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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Hochzeit stets am Schluß kommt. Moschions Mutter, eine Witwe, verheiratet sich erneut, teils, um Tranio als »Gewitzten Koch« auftreten zu lassen, und teils, um den Panflötenspielerinnen Gelegenheit zu bieten, leicht geschürzt die Bankettgäste zu unterhalten. Zwischen Tranios derben Späßen zu anzüglich geformten Fleischgerichten sollte Moschion sich bei allen über seine Mutter beschweren, und, wenn niemand zuhören wollte, einfach vor sich hin maulen. Dieses Portrait eines unerträglichen Halbwüchsigen war mir, wie ich fand, sehr gut gelungen (es war autobiographisch).
    Moschions Genörgel findet durch die erschreckende Begegnung mit dem Geist seines toten Vaters ein abruptes Ende. Ursprünglich hatte ich geplant, daß die Erscheinung durch eine Falltür im Boden der Bühne hochgeschnellt wurde; im Amphitheater, wo das nicht möglich war, wollten wir diverse Truhen und Altäre aufbauen. Der Geist, von Davos auf eine Weise dargestellt, die einen frösteln machte, sollte sich darin solange verstecken, bis er gebraucht wurde. Das würde funktionieren, solange Davos keinen Krampf bekam.
    »Und wenn doch, dann lassen Sie es sich nicht anmerken, Davos. Geister humpeln nicht!«
    »Lassen Sie mich in Ruhe, Falco. Kommandieren Sie andere herum. Ich bin Profi.«
    Autor und Regisseur zu sein, ist harte Arbeit.
    Der Geist beschuldigt den neuen Ehemann der Witwe, ihren alten (nämlich ihn) ermordet zu haben; Moschion gerät in ratlosen Zorn und weiß nicht, was er machen soll. Natürlich dreht sich der Rest des Stückes um Moschions vergebliche Versuche, den Geist als Zeugen vor Gericht zu bringen. In voller Länge war das Stück ein mitreißendes Gerichtsdrama, doch die Garnison bekam nur eine kurze Farce zu sehen, wo Zeus im letzten Akt auftritt und alles aufklärt.
    »Sind Sie sicher, daß das eine Komödie ist?« erkundigte sich Philocrates hochnäsig.
    »Na klar!« schnappte ich zurück. »Fehlt Ihnen denn jeglicher dramatischer Instinkt, Mann? Sie können doch in einer Tragödie keine Geister mit gespenstischen Anschuldigungen rumhüpfen lassen.«
    »In der Tragödie gibt es überhaupt keine Geister«, bestätigte Chremes. Er spielte sowohl den zweiten Ehemann als auch einen komischen ausländischen Arzt in einer späteren Szene, in der Moschions Mutter wahnsinnig wird. Die Mutter war Phrygia; wir alle waren schon gespannt auf ihren Auftritt als Irre, obwohl Chremes treulos brummelte, daß ihm zumindest mit Sicherheit kein Unterschied zu sonst auffallen würde.
    Byrria spielte das Mädchen. Es mußte eins geben, obwohl ich mir immer noch nicht ganz sicher war, was ich mit ihr anfangen sollte (die ewige Zwangslage der Männer). Zum Glück war sie an Kleinstrollen gewöhnt.
    »Kann ich nicht auch wahnsinnig werden, Falco? Ich würde gern wirres Zeug brabbelnd aus den Kulissen gerannt kommen.«
    »Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Die jungfräuliche Maid muß ohne den kleinsten Makel bis zum Ende durchhalten, damit sie den Helden heiraten kann.«
    »Aber doch nicht diesen Kümmerling!«
    »Sie lernen allmählich, Byrria. Das sind Helden immer.«
    Sie warf mir einen nachdenklichen Blick zu.
    Tranio und Grumio traten in verschiedenen Rollen als dämliche Diener auf, außerdem als besorgte Freunde des Helden. Auf Helenas Drängen hatte ich sogar für Congrio einen Einzeiler eingebaut. Er schien die Sache ausdehnen zu wollen; bereits der typische Schauspieler.
    Ich erfuhr, daß einer der Bühnenarbeiter losgeschickt worden war, um ein Zicklein zu kaufen, das sich Tranio unter den Arm klemmen sollte. Man konnte davon ausgehen, daß es den Schwanz heben und fröhlich Köttel verstreuen würde; das würde dem schlechten Geschmack unseres zu erwartenden Publikums entsprechen. Niemand sagte es mir, aber ich bekam den untrüglichen Eindruck, daß Tranio, falls die Sache schiefging, von Chremes den Auftrag hatte, das niedliche Wesen auf der Bühne abzustechen und zu braten. Wir mußten alles dransetzen, diesem rauhbeinigen Soldatenvolk zu gefallen. Das Zicklein war nicht die einzige Ablenkung. Außerdem gab es obszöne Tänze der Orchestermädchen zu Anfang des Abends, und danach eine komplette Zirkusvorstellung von Thalia und ihrer Truppe.
    »Das müßte hinhauen!« verkündete Chremes großspurig. Was uns anderen davon überzeugte, daß es das ganz und gar nicht tun würde.
    Ich arbeitete bis zur Erschöpfung, um den Schauspielern ihre Rollen nahezubringen. Dann wurde ich weggeschickt, damit sie in Ruhe ihre Tricks,

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