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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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verstehen werde  … warum hat meine eigene Frau mir das verheimlicht?«
    Er hielt inne. Grace wusste, was er dachte, ohne dass er es aussprach.
    Er dachte das Gleiche wie sie. Falls – falls, um Himmels willen – sie recht hatte, was Terri betraf, falls sie wirklich die Schuld trug, wäre Saul diese schreckliche Sache vielleicht nie widerfahren.
    Falls Grace recht hatte, war es ihre Schuld, dass Sams Bruder nun auf der Intensivstation lag.
    Ihre Schuld.

51.
    »Sicher haben wir mit Officer Suarez gesprochen«, sagte der Detective zu Sam, »gleich nachdem sie im Cove Inn erschienen ist.«
    Der Mann war gerade im fünften Stock aus dem Aufzug gestiegen und hatte nur kurz an der Schwesternstation Halt gemacht, um sich ein Update geben zu lassen, als Sam sich auf ihn gestürzt hatte.
    Detective Joseph Patterson vom Naples Police Department war ein junger Mann mit scharfen blauen Augen, festem Kinn und braunem Haar, das sich vorzeitig aus der Stirn zurückzog. Er untersuchte die schwere Körperverletzung von Saul Becket. Alle anderen verfügbaren Officers, hatte er Sam rasch versichert, waren auf der Straße und taten, was in ihrer Macht stand, um den Täter so rasch wie möglich dingfest zu machen.
    Vom Tatort hieß es jedoch, man habe keinerlei Beweise gefunden, ebenso wenig wie an Saul selbst: keine Spuren unter den Fingernägeln, doch seine Kleidung war noch in der Kriminaltechnik.
    Sie gingen aus dem Gang in einen Warteraum, der im Augenblick leer war.
    »Wir wussten von dem Hotel«, berichtete der Detective, »weil Ihr Bruder eine Reservierungsbescheinigung in der Tasche hatte. Mr und Mrs Saul Becket.«
    Das war so altmodisch und primitiv, dass Sam am liebsten geweint hätte.
    Die Leute im Cove Inn hatten berichtet, dass Saul den ganzen Nachmittag und Abend auf der Suche nach Terri rein- und rausgelaufen sei. Er sei sichtlich aufgeregt gewesen, und jeder, mit dem Patterson dort geredet hatte, hatte sich zutiefst schockiert gezeigt, als er hörte, was geschehen war. Saul war von den Angestellten generell als netter junger Mann beschrieben worden.
    »Gibt es da etwas, das wir wissen sollten?«, fragte Patterson.
    Sam schüttelte den Kopf. »Nichts, was ich Ihnen sagen könnte.«
    »Etwas in Bezug auf die Beziehung zu Officer Suarez vielleicht?«
    »Sie hat mir erzählt, sie hätten einen Streit gehabt.« Sam wählte seine Worte mit Bedacht. »Und dass sie weggegangen und nicht wieder zurückgekommen sei, bis …« Er hielt kurz inne. »Sie wissen ja, wann.«
    »Das haben sie sich auch schon im Hotel gedacht«, sagte Patterson. »Ein Streit zwischen Liebenden.«
    »In der Beziehung gab es in letzter Zeit ein paar Aufs und Abs.« Sam behielt einen sachlichen Tonfall bei.
    Wenn Saul aufwachte – falls –, und wenn er erfuhr, dass Sam auch nur den Hauch eines Verdachts gegen Terri geäußert hatte, würde er ihm das vermutlich nie verzeihen. Ohne einen echten, unanfechtbaren Beweis zu haben, würde Sam das nie riskieren. Nicht, solange er weiter nichts als die nahezu mit Sicherheit irrationalen Zweifel seiner schwangeren Frau und ein Foto hatte.
    Allerdings war das nicht irgendein Foto.
    »Wo war Terri Suarez? Nur so aus Interesse«, fragte er in fast beiläufigem Ton. »Während mein Bruder nach ihr gesucht hat, meine ich.«
    »Hat sie Ihnen das nicht erzählt?«, entgegnete Patterson.
    »Ich habe sie nicht danach gefragt«, sagte Sam. »Im Augenblick ist sie viel zu erschüttert.«
    »Wie Sie alle«, bemerkte Patterson.
    Sam hatte das Gefühl, als löse sich sein Urteilsvermögen allmählich in seine Bestandteile auf. Sein erster Impuls war, den Naples-Detective auf die Straße zu schieben und ihn aufzufordern, seine Arbeit zu tun; doch so wütend er auch auf Grace sein mochte, er wusste, dass er ihren Instinkt nicht einfach so abtun durfte. Das Foto von Maria Rivera beunruhigte ihn wirklich, wie es auch Saul beunruhigt hatte, und Joseph Patterson hatte Terri bereits befragt, sodass Sam ihn hierbehalten musste – jedenfalls bis er seine Antworten bekommen hatte.
    Nicht, dass Patterson irgendwie in der Pflicht stand, ihm etwas über den Fall zu sagen, auch keinem Kollegen wie Sam und auch nicht, nachdem dieser ihm erzählt habe, dass es gewisse Ähnlichkeitzwischen diesem Überfall und dem Mord in Miami Beach und anderen Ostküstenmorden gebe.
    Im Augenblick war Sam vor allem eines: ein Verwandter des Opfers. Das wiederum bedeutete, dass Patterson und seine Kollegen ihm nur widerwillig etwas erzählen würden,

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