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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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dann auf den Wecker ging und in der Lade mit den Stücken herumwühlte?«
    »Weißt du noch, wie aufgeregt er wirkte? Er sagte, Heliodorus hätte sich was geborgt, etwas, das Tranio nicht wiederfinden konnte. Ich glaube, du lagst darauf, Liebling.«
    »Ja, das ist mir auch schon mal durch den Kopf gegangen.« Sie lächelte. »Da er darauf bestand, daß der verlorene Gegenstand keine Schriftrolle sei, hatte ich das Gefühl, es nicht erwähnen zu müssen.«
    Ich dachte an Grumio und seine lächerliche Geschichte von dem verlorenen Ring mit dem blauen Stein. Jetzt wußte ich, daß ich recht daran getan hatte, ihm nicht zu glauben. Etwas so Kleines in einer Kiste voller Schriftrollen finden zu wollen, war widersinnig. Sie hatten mich beide belogen, aber mir hätte schon längst klar sein sollen, aus was das berühmte Spielpfand, das Tranio Heliodorus überlassen hatte, tatsächlich bestand.
    »Helena, weißt du, um was es hier eigentlich geht?«
    »Vielleicht.« Manchmal irritierte sie mich. Sie ging gern ihren eigenen Weg und weigerte sich, anzuerkennen, daß ich es besser wußte.
    »Hör auf mit dem Quatsch. Ich bin der Mann im Haus. Antworte mir!« Natürlich hatte ich als guter Römer feste Vorstellungen von der Rolle der Frau in der Gesellschaft. Natürlich wußte Helena, wie falsch ich damit lag. Sie brüllte vor Lachen. So viel zur Macht des Patriarchats.
    Sie beruhigte sich schnell wieder. Hier ging es schließlich um eine ernsthafte Angelegenheit. »Ich glaube, ich verstehe jetzt, worum es bei dem Streit ging. Das Ding befand sich die ganze Zeit direkt vor meiner Nase.«
    »Die Schriftrolle«, sagte ich. »Deine Bettlektüre ist Grumios ererbte Witzesammlung. Sein hochgeschätzter Familienbesitz; sein Talisman; sein Schatz.«
    Helena atmete tief durch. »Darum benimmt sich Tranio also manchmal so merkwürdig. Er fühlt sich schuldig, weil er sie an Heliodorus verpfändet hat.«
    »Und deshalb mußte Heliodorus sterben. Er weigerte sich, sie zurückzugeben.«
    »Einer der Clowns hat ihn deswegen umgebracht, Marcus?«
    »Sie müssen sich beide mit dem Stückeschreiber deswegen gestritten haben. Ich glaube, so ist es auch dazu gekommen, daß Grumio dazukam und Byrria retten konnte, als Heliodorus sie vergewaltigen wollte; sie hat die beiden wegen einer Schriftrolle streiten hören. Verschiedene Leute haben mir erzählt, daß Tranio sich den Kerl ebenfalls vorknöpfte. Grumio muß an die Decke gegangen sein, und als Tranio klar wurde, was er da angestellt hatte, war er bestimmt ganz fertig.«
    »Was ist in Petra passiert? Ist einer von beiden mit auf den Berg geklettert, um Heliodorus vielleicht doch noch zu überreden, das Ding herzugeben, und hatte er gleichzeitig vor, ihn umzubringen?«
    »Möglicherweise nicht. Vielleicht sind ihm die Dinge auch nur aus der Hand geglitten. Ich weiß nicht, ob die Sache geplant war, und wenn ja, ob beide Clowns mit drinstecken. In ihrem Quartier in Petra sollen sie sich angeblich bis zur Besinnungslosigkeit betrunken haben, während Heliodorus ermordet wurde. Einer von ihnen aber offensichtlich nicht. Lügt der andere so gut oder wurde er von seinem Zimmergenossen wirklich so betrunken gemacht, daß er umkippte und nicht mitbekam, wie sein Gefährte das Zimmer verließ? Wenn dem so ist, und der eine sich absichtlich beim Trinken zurückhielt, um ein Alibi vorzubereiten …«
    »Dann ist es vorsätzlicher Mord!« rief Helena.
    Wenn Grumio der Schuldige war, Tranio sich aber immer noch verantwortlich fühlte, weil er das Pfand weggegeben hatte, konnte ich mir gut vorstellen, daß Tranio bereit gewesen war, ihn in Petra zu decken. Das mochte auch erklären, weshalb Tranio so ungeschickt versucht hatte, Afrania zu einem falschen Alibi in Gerasa zu bewegen. Aber Grumio hatte eine ganze Menschenmenge, die bezeugen konnte, daß er Ione nicht umgebracht hatte. Hatte Afrania mich die ganze Zeit belogen? War Tranio Iones Mörder? Hatten sich die Ereignisse in Petra andersherum zugetragen? Hatte Tranio Heliodorus ermordet und Grumio ihn gedeckt?
    »Das wird zwar alles allmählich klarer, aber das Motiv scheint mir doch ziemlich weit hergeholt.« Helena schaute aus anderen Gründen besorgt. »Du bist doch selbst ein Kreativer, Marcus.« Das sagte sie vollkommen ohne Ironie. »Würdest du dich über den Verlust ziemlich alten Materials so ärgern, daß du bereit wärst, dafür zu töten ?«
    »Kommt darauf an«, erwiderte ich gedehnt. »Wenn ich ein aufbrausendes Temperament hätte. Wenn das

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