Leuchtende Sonne weites Land - Roman
verzeihen.
Oder vielleicht doch?
23
Jacqueline und Vera waren in kürzester Zeit ein eingespieltes Team. Da die Hausarbeit im Nu erledigt war, konnten sie sich dem Gemüsegarten widmen, den sie ebenfalls schnell wieder auf Vordermann brachten. Als sie ihn vom Unkraut befreit, die Beete umgegraben und Samen gesammelt hatten, die sie trocknen und im nächsten Frühjahr aussäen würden, schlug Vera vor, den Vorgarten in Angriff zu nehmen.
Sie musste sich ständig beschäftigen, weil sie sofort an Ben dachte, sobald sie auch nur ein paar Minuten zur Ruhe kam. Sie war hin- und hergerissen. Auf der einen Seite erschien es ihr nicht richtig, so kurz nach dem Ende ihrer Ehe mit Mike eine neue Beziehung in Betracht zu ziehen. Auf der anderen Seite mochte sie Ben sehr gern und fühlte sich unglaublich wohl in seiner Gesellschaft. Sie hätte gern mit Jacqueline darüber gesprochen, aber sie zögerte. Was würde ihre Freundin wohl von ihr denken?
»Ich glaube, wir könnten Hilfe gebrauchen«, bemerkte Jacqueline, als sie mit Vera auf der vorderen Veranda stand und auf das verwahrloste Stück Land hinunterblickte, auf dem nach den heftigen Niederschlägen das Unkraut nur so wucherte.
»Du hast Recht«, pflichtete Vera ihr bei. »Aber unsere Männer können wir nicht fragen, die haben schon genug um die Ohren.« In ein paar Tagen sollte die Willkommensparty steigen, und Anfang der folgenden Woche würden die Schafscherer eintreffen. Bens Söhne hatten den ganzen Vormittag damit zugebracht, Werkzeugeund Geräte zu überprüfen, zu reinigen und zu schmieren. Die Brunnenpumpe war an diesem Morgen ausgefallen, sodass Nick mit der Reparatur beschäftigt war. Ben zimmerte Scherbänke für die Schafe, die geschoren werden sollten.
Die beiden Frauen auf der Veranda diskutierten gerade darüber, ob sie die abgestorbene Bougainvillea zurückschneiden oder herausreißen sollten, als Ben nach Hause kam. Er wartete immer noch auf Veras Antwort, wertete es aber als gutes Zeichen, dass sie sich bisher wenigstens nicht entschieden hatte, von Wilpena fortzugehen. Nick benahm sich Jacqueline gegenüber noch distanzierter als zuvor, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb.
»Hallo, die Damen!«, rief Ben fröhlich. »Was macht ihr denn hier draußen?«
»Wir haben gerade überlegt, ob wir den Garten wieder auf Vordermann bringen sollen, aber das ist eine Menge Arbeit, und wir fragen uns, wie wir zwei das ganz allein schaffen können«, erwiderte Jacqueline.
Ben grinste spitzbübisch wie ein Schuljunge. »In diesem Fall habe ich gute Neuigkeiten für euch.«
Jacqueline fragte sich, ob sie es sich nur einbildete oder ob Ben tatsächlich zu strahlen anfing in Veras Gegenwart. Vera wiederum wirkte in seiner Nähe ungewöhnlich scheu.
»Was für Neuigkeiten denn?«, fragte Vera.
Bens Anblick löste kein heftiges Herzklopfen in ihr aus, sondern rief eine wohlige Wärme hervor, so als wäre er immer schon Teil ihres Lebens gewesen, wie ein bequemer alter Schuh, von dem man sich nicht trennen mag. War das nun gut oder schlecht? Sie wusste es nicht.
Ben wurde ernst. »Unsere Nachbarn, die Bensons, stecken in ziemlichen Schwierigkeiten. Sie mussten wegen der Dürre fast ihren gesamten Viehbestand verkaufen und können ihre beiden Arbeiter nicht mehr bezahlen. Das ist das Schlimmste für sie. Teddy und Des sind schon so lange bei ihnen und sehr zuverlässig.Da habe ich ihnen angeboten, sie wenigstens ein paar Tage auf Wilpena zu beschäftigen.«
»Das ist wunderbar, Ben. Aber hast du nicht gesagt, dass es für dich auch keine leichten Zeiten sind? Ich meine, kannst du die denn bezahlen?«, fragte Jacqueline.
»Nun, wenn ich deinen Lohn kürze, dann reicht es schon«, erwiderte Ben mit todernster Miene.
»Das kann nicht dein Ernst sein!«, versetzte Jacqueline in gespielter Empörung. »Wenn ich noch weniger kriege als bisher, muss ich ja praktisch dafür bezahlen, dass ich hier arbeiten darf!«
Ben lachte. »Ich habe meine Herden ja noch, und die Schafscherer kommen nächste Woche – der Verkauf der Wolle wird einiges einbringen.«
»Wo willst du diese beiden Arbeiter denn einsetzen, Ben?«, warf Vera ein. »Beim Zimmern der Scherbänke?«
»Nun, ich dachte, sie könnten euch helfen, den Ziergarten anzulegen. Es wird höchste Zeit, dass er wieder zum Leben erweckt wird.« Ein trauriger Ausdruck huschte über sein Gesicht.
»O Ben, das wäre wundervoll!«, rief Jacqueline entzückt aus. »Dann könnten sie uns die schwere
Weitere Kostenlose Bücher