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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Köpfe ihrer kleinen Herde dünner brauner Ziegen hinweg. In einer anderen Richtung zogen Geier ihre anmutigen Kreise. Wir waren absichtlich früh aufgebrochen; jetzt strahlte die Hitze allmählich mit großer Kraft von dem steinigen Pfad zurück.
    Byrria hatte nicht vor, mir zu helfen. Ich wollte mehr Einzelheiten. »Heliodorus versuchte es, und Sie haben ihn abgewiesen?«
    »Stimmt.«
    »Und dann?«
    »Was glauben Sie wohl?« Ihre Stimme blieb gefährlich ruhig. »Er nahm an, mein ›Nein‹ sei eigentlich ein ›Ja, bitte – mit Gewalt‹.«
    »Er hat Sie vergewaltigt ?«
    Sie zeigte ihren Zorn dadurch, daß sie ihn sehr sorgfältig im Zaum hielt. Während ich diesen neuen Aspekt zu verdauen suchte, blieb sie einen Moment lang still. Dann griff sie mich verächtlich an: »Sie werden mir jetzt wahrscheinlich sagen, daß sowas immer provoziert wird, daß Frauen es nicht anders wollen, daß es keine Vergewaltigung gibt.«
    »Es gibt sie.«
    Inzwischen brüllten wir beide. Ich glaube, der Grund war mir klar. Nur half das nichts.
    »Es gibt sie«, wiederholte ich ruhiger. »Und damit meine ich nicht nur Männer, die sich über Frauen hermachen, seien es nun Fremde oder Bekannte. Ich meine Ehemänner, die ihre Frauen mißbrauchen. Väter, die ›ein besonderes Geheimnis‹ mit ihren Kindern teilen. Herren, die ihre Sklaven schlimmer als Tiere behandeln. Wärter, die ihre Gefangenen foltern. Soldaten, die neue Rekruten drangsalieren …«
    »Ach, hören Sie auf!« Sie ließ sich nicht besänftigen. Ihre grünen Augen funkelten, und sie warf den Kopf zurück, daß die Locken flogen, aber es war nichts Bezauberndes an dieser Geste. Die Tatsache, daß sie mich hinters Licht geführt hatte, zweifellos genießend, rief sie: »Soweit ist es nicht gekommen. Er hatte mich am Boden, hielt meine Handgelenke über dem Kopf fest, hatte die Röcke hochgeschoben, und die Blutergüsse, die er mir beibrachte, als er sein Knie zwischen meine Schenkel zwang, waren einen Monat später noch zu sehen, aber dann kam jemand auf der Suche nach ihm vorbei und rettete mich.«
    »Den Göttern sei Dank.« Das meinte ich ehrlich, obwohl etwas an der Art, in der sie mir die Einzelheiten aufgezwungen hatte, auf subtile Weise beunruhigend war. »Wer war denn der Retter in der Not?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Vielleicht ist es wichtig.« Ich wollte sie zwingen, damit rauszurücken. Mein Instinkt sagte mir, daß ich unbedingt wissen mußte, wer ihr Retter war. Sie wußte etwas, das ich hören wollte, und ich hätte ihr fast ebenso zusetzen können wie Heliodorus.
    »Für mich ist nur wichtig«, brauste Byrria ärgerlich auf, »daß ich dachte , Heliodorus würde mich vergewaltigen. Danach mußte ich mit dem Wissen leben, daß er es, sollte er mich allein erwischen, bestimmt noch einmal versuchen würde – aber Sie brauchen nur zu wissen, daß ich nie wieder in seine Nähe ging. Ich versuchte ständig rauszufinden, wo er war, um ihm dann so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen.«
    »Dann können Sie mir sicher weiterhelfen«, sagte ich und ignorierte den hysterischen Unterton in ihrer Stimme. »Wußten Sie von einem Bergspaziergang am letzten Tag in Petra? Haben Sie gesehen, wer ihn begleitete?«
    »Sie meinen, ob ich weiß, wer der Mörder ist?« Das Mädchen war unheimlich helle – und ließ mich absichtlich wie einen Idioten aussehen. »Nein. Daß der Stückeschreiber fehlte, fiel mir erst auf, als wir uns am Theater trafen, um loszufahren.«
    »Na gut.« Ich wollte mich nicht abwimmeln lassen und ging es von einer anderen Seite an. »Wer war denn da und wann kam jeder Einzelne am Treffpunkt an?«
    »Das hilft Ihnen auch nicht weiter«, versicherte mir Byrria. »Als wir mitbekamen, daß Ihre Freundin einem nabatäischen Beamten von dem Leichenfund erzählte, war uns bereits aufgefallen, daß Heliodorus fehlte, und wir schimpften auf ihn. Wenn man bedenkt, wie lange Sie gebraucht haben, die Leiche zu finden, und wann Helena ins Tal kam« – ich hasse Zeugen, die mir das Denken abnehmen, »muß er bereits tot gewesen sein, bevor wir uns am Theater trafen. Außerdem kam ich als eine der Letzten dort an, zur gleichen Zeit wie Tranio und Grumio, die mal wieder hundsmiserabel aussahen.«
    »Warum kamen Sie so spät?« Ich grinste anzüglich, in der vergeblichen Hoffnung, wieder Oberwasser zu gewinnen. »Mußten Sie sich erst noch zärtlich von einem Liebhaber verabschieden?«
    Vor uns hielten die Wagen an, damit wir während der schlimmsten

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