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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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was uns noch länger auf einer Straße festgehalten hatte, die wahrscheinlich von Briganten patrouilliert wurde, und wir waren alle völlig durchgeschüttelt von dem steinigen Boden. Nach der Ankunft bauten wir sofort die Zelte auf und zogen uns zurück, ohne Pläne zu machen.
    Vor unserem Zelt entfachte Musa beharrlich ein Feuer. Das tat er immer, egal, wie müde wir waren, und er holte stets auch Wasser, bevor er sich ausruhte. Ich zwang mich dazu, mitzumachen, fütterte den Ochsen, und das blöde Vieh trat mir zum Dank dafür auf den Fuß. Helena hatte etwas zu essen für uns aufgetrieben, obwohl keiner hungrig war.
    Es war zu heiß, und wir waren alle zu schlecht gelaunt zum Schlafen. Statt dessen saßen wir im Schneidersitz vor dem Zelt und unterhielten uns ruhelos.
    »Ich mache mir Sorgen«, meinte Helena. »Uns bleiben kaum noch Städte, und wir haben nichts erreicht. Was kommt denn jetzt noch? Nur Capitolias, Kanatha und Damaskus.« Sie war wieder in einer ihrer kurz angebundenen Stimmungen, beantwortete ihre eigenen Fragen, als erwartete sie, daß Musa und ich nur lethargisch in die Gegend starren würden. Das taten wir dann auch, nicht um sie zu ärgern, sondern weil es natürlich schien.
    »Damaskus ist groß«, meinte ich schließlich. »Dort haben wir wahrscheinlich gute Aussichten, Sophrona zu finden.«
    »Aber was ist, wenn sie in Dion war?«
    »Dann hat sie sich vermutlich die Pest geholt und Thalia würde sie nicht zurückhaben wollen.«
    »Aber wir suchen trotzdem weiter, Marcus.« Helena konnte verschwendete Anstrengungen nicht leiden. Ich war Detektiv – ich war daran gewöhnt.
    »Irgendwas müssen wir ja tun, Süße. Wir sitzen hier am Ende des Imperiums und müssen unseren Lebensunterhalt verdienen. Hör zu, wir ziehen mit der Truppe in die letzten drei Städte, und wenn Sophrona dort nicht ist, wissen wir, daß wir es in Dion hätten versuchen sollen. Dann können wir uns immer noch überlegen, was wir von der Pest halten.«
    Es war einer jener Momente, die Reisende manchmal überkommen, ein Moment, in dem wir uns sicher dafür entschieden hätten, ein schnelles Schiff nach Hause zu nehmen. Ich sprach es nicht an, denn wir waren beide so frustriert und trübselig, daß wir allein bei der Erwähnung sofort unsere Bündel gepackt hätten. Diese Stimmungen vergehen. Wenn nicht, kann man immer noch vorschlagen, nach Hause zu fahren.
    »Vielleicht ist ja in Dion gar nichts passiert«, nörgelte Helena. »Wir wissen nur, was wir von der Karawane erfahren haben. Die Männer können ja auch gelogen haben. Oder es ist ein einziges Kind, das Flecken hat. Die Leute geraten viel zu schnell in Panik.«
    Ich versuchte selbst, nicht panisch zu klingen. »Unser Leben zu riskieren, wäre absoluter Leichtsinn – und ich habe nicht vor, eine ausgebüchste Musikerin aus Dion zu holen, wenn ihre Rückkehr nach Rom dort eine Epidemie auslösen könnte. Das ist ein zu hoher Preis für eine wanderlustige Wasserorgelspielerin, wie brillant ihr Spiel auch sein mag.«
    »Na gut.« Nach einer Weile fügte Helena hinzu: »Ich kann’s nicht leiden, wenn du so vernünftig bist.«
    »Die von der Karawane haben ziemlich grimmig geguckt, als sie uns zur Umkehr rieten«, beharrte ich.
    »Ich hab doch schon gesagt: es ist gut.«
    Musa lächelte leise. Wie gewöhnlich sagte er kein Wort. Es war einer jener Tage, wo mich sein Schweigen so irritierte, daß ich hätte ausfallend werden können; ich ging lieber gleich zum Angriff über. »Machen wir Bestandsaufnahme.« Wenn ich gedacht hatte, meine Gefährten so aufzumuntern, hatte ich mich getäuscht. Beide blieben lustlos und bedrückt. Trotzdem drängte ich weiter. »Nach Sophrona Ausschau zu halten, ist vielleicht sinnlos, stimmt. Das Mädchen kann inzwischen überall sein. Wir wissen noch nicht mal genau, ob sie Italien überhaupt verlassen hat.« Das klang allzu pessimistisch. »Uns bleibt nichts anderes übrig, als sorgfältig vorzugehen. Manchmal sind diese Aufgaben einfach unlösbar. Oder man hat Glück und löst den Fall trotzdem.«
    Helena und Musa schauten etwa so beeindruckt wie ein Wüstengeier, der auf einen interessant aussehenden Kadaver hinunterschießt, und dann merkt, daß es ein flatternder Tunikafetzen über einer zerbrochenen Amphore ist. Ich versuchte, munter zu bleiben. Doch die Sache mit der Musikerin war hoffnungslos. Wir suchten schon so lange nach ihr, daß sie nicht mehr wirklich schien. Unser Interesse an dem Wesen war geschwunden, und ebenso jede

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