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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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glauben. Das war die einzige Möglichkeit, ihn von weiteren Quälereien abzuhalten.«
    Meine Gedanken rasten. »Das ist interessant, Ribes, aber ich glaube kaum, daß es etwas mit Heliodorus’ Tod zu tun hat. Ione war sich sehr sicher, daß er aus ›ausschließlich beruflichen‹ Gründen umgebracht wurde. Wissen Sie darüber etwas?«
    Ribes schüttelte den Kopf. Den Rest des Weges erzählte er mir von einem Klagelied, das er zum Gedenken an Ione komponiert hatte, und ich tat mein Bestes, ihn daran zu hindern, es mir vorzusingen.
     
    Entgegen unserer Erwartungen hieß Hippos Schauspieltruppen herzlich willkommen. Es gelang uns ohne weiteres, das Auditorium zu buchen; wir konnten allerdings keinen örtlichen Sponsor auftreiben und waren daher auf den Kartenverkauf angewiesen; aber es wurden tatsächlich Karten verkauft. Schwer zu sagen, wer sie kaufte; daher sahen wir der ersten Aufführung mit einiger Beklommenheit entgegen. Jeder gute Römer kennt Geschichten von Krawallen in Provinztheatern. Früher oder später würden auch wir Teil dieser unangenehmen Geschichten werden. Hippos schien genau der Ort dafür zu sein.
    Unsere Vorstellung schien jedoch eine beruhigende Wirkung zu haben. Wir spielten Die Piratenbrüder . Die Einwohner von Hippos waren offenbar gut informierte Kritiker. Schurken wurden mit Begeisterung ausgebuht (zweifellos in der Annahme, daß sie nur aus Tiberias stammen konnten), und bei Liebesszenen wurde enthusiastisch geklatscht.
    Wir spielten noch zwei Stücke. Der Strick wurde eher ruhig aufgenommen, bis auf die Szene mit dem Tauziehen, die ganz nach ihrem Geschmack war. Das brachte uns am nächsten Tag für Die Vögel noch mehr Zuschauer. Nach langen blödsinnigen Debatten von der Art, die Chremes liebte und wir nicht ausstehen konnten, hatte er sich entschlossen, das Wagnis einzugehen. Pikante Satiren waren nicht eben die Kost, die man einem Publikum vorsetzte, dessen angestautes Mißtrauen sie stets an ihren Dolchen herumfummeln ließ. Die Kostüme warfen sie jedoch um. Hippos nahm Die Vögel sobegeistert auf, daß wir am Ende vom Publikum schier überrannt wurden. Nach einem Augenblick der Panik, als die Leute auf die Bühne stürmten, erkannten wir, daß sie alle mitspielen wollten. Dann folgte das faszinierende Spektakel düsterer Männer in langen, fließenden Roben, die alle Hemmungen verloren und mit fröhlicher Ausgelassenheit eine halbe Stunde herumhüpften, die Ellbogen wie imaginäre Flügel abgespreizt, als wären sie Hühner, die gegorene Körner gefressen hatten. Wir standen derweil eher steif herum und wußten nicht recht, was wir davon halten sollten.
    Erschöpft reisten wir in der gleichen Nacht ab, bevor Hippos noch Aufregenderes aus unserem Repertoire verlangen konnte.

XLI
    Als wir uns Dion näherten, erfuhren wir, daß dort die Pest wütete. Wir machten Hals über Kopf kehrt.

XLII
    Abila gehörte offiziell nicht zu den legendären zehn Städten der Dekapolis. Doch wie andere Orte behauptete auch dieser, dazuzugehören, um Prestige und jenes Gefühl des Schutzes vor Räubern und Banditen zu gewinnen, das innerhalb der echten Föderation herrschte. Sollten Räuber allerdings die Mitgliedsbescheinigung sehen wollen, flog der Schwindel natürlich auf und sie mußten die Plünderung demütig über sich ergehen lassen.
    Abila besaß alle Merkmale der Dekapolis: eine schöne Lage, einen munter plätschernden Fluß, gute Verteidigungsanlagen, eine griechische Akropolis und eine eher römische Siedlung, einen ausgedehnten Tempelkomplex zur Huldigung von Göttern aller Art und ein Theater. Die örtliche Architektur arbeitete mit Marmor, Basalt und grauem Granit. Abila war auf einem hochgelegenen Plateau erbaut, über das ständig ein unheimlicher Wind pfiff. Die Stadt hatte etwas Abgelegenes und Einsames. Die Menschen betrachteten uns nachdenklich; sie waren nicht direkt feindselig, aber wir fanden die Atmosphäre beunruhigend.
    Durch unseren vereitelten Trip nach Dion, der zu einer unerwartet langen Reise geführt hatte, kamen wir zu einer ungünstigen Tageszeit an. Normalerweise waren wir nachts unterwegs, um die schlimmste Hitze zu vermeiden und die Stadt am Morgen zu erreichen. Dann konnte Chremes möglichst früh herausfinden, ob und wo wir auftreten würden; in der Zeit ruhten wir uns aus und beschwerten uns über ihn.
    Da die Straße miserabel war, erreichten wir Abila erst am frühen Nachmittag. Keiner war glücklich darüber. Bei einem der Wagen war die Achse gebrochen,

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