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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Müßiggänger auf dem Forum, der zwei Stunden vor dem Abendessen totschlagen will, hatte aber nicht vor, mich im Ausland über die kaiserlichen Ansichten zu verbreiten. Schon gar nicht, wenn niemand im Palast es für nötig gehalten hatte, mich zu informieren, wie die kaiserliche Außenpolitik überhaupt aussah. (Und erst recht nicht, wenn der Kaiser, der in solchen Kleinigkeiten sehr pedantisch war, früher oder später davon erfahren würde.) Ich versuchte, auszuweichen. »Das kann ich nicht beantworten, mein Herr. Ich bin nur ein unmaßgeblicher Sammler von Informationen.«
    »So unmaßgeblich nun auch wieder nicht, denke ich!« Auf griechisch klang das sehr elegant, doch es war kein Kompliment. Er konnte höhnisch werden, ohne im geringsten die Miene zu verziehen.
    Den Blick immer noch auf den Toten zu unseren Füßen gerichtet, verschränkte der Bruder die Arme. Wasser war aus dem durchnäßten Körper und den Kleidern in die Ritzen des Pflasters gesickert. Jede Faser der Leiche mußte inzwischen erkaltet sein; bald würden die Fliegen kommen und nach Plätzen zur Eiablage suchen. »Was ist Ihr Rang? Haben Sie viele Besitztümer?«
    »Mein Haus ist arm«, antwortete ich. Dann fiel mir ein, daß Helena mir etwas von einem Historiker vorgelesen hatte, der behauptete, die Nabatäer würden vor allem den Erwerb von Besitztümern hochschätzen. Es gelang mir, meine Bemerkung wie höfliche Bescheidenheit klingen zu lassen, indem ich hinzufügte: »Obwohl es Festlichkeiten mit dem Sohn des Kaisers gesehen hat.« Angeblich schätzten die Nabatäer Feste sehr, und die meisten Völker sind beeindruckt, wenn Männer zwanglos mit ihren Herrschern speisen.
    Dieser Satz schien den Bruder nachdenklich zu stimmen. Und das zu Recht. Meine Beziehung zu Titus Caesar hatte ihre rätselhaften Aspekte, und dazu einen, der vollkommen klar war: Wir hatten es beide auf dasselbe Mädchen abgesehen. Da ich die nabatäische Einstellung zu Frauen nicht kannte, äußerte ich mich zu diesem Thema lieber nicht.
    Es beschäftigte mich allerdings genug. Jedesmal, wenn ich auf eine gefährliche Auslandsmission ging, fragte ich mich, ob es Titus nicht am liebsten wäre, wenn ich nie zurückkehren würde. Vielleicht wollte mich Anacrites nicht nur aus egozentrischen Motiven loswerden; womöglich hatte Titus ebenfalls die Hand im Spiel gehabt. Gut möglich, daß der Oberspion in seinem Brief an den Bruder angedeutet hatte, Titus, der Erbe des Reiches, würde es als persönliche Gefälligkeit betrachten, wenn man mich für längere Zeit in Petra festhielte: für immer, zum Beispiel.
    »Mein Besuch hat keinen finsteren Anlaß«, versicherte ich dem Minister Petras und gab mir Mühe, nicht allzu bedrückt auszusehen. »Roms Informationen über Ihre berühmte Stadt sind reichlich dünn und überholt. Wir müssen uns auf wenige sehr alte Schriften verlassen, die angeblich auf Augenzeugenberichten basieren – der wichtigste Bericht stammt von Strabo. Dieser Strabo bezieht sich wiederum auf Athenodorus, den Erzieher des Kaiser Augustus. Sein Wert als Augenzeuge darf angezweifelt werden, weil er blind war. Unser aufgeweckter neuer Kaiser mißtraut solchem Zeug.«
    »Vespasians Neugier ist also mehr wissenschaftlicher Natur?« fragte der Bruder zweifelnd.
    »Er ist ein kultivierter Mann.« Er soll einmal eine derbe Zeile aus einem Schauspiel von Meander zitiert haben, in der es um einen Kerl mit einem enormen Phallus ging. Am Standard vorheriger Kaiser gemessen, macht das Vespasian zu einem höchstgebildeten Kopf.
    Doch es war der barsche alte General Vespasian, der ausländische Politiker beschäftigen mußte. »Das mag sein«, gestand der Bruder mir zu. »Aber ein Stratege ist er außerdem.«
    Ich beschloß, das Schattenboxen sein zu lassen. »Und ein sehr pragmatischer. Er hat innerhalb seiner eigenen Grenzen schon genug um die Ohren. Wenn er davon überzeugt ist, daß die Nabatäer sich nur im Frieden um ihren eigenen Kram kümmern wollen, können Sie sicher sein, daß er, wie schon seine Vorgänger, Petra gegenüber Gesten der Freundschaft machen wird.«
    »Hat man Sie geschickt, um uns das mitzuteilen?« erkundigte sich der Bruder ziemlich hochmütig. Zum ersten Mal sah ich ihn die Lippen zusammenpressen. Die Nabatäer fürchteten sich also tatsächlich vor Rom – was bedeutete, daß es Verhandlungsmöglichkeiten gab.
    Ich senkte die Stimme. »Sollte Rom beschließen, Nabatäa in das Römische Reich aufzunehmen, dann werden die Nabatäer zu uns

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