Leuchtende Sonne weites Land - Roman
zurückzulehnen und sich bedienen zu lassen.«
»Ja, eine Schiffsfahrt ist etwas Schönes, aber nur, wenn die See nicht allzu rau ist. Zum Glück werde ich nicht seekrank, im Gegensatz zu der armen Jacqueline. Ihr war anscheinend furchtbar übel.«
»So?« Ben runzelte die Stirn.
Vera nickte. »Ja, sie hat erzählt, dass sie fast die ganze Zeit in ihrer Kabine zugebracht hat, weil es ihr so schlecht ging.«
Das wunderte Ben nicht. Diese Jacqueline schien ihm eine recht zarte Konstitution zu haben. Na ja, ein Jahr in den Flinders Ranges würde sie stählen.
»Es war schon schön, sich an einen gedeckten Tisch zu setzen und sich nicht um den Abwasch kümmern zu müssen«, fuhr Vera fort. »Aber das Kochen hat mir trotzdem gefehlt.«
Ben beobachtete sie schweigend. »Es tut richtig gut, mal wieder eine Frau in dieser Küche hantieren zu sehen«, sagte er schließlich.
Eine Spur Traurigkeit schwang in seiner Stimme mit. Solange Cindy am Leben gewesen war, hatte Dot nie gekocht, und nach dem Tod seiner Frau hatte sie sich geweigert, den neuen Herd zu benutzen. Sie kochte draußen im Freien über offenem Feuer. Das Essen, das sie zubereitete, schmeckte nicht besonders gut; vor allem seine Söhne aßen es mit sichtlichem Widerwillen.
»George Cavendish hat erwähnt, dass Sie Ihre Frau erst vor kurzem verloren haben«, sagte Vera mitfühlend. »Ich kann mir vorstellen, dass das eine schwere Zeit für Sie ist, allein schon wegen Ihrer Kinder.«
»Meine Söhne sind feine Burschen und fast schon erwachsen, aber Cindy fehlt mir wirklich sehr. Sie fehlt uns allen.« Der Schmerz über ihren Verlust überkam ihn manchmal mit einer solchen Heftigkeit, dass er es fast nicht ertragen konnte, doch das wollte er nicht zugeben. »Ich kann oft gar nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist und dass ich sie nie wiedersehen werde.«
Ben stieß einen tiefen Seufzer aus und schien in sich zusammenzusinken, doch einen Augenblick später hatte er sich wieder gefangen. Er wechselte das Thema. »Wie sind Sie denn auf der Fahrt hierher mit Mike Rawnsley ausgekommen?«
»Bestens. Er scheint ein netter Mann zu sein«, erwiderte Vera lächelnd. »Anfangs war er ziemlich schüchtern, aber dann unterhielten wir uns über alles Mögliche. Solche Gemeinsamkeiten sind wichtig, finden Sie nicht auch?«
»O ja, allerdings. Mann und Frau sollten immer auch Freunde sein in einer Ehe.« Er hatte Cindy immer als seine beste Freundin betrachtet.
»Ja, das sehe ich genauso«, sagte Vera und dachte dabei an ihre katastrophale erste Ehe.
Sie und Vincent Rutledge waren vom ersten Moment an verrückt nacheinander gewesen. Sie war neunzehn, er einundzwanzig gewesen, als sie sich kennen lernten. Sechs Monate später heirateten sie. Aber als die Leidenschaft nachließ, stellten sie fest, dass sie nicht das Geringste gemeinsam hatten, und ließen sich scheiden. Es folgte eine weitere kurze Verlobung, die nach genau dem gleichen Schema ablief. Danach entschied Vera, dass sie sich Freundschaft und gemeinsame Interessen als Basis für ihre Beziehungen wünschte. Da sie in den letzten Jahren in den usa keinen Mann getroffen hatte, der diesen Vorstellungen entsprach, hatte sie beschlossen, ihr Glück mit einem einsamen australischen Farmer zu versuchen.
»Ich kann es kaum erwarten, Mike besser kennen zu lernen«, gestand sie.
Dass sie sich spontan zu ihm hingezogen fühlte und er sich offenbar auch zu ihr, war völlig überraschend gekommen. Sie hatte bestenfalls mit Freundschaft gerechnet, nicht aber mit einem erotischen Prickeln zwischen ihnen gleich in den ersten Stunden nach dem Kennenlernen. Ob es anhielt, war natürlich eine andere Frage.
»Dazu werden Sie morgen beim Grillen reichlich Gelegenheit haben. Die Nachbarn sind alle schon ganz gespannt, Mike wird also aufpassen müssen, dass nicht ein anderer kommt und Sie ihm wegschnappt.«
Vera lachte.
»Ich meine es ernst«, sagte Ben, der sich nicht sattsehen konnte an ihren funkelnden blauen Augen. Sie war eine attraktive Frau, und er konnte sich sehr gut vorstellen, dass einige der Männer in der Gegend ein Auge auf sie werfen würden. Was ihm jedoch am meisten an ihr gefiel, waren ihre Herzlichkeit und ihre Wärme.
»Der Gedanke, dass sich die Männer um mich reißen könnten, ist lachhaft«, sagte Vera errötend. »Aber danke, dass Sie mein Selbstbewusstsein gestärkt haben.«
Ben verstand nicht, weshalb sie eine so schlechte Meinung von sich hatte. »Ich kann es kaum erwarten, bis die Leute hier
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