Leuchtende Sonne weites Land - Roman
abstammten. Ihre Haut war braun gebrannt und von Wind und Wetter gegerbt. Teddy hatte weißes Haar, Des überwiegend graues. Sie hatten große, ausdrucksstarke Augen und sprachen eine Art verkürztes Englisch, was aber wohl eher an ihrer mangelnden Schulbildung lag und weniger an ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Wie Ben vorausgesagt hatte, arbeiteten sie unermüdlich. Es war fast unmöglich, sie zu einer Pause, einer Tasse Tee und einem kleinen Imbiss zu überreden.
Vera und Jaqueline hatten sich überlegt, wo sie Blumenbeete anlegen, wo sie Sträucher pflanzen und wo Rasen ansäen wollten, und sogar eine Skizze angefertigt. Während Teddy und Des das Unkraut jäteten und den Boden umgruben, schnitten die Frauen die vertrocknete Bougainvillea zurück. Dabei entdeckten sie zu ihrer Überraschung einen kleinen grünen Trieb und schöpften neue Hoffnung, dass die Pflanze sich nach dem Regen erholen und wieder austreiben würde.
Jacqueline stellte den beiden Männern Fragen über den Murrayund die Städte, in denen sie gelebt hatten. Sie hatten ihre eigenen Ansichten über den Fluss.
Jacqueline hörte ihnen fasziniert zu. »Am liebsten würde ich hinfahren und mir den Murray und Aubury und Mulwala ansehen«, sagte sie sehnsüchtig.
»Das sollten Sie auch tun, Missus«, meinte Teddy. »Fahren Sie mit einem der Schaufelraddampfer, das wird Ihnen bestimmt gefallen.«
»An einem Wintermorgen ist der Fluss am schönsten, Missus«, fügte Des hinzu. »Sie können viele Vögel beobachten. Man muss einmal gesehen haben, wie die Eisvögel in den Nebelschwaden dicht über dem Wasser fliegen und auf die Jagd gehen. Das ist ein wunderschöner Anblick, Missus. Und ein über dem Lagerfeuer gebratener Kabeljau aus dem Murray ist eine Delikatesse! Man kann verdammt große Burschen aus dem Wasser ziehen.«
Vera lächelte. »Klingt wirklich verlockend, nicht wahr, Jackie?« Als diese nicht antwortete, folgte Vera ihrem Blick Richtung Stall. »Was hast du denn?«
Jacqueline blickte beunruhigt drein. »Mir war, als hätte ich Dot dort drüben zwischen den Bäumen gesehen«, murmelte sie. »Ob sie uns wohl beobachtet? Ich wüsste nicht, was sie sonst dort zu suchen hätte.« Sie schaute noch eine Weile hinüber, zuckte dann die Achseln. »Vielleicht hab ich mich getäuscht, und es war nur ein Schatten.« Wolken zogen sich seit ein paar Stunden am Himmel zusammen, es herrschte ein diffuses Dämmerlicht.
Ob es wieder ein Unwetter gab?
Nachdem Vera den Männern einen Mittagsimbiss zubereitet hatte, ging Jacqueline am späten Nachmittag hinein, um Tee aufzubrühen. Als sie an der Spüle stand und den Teekessel mit Wasser füllte, sah sie durchs Fenster Yuri drüben bei der Waschküche.
Dann muss das vorhin doch Dot gewesen sein, dachte sie. Sie behielt den Jungen einen Moment im Auge, konnte seine Mutteraber nirgends sehen. Schließlich trat sie auf die hintere Veranda hinaus. Es hatte wieder leicht zu regnen angefangen.
»Yuri! Wo ist denn deine Mutter?«, rief Jacqueline dem Jungen zu.
Der Kleine blickte ganz verstört drein, so als hätte er sich verlaufen, aber das war ja wohl nicht möglich. Jacqueline ging die Veranda hinunter und winkte ihn zu sich.
»Komm doch ins Trockene, Yuri, du wirst ja ganz nass!«
Der Junge guckte sie erschrocken an und lief weg. Jacqueline seufzte und ließ hilflos die Arme sinken. Anscheinend hatte er immer noch Angst vor ihr. Sie hoffte, dass Dot in der Nähe war. Sie selbst wollte dem Jungen nicht nachlaufen, um ihn nicht noch mehr zu erschrecken.
Als sie Vera davon erzählte, beruhigte diese sie: »Du hast doch vorhin gemeint, du habest Dot gesehen, also wird sie sicher nicht weit weg sein.«
»Ja, wahrscheinlich hast du Recht«, erwiderte Jacqueline. Sie machte sich wieder an die Arbeit und dachte nicht mehr an den Vorfall.
Kurze Zeit später begann es heftiger zu regnen, und Teddy und Des stellten sich auf der Veranda unter.
»Bei dem Wetter könnt ihr doch nicht weitermachen«, meinte Jacqueline.
»Nein, Missus, aber wir kommen morgen Früh wieder, wenn’s bis dahin aufgehört hat«, sagte Des. Die beiden Männer erzählten den Frauen, dass sie ungefähr zehn Meilen weit weg wohnten, in Richtung Hawker.
»Wir haben dort ein paar Hütten auf einer Farm gemietet«, hatte Teddy erzählt.
»Habt ihr Frau und Kinder?«, fragte Vera.
»Ja, Missus. Sogar eine ganze Menge Kinder, aber die sind schon groß und leben nicht mehr bei uns«, antwortete Des lachend. »Jetzt sind bloß noch die
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