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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sein mochte, ich hatte den Eindruck gehabt, daß Musa sich ihr vielleicht anvertraute. »Ich verstehe das nicht.«
    »Nein.« Byrrias Stimme war leise, nicht so hart wie sonst, aber doch seltsam stumpf. Sie schien sich mit einem bösen Schicksalsschlag abgefunden zu haben. »Natürlich verstehen Sie das nicht.«
    »Byrria, ich bin müde. Ich habe einen schrecklichen Tag hinter mir, und meine Sorgen um Helena sind noch lange nicht vorbei. Sagen Sie mir, was Musa so bedrückt hat.«
    Inzwischen war mir klar, daß er bedrückt gewesen war. Mir fiel sein verzweifeltes Gesicht ein, als er den Skorpion in rasender Wut zu Tode getrampelt hatte. Und auch später, als er kam, um seine Hilfe anzubieten – Hilfe, die ich kurz angebunden zurückgewiesen hatte. Er hatte in sich gekehrt und niedergeschlagen gewirkt. Ich war kein Idiot. Ich hatte den Ausdruck nicht sehen wollen, aber ihn wiedererkannt.
    »War es, weil er Helena gern hatte? Das wäre nur natürlich, schließlich haben wir so lange als Freunde eng zusammengelebt.«
    »Falsch, Falco.« Byrria klang bitter. »Sie hatte er gern . Er bewunderte und verehrte Sie. Aber seine Gefühle für Helena gingen viel tiefer.«
    Dickköpfig weigerte ich mich, das zu akzeptieren. »Deswegen mußte er doch nicht abhauen. Er war unser Freund.« Aber daß Helena Justina Bewunderer anzog, daran war ich gewöhnt. Helenas Verehrer kamen aus den unterschiedlichsten Schichten. Auch von ganz oben. Als ein ruhiges, tüchtiges Mädchen, das gut zuhören konnte, zog sie sowohl die Verletzlichen als auch die mit Geschmack an; Männer bildeten sich gern ein, sie für sich entdeckt zu haben. Als nächstes mußten sie dann entdecken, daß Helena zu mir gehörte.
    Meine Abwehr machte Byrria ärgerlich. »Für ihn war kein Platz! Wissen Sie nicht mehr, wie Sie heute Helena versorgt haben? Sie haben alles allein gemacht, und Helena wollte nur Sie. Er hätte Ihnen beiden nie erzählt, was er empfand, aber er konnte es nicht ertragen, nichts für sie tun zu dürfen.«
    Ich atmete langsam aus. »Hören Sie auf damit.«
    Schließlich, zu spät, entwirrten sich unsere Mißverständnisse. Ob Helena Bescheid wußte? Dann dachte ich an den Abend, an dem wir Byrria eingeladen hatten. Helena hätte Musa und Byrria nie auf den Arm genommen, wenn ihr die Situation klar gewesen wäre. Die Schauspielerin bestätigte es, als würde sie meine Gedanken lesen: »Er wäre vor Scham gestorben, wenn sie es rausgefunden hätte. Sagen Sie ihr nichts.«
    »Ich werde ihr erklären müssen, wo er ist.«
    »Ach, das schaffen Sie schon! Sie sind doch ein Mann; Ihnen wird bestimmt eine passende Lüge einfallen.«
    Der Zorn, mit dem sie das hervorstieß, war typisch für ihre Verachtung alles Männlichen. Aber ihre Bitterkeit brachte mich noch auf einen anderen Gedanken. »Und was ist mit Ihnen, Byrria?«
    Sie wandte sich ab. Aus meinem Ton mußte sie gehört haben, daß ich es erraten hatte. Sie wußte, daß ich ihr nichts Böses wollte. Und sie mußte mit jemandem reden. Unfähig, noch länger zu schweigen, gestand sie: »Mit mir? Na, was meinen Sie wohl, Falco? Der einzige Mann, den ich nicht haben konnte – natürlich habe ich mich in ihn verliebt.«
    Der Kummer des Mädchens ging mir ans Herz, aber ich hatte, ehrlich gesagt, ganz andere Sorgen.
     
    Ich fand heraus, daß Musa bereits seit Stunden fort war. Trotzdem wäre ich ihm vermutlich nachgeritten. Aber Helena war so krank, daß das völlig ausgeschlossen war.

LIX
    Trotz meiner Anstrengungen, das Gift von ihrer Blutbahn fernzuhalten, hatte Helena bald hohes Fieber. In Palmyra gab es eine kleine römische Garnison, das wußte ich. Und in Damaskus ebenfalls. In jeder der beiden mochte es jemanden mit medizinischen Kenntnissen geben. Selbst wenn nicht, hatten die Soldaten bestimmt die örtlichen Ärzte ausprobiert und konnten uns den ungefährlichsten empfehlen. Als Ex-Soldat und als römischer Bürger würde ich meinen Einfluß geltend machen und um Hilfe bitten. In den meisten Grenzgarnisonen war ein übler Haufen stationiert, aber wenn ich fallen ließ, daß Helenas Vater im Senat saß, sollte das die Karrierebewußten ermutigen. Außerdem konnte es sein, daß unter den hartgesottenen Legionären ein Veteran aus Britannien war, der sich an mich erinnerte.
    Mir war klar, daß wir so schnell wie möglich einen Arzt brauchten. Zunächst schien es keine Rolle zu spielen, welchen Weg wir einschlugen; bald wünschte ich mir, wir wären nach Damaskus zurückgekehrt. Das lag

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