihm eingefallen war.
»Was ist mit den anderen Polizisten?«, wollte Joyce wissen.
»Das hier ist
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