Letzter Akt in Palmyra
hatte sie schon längst aufgegeben; selbst wenn er es wirklich wußte, hätte er es nicht gesagt.«
»Und wie sind Sie hinter die Sache mit Chremes gekommen?«
»Das war in Petra. Als ich zu ihm reinmarschierte und mein Ultimatum stellte, brach Chremes zusammen und gestand, warum er den Stückeschreiber nicht rausschmeißen konnte.«
»Was passierte dann?«
»Ich hatte die Schnauze voll. Mit Sicherheit wollte ich nicht mehr rumhängen und zuschauen, wie Heliodorus die Truppe erpreßte. Ich sagte, ich würde gehen, sobald wir wieder in Bostra wären. Chremes wußte, daß Phrygia das nicht gefallen würde.«
»Phrygia weiß, wie wichtig Sie für die Truppe sind.«
»Wenn Sie das sagen.«
»Warum haben Sie es Phrygia nicht selbst erzählt?«
»Das war nicht nötig. Sie hätte darauf bestanden, den Grund für meinen Weggang zu erfahren – und sich nicht mit Ausreden abspeisen lassen. Chremes wäre zusammengeklappt und hätte ihr die Wahrheit gesagt. Das wußten wir beide.«
»Langsam kapiere ich Ihren Plan. Sie hatten vor, so lange dazubleiben, bis das geschah.«
»Genau.« Davos schien jetzt erleichtert, über die ganze Sache reden zu können. »Wenn Phrygia die Lage erstmal erfaßt hatte, rechnete ich damit, daß sich alles lösen lassen würde – man hätte Heliodorus irgendwie ausbezahlt und ihm dann gesagt, er solle verschwinden.«
»Schuldete Chremes ihm viel Geld?«
»Es zusammenzukratzen, wäre uns alle hart angekommen, aber es war machbar. Und es hätte sich gelohnt, wenn wir ihn dadurch loswurden.«
»Sie waren überzeugt, daß das Problem lösbar war?« Das war wichtig.
»Oh ja!« Davos schien sich über meine Frage zu wundern. Er war einer, der das Leben immer wieder in den Griff bekam; das Gegenteil von Chremes, der beim kleinsten Ärger zusammenbrach. Davos wußte, wann man in einer Krise besser das Weite sucht (das hatte ich in Gadara begriffen, als unsere Leute im Gefängnis saßen), aber wenn möglich packte er den Stier lieber bei den Hörnern.
»Das ist die Crux, Davos: Glaubte Chremes , daß er gerettet werden konnte?«
Davos überlegte seine Antwort sorgfältig. Er verstand, wonach ich ihn fragte: ob Chremes sich so in der Klemme gefühlt hatte, daß ihm Mord als einziger Ausweg erschienen war. »Er muß gewußt haben, Falco, daß Phrygia auf sein Geständnis mit entsetzlichem Streit reagiert hätte, aber so leben sie schließlich schon seit Jahren. Sie ist nicht mehr zu überraschen. Sie kennt ihren Mann. Um die Truppe zu retten, würde sie – und ich – eine Menge in Bewegung setzen. Eigentlich fragen Sie mich doch, ob er insgeheim optimistisch war? Tief in seinem Innersten muß er das gewesen sein.«
Es war das einzige Mal, daß Davos aktiv versuchte, einen anderen zu entlasten. Jetzt mußte ich nur noch entscheiden, ob er log (vielleicht um seine alte Freundin Phrygia zu schützen) oder ob er die Wahrheit sagte.
XLV
Zu dem Auftritt in Abila kam es nie. Chremes erfuhr, daß wir, selbst wenn die Lokalamateure damit fertig waren, ihre Vettern zu beeindrucken, weiter brav in der Schlange hinter ein paar Akrobaten aus Pamphilia warten mußten.
»Das hat ja keinen Sinn! Wir vertrödeln hier doch nicht eine Woche lang unsere Zeit, nur damit sich dann diese radschlagenden Hampelmänner vordrängen …«
»Die waren schon vor uns da«, wies ihn Phrygia mit verkniffenen Lippen zurecht. »Zufällig sind wir hier mitten in ein städtisches Festival hineingeplatzt, das seit sechs Monaten geplant war. Leider hat niemand die Stadträte informiert, daß man dich zuvor hätte konsultieren müssen! Die lieben Bürger von Abila feiern ihren Beitritt zum Reich von Kommagene …«
»Zum Hades mit Kommagene!«
Mit diesem bitterbösen politischen Kommentar (einer von den meisten geteilten Ansicht, da nur Helena Justina eine Ahnung hatte, wo Kommagene überhaupt war oder ob gutinformierte Männer ihm irgendeine Bedeutung beimessen sollten) führte uns Chremes in Richtung Capitolias.
Capitolias besaß all die üblichen Attribute einer Dekapolis-Stadt. Ich schreibe hier keinen verdammten Reiseführer – die Einzelheiten können Sie sich selbst zusammenklauben.
Die Ergebnisse meiner Suche nach Sophrona können Sie sich ebenfalls vorstellen. Wie in Abila und allen Städten davor war auch hier keine Spur von Thalias musikalischem Wunderkind zu entdecken.
Ich muß zugeben, daß ich allmählich sauer wurde. Ich hatte keine Lust mehr, nach dem Mädchen zu suchen und war es leid, eine Akropolis
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