Letzter Akt in Palmyra
gut, dann schmolle ich eben hinter der Bühne und paß auf Jason auf. Wo ist denn die Schlange, mit der du tanzt?« Ich hatte das legendäre Reptil noch nie gesehen.
»Mein Großer? Kommt langsamer hinterher. Zeno mag keine Hast. Jason ist flexibler. Außerdem, als er hörte, daß wir zu euch unterwegs waren, wurde er ganz närrisch vor Freude …«
Wir hatten mein Zelt erreicht, Jupiter sei Dank.
Bei Helenas Anblick sog Thalia scharf die Luft ein. »Ich habe Ihnen ein Geschenk mitgebracht, Herzchen, aber bleiben Sie auf dem Teppich; ein neuer Mann ist es nicht.« Wieder schwenkte sie das Eisentöpfchen. »Klein, aber unglaublich potent …«
»Wie der Novize versprach!« witzelte Helena und richtete sich auf. Sie mußte wieder in der Schriftrolle mit den Kalauern gelesen haben.
Thalia hatte sich bereits auf eines ihrer ansehnlichen Knie niedergelassen und wickelte sanft den Verband von Helenas Arm. »Pfui Spinne! Was für ein schludriger Schlächter hat hier denn mit seinem Hackebeilchen rumgefummelt, Liebchen?«
»Er hat sein Bestes getan«, murmelte Helena loyal.
»Sie zu zerstückeln!«
»Hör auf, Thalia!« protestierte ich. »Kein Grund, mich als verbrecherisches Subjekt hinzustellen, das sein Mädchen mit dem Messer bearbeitet. Was hast du da eigentlich in deinem Zaubertopf?« Ich fühlte mich verpflichtet, etwas Vorsicht zu zeigen, bevor meine Liebste mit einem unbekannten Medikament behandelt wurde.
»Mithridatium.«
»Muß ich das kennen?«
»Muß man Gold und Weihrauch kennen? Verglichen hiermit, sind die so billig wie Kissenfüllungen. Diese Arznei enthält dreiundreißig Ingredienzien, Falco, jede so teuer, daß sie Krösus in den Bankrott treiben würde. Es ist ein Gegenmittel für alles, von Schlangenbissen bis zu gespaltenen Fingernägeln.«
»Klingt gut«, räumte ich ein.
»Sollte es besser auch sein«, grummelte Thalia und schraubte andächtig den Deckel ab, als handele es sich um ein wirksames Aphrodisiakum. »Ich werde deine Süße ordentlich damit einschmieren – und dir dann sagen, was du mir schuldest.«
Ich erklärte, wenn das Mithridatium Helena helfen würde, könnte Thalia es von mir aus fingerdick mit der Maurerkelle auftragen.
»Hören Sie sich das an!« meinte Thalia vertraulich zu ihrer Patientin. »Ist er nicht zum Schreien komisch – und sind Sie nicht völlig hingerissen von seinen Lügen!«
Helena, die immer gleich bessere Laune bekam, wenn sie sich über mich lustig machen konnte, gluckste, als sei sie bereits auf dem Wege der Besserung.
Als wir nach Palmyra weiterzogen, blieb Thalia wie ein imposanter Vorreiter an meiner Seite und galoppierte nur ab und zu in wilden Sprüngen davon, um ihr Rennkamel in Form zu halten. Jason genoß eine gemütlichere Reise in einem Korb auf meinem Karren. Die syrische Hitze hatte sich als beinahe zu viel für ihn erwiesen. Er lag fast bewegungslos da, und wann immer wir ein bißchen Wasser erübrigen konnten, mußte er gebadet werden.
»Mein Python ist nicht die einzige Schlange in eurer Truppe«, murmelte mir Thalia zu. »Ich sehe, daß ihr diesen neunmalklugen Komiker Tranio bei euch habt.«
»Kennst du ihn?«
»Ich bin ihm mal begegnet. Die Unterhaltungsbranche ist eine kleine Welt, wenn man so lange dabei ist wie ich, und noch dazu an seltsamen Orten. Tranio ist früher im Circus Vaticanus aufgetreten. Kann ganz witzig sein, ist aber viel zu sehr von sich überzeugt.«
»Im Tauziehen ist er prima. Kennst du seinen Partner?«
»Den mit dem Pottdeckelhaarschnitt und den verschlagenen Augen?«
»Grumio.«
»Den hab ich noch nie gesehen. Aber das trifft nicht auf alle hier zu.«
»Wieso, wen kennst du denn noch?«
»Wird nicht verraten«, grinste Thalia. »Ist schon ’ne Weile her. Warten wir ab, ob man mich wiedererkennt.«
Mir ging eine faszinierende Möglichkeit auf.
Thalias erregende Andeutungen beschäftigten Helena und mich immer noch, als unsere lange Fahrt endlich ihr Ziel erreichte. Wir waren nachts gefahren, doch inzwischen war die Dämmerung angebrochen. Die Sterne hatten sich längst verzogen, und es wurde schon wieder heiß. Alle waren erschöpft und sehnten sich danach, die Reise zu beenden. Die Straße war kurvenreicher geworden und schlängelte sich durch hügeligeres Gelände. Schließlich erreichte der Karawanenpfad eine hochgelegene Ebene. Wir mußten uns genau in der Mitte zwischen der fruchtbaren Küste des fernen Mittelmeers und den noch abgelegeneren Gegenden am Euphrat befinden.
Niedrige
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