Letzter Akt in Palmyra
Chance, sie hier draußen jemals zu finden.
Plötzlich rappelte sich Helena auf. »Und was ist mit dem Mörder?«
Wieder versuchte ich, uns mit einer Zusammenfassung der Fakten aufzumuntern. »Tja, was wissen wir über ihn? Er ist ein Mann, er kann pfeifen, muß ziemlich stark sein, trägt manchmal einen Hut …«
»Er hat gute Nerven«, fügte Musa hinzu. »Seit Wochen ist er mit uns zusammen. Er weiß, daß wir nach ihm suchen, hat aber keine Fehler gemacht.«
»Ja, er ist sehr selbstsicher – obwohl er manchmal nervös wird. Er hat Panik gekriegt und versucht, Sie aus dem Verkehr zu ziehen, Musa. Und bald darauf hat er Ione zum Schweigen gebracht.«
»Er ist skrupellos«, sagte Helena. »Und außerdem ein Überredungskünstler: Er hat Heliodorus und Ione dazu gebracht, mit ihm irgendwo hinzugehen. Ione hatte ihn sogar in Verdacht, ein Mörder zu sein; auf Heliodorus trifft das wohl nicht zu.«
»Nochmal zurück zu Petra«, schlug ich vor. »Der harte Kern der Truppe war dort und kam ohne den Stückeschreiber zurück. Was haben wir über sie herausgefunden? Wer von ihnen haßte Heliodorus genug, um ihm zu seinem unfreiwilligen Bad zu verhelfen?«
»Die meisten.« Helena zählte sie an den Fingern auf: »Chremes und Phrygia, weil er sie mit ihrer unglücklichen Ehe und Phrygias zurückgelassenem Baby malträtierte. Philocrates, weil sich beide vergeblich um Byrria bemühten. Byrria, weil er versucht hatte, sie zu vergewaltigen. Davos zum Teil aus Loyalität zu Phrygia, aber auch, weil er den Mann für …« Sie zögerte.
»Für einen Drecksack hielt«, ergänzte ich.
»Schlimmer: für einen schlechten Autor.« Alle grinsten wir kurz, dann fuhr Helena fort: »Congrio konnte Heliodorus nicht ausstehen, weil er ihn schikanierte, aber Congrio ist aus dem Schneider: er kann nicht pfeifen.«
»Das sollten wir lieber überprüfen«, sagte ich.
»Ich habe Chremes gefragt«, schnappte sie zurück. »Und was die Zwillinge betrifft: Sie haben uns gesagt, daß sie Heliodorus nicht mochten. Aber haben sie einen Grund angegeben? Ein Motiv, das stark genug für einen Mord wäre?«
Ich stimmte ihr zu. »Falls es eins gab, dann haben wir es noch nicht entdeckt. Sie sagten, Heliodorus hätte sie auf der Bühne nicht kleinkriegen können. Wenn er ihnen schlechte Rollen schrieb, improvisierten sie einfach. Und wir wissen, daß sie das können.«
»Also konnte er nichts gegen sie ausrichten«, sinnierte Helena. »Aber sie behaupten trotzdem, sie hätten ihn nicht ausstehen können.«
»Genau. Und wenn wir jetzt ein bißchen weitergehen in der Zeit, dann hat zumindest einer von ihnen – Tranio – kein befriedigendes Alibi für die Nacht, in der Ione starb. Von allen anderen wissen wir, wo sie waren. Der arme Congrio wieselte in Gerasa herum und malte fehlerhafte Ankündigungen für die Vorstellung an die Häuserwände. Grumio spielte den ganzen Abend den Witzbold auf der Straße. Chremes, Davos und Philocrates aßen zusammen …«
»Bis zu dem Zeitpunkt, als Philocrates angeblich losging, um seine Käsemaid flachzulegen«, höhnte Helena. Sie schien eine Antipathie für ihren Bewunderer entwickelt zu haben.
Ich grinste. »Er hat mir den Käse gezeigt.«
Auch Musa kicherte. »Ich glaube, der Schöne ist viel zu beschäftigt, um Leute umzubringen.«
»Mit Käseessen.« Ich lachte dreckig.
Helena blieb ernst. »Er hätte den Käse jederzeit kaufen können …«
»Nur, wenn der Laden eine niedrige Theke hatte.«
»Ach, halt die Klappe, Marcus.«
»Du hast ja recht.« Ich riß mich zusammen. »Alle außer Tranio haben ein Alibi. Tranio versucht, sich aus der Affäre zu ziehen mit der Behauptung, er wäre bei Afrania gewesen, aber ich glaube ihm nicht.«
»Verdächtigen wir Tranio also ernsthaft?« fragte Helena, auf eine Entscheidung drängend.
Mir war nicht wohl bei der Sache. »Es gibt einfach zu wenig Beweise. Musa, könnte Tranio Ihr Pfeifer sein?«
»Ja, schon.« Aber auch er war sich unsicher. »Doch an dem Abend, als ich in Bostra vom Damm gestoßen wurde …« Ich vergaß den Vorfall manchmal, Musa nie. Wieder dachte er darüber nach, bedachtsam wie immer. »Ich bin sicher, daß Tranio an jenem Abend vor mir herging. Congrio, Grumio und Davos – die waren alle hinter mir. Jeder von ihnen kommt in Frage, aber Tranio nicht.«
»Sind Sie ganz sicher?«
»Oh ja.«
»Als ich Sie damals gefragt habe …«
»Seitdem habe ich viel darüber nachgedacht. Tranio war vor mir.«
Ich ließ mir die Sache durch den
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