Letzter Akt in Palmyra
zu halten, während sie auf den Richtigen wartete. Selbst wenn er wußte, daß es ein falscher Eindruck war, würde jeder Mann, dem sie begegnete, einen Versuch wagen.
»Warum dieser Männerhaß, Herzchen?«
»Weil ich ein paar von ihnen kennengelernt habe, darum.«
»Jemand Besonderes?«
»Männer sind nie was Besonderes.«
»Ich meinte, jemand im speziellen?«
»Speziell? Ich dachte, wir reden über Männer!«
Ich weiß, wann ich in einer Sackgasse gelandet bin. Also verschränkte ich die Arme und schwieg.
In jenen Tagen war die Straße nach Gerasa in ziemlich schlimmer Verfassung und verlangte geradezu nach einer ordentlichen Heerstraße bis hinauf nach Damaskus. Die würde mit Sicherheit kommen. Rom hatte während der Auseinandersetzungen um Judäa eine Menge Geld in diese Gegend gepumpt, was unweigerlich dazu führen mußte, daß wir in Friedenszeiten noch mehr reinpumpen würden. Sobald sich die Lage beruhigt hatte, würde die Dekapolis auf einen vernünftigen römischen Standard gebracht werden. In der Zwischenzeit durften wir auf dieser alten nabatäischen Karawanenroute leiden, um deren Zustand sich niemand kümmerte. Es war eine sehr eintönige Landschaft. Später erreichten wir eine weite Ebene und überquerten einen Nebenfluß des Jordan, der durch fruchtbareres Grasland in einen dichten Pinienwald plätscherte. Doch zu diesem frühen Stadium der Reise gehörte ein steiniger Weg zwischen struppig bewachsenen Hügeln hindurch, auf denen hin und wieder niedrige Nomadenzelte standen, die nur selten Anzeichen von Bewohntheit aufwiesen. Das Fahren war nicht einfach; Byrria mußte sich konzentrieren.
Wie ich erwartet hatte, fühlte sich die Dame nach kurzer Zeit bemüßigt, weitere Pfeile auf mich abzuschießen. »Ich habe eine Frage, Falco. Wann werden Sie mit Ihren Verleumdungen über mich aufhören?«
»Du meine Güte, und ich dachte, Sie wollten mich nach der Adresse meines Schneiders oder meinem Rezept für Estragonmarinade fragen! Ich weiß nichts von Verleumdung.«
»Sie erzählen überall herum, daß Heliodorus meinetwegen gestorben sei.«
»Das habe ich nie behauptet.« Es war nur eine Möglichkeit unter mehreren. Bisher schien es die wahrscheinlichste Erklärung für das Ertrinken des Stückeschreibers zu sein, aber solange ich keine Beweise hatte, blieb ich für alles offen.
»Ich hatte nichts damit zu tun, Falco.«
»Ich weiß, daß Sie ihn nicht in die Zisterne geschubst und seinen Kopf unter Wasser gedrückt haben. Das war ein Mann.«
»Warum deuten Sie dann ständig an, ich wäre darin verwickelt gewesen?«
»Mir war nicht bewußt, daß ich das getan habe. Aber Tatsache ist, daß Sie, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht, ein sehr beliebtes Mädchen sind. Alle erzählen mir, daß Heliodorus hinter Ihnen her war, Sie aber nichts von ihm wissen wollten. Vielleicht hat einer Ihrer Freunde ihn aufs Korn genommen. Vielleicht ein heimlicher Verehrer. Es ist durchaus möglich, daß jemand wußte, wie gern Sie den Dreckskerl los wären, und versucht hat, Ihnen so zu helfen.«
»Das ist eine entsetzliche Unterstellung!« Sie runzelte die Stirn. Bei Byrria sah ein Stirnrunzeln gut aus.
In mir wurde der Beschützerinstinkt geweckt. Ich wollte beweisen, daß sie nichts mit dem Mord zu tun hatte. Ich wollte ein anderes Motiv finden. Diese wunderschönen Augen übten einen unwiderstehlichen Zauber auf mich aus. Ich redete mir ein, viel zu sehr Profi zu sein, um mich von einer niedlichen kleinen Schauspielerin mit einem Paar hübscher grüner Guckis überwältigen zu lassen und ermahnte mich dann, kein solcher Narr zu sein. Ich war ihr aufgesessen wie jeder andere auch. Niemand will, daß der Mörder eine Schönheit ist. Wenn ich nicht achtgab, würde ich bald bei jedem Beweis, der auf Byrria als Komplizin hindeutete, überlegen, ob ich ihn nicht in einem alten Heusack unter einem Abwasserrohr vergraben sollte …
»Na gut, dann erzählen Sie mir von Heliodorus.« Meine Stimme knarrte; ich räusperte mich. »Ich weiß, daß er von Ihnen besessen war.«
»Falsch.« Sie sprach sehr leise. »Er war nur davon besessen, das zu kriegen, was er haben wollte.«
»Ah! Zu aufdringlich?«
»Typisch Mann, es so auszudrücken!« Jetzt klang sie bitter, und ihre Stimme hob sich. » ›Zu aufdringlich‹ hört sich so an, als wäre es mein Fehler, daß er unbefriedigt abziehen mußte.«
Sie starrte nach vorn, obwohl wir jetzt leichter vorankamen. Zu unserer Rechten beobachtete uns ein Mädchen über die
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