Leuchtende Sonne weites Land - Roman
Walters.«
Keiner der vier sagte etwas. Die zwei Älteren spürten die angespannte Atmosphäre und bemerkten die Fassungslosigkeit auf Jacquelines Gesicht. Sie vermuteten, dass es etwas mit ihren jüngeren Brüdern zu tun hatte, und reagierten sofort mit innerer Abwehr.
»Jacqueline«, verbesserte sie scharf. Jackie klang ihrem Gefühl nach viel zu ordinär.
»Sollen wir Sie etwa Jacqueline rufen?«, knurrte Ben. »Erstens ist das viel zu umständlich, und zweitens hört es sich stinkvornehm an, finden Sie nicht?«
»Nein, absolut nicht«, erwiderte sie hochnäsig.
»Aber ich«, entgegnete Ben. »Wir werden Sie Jackie nennen, und damit basta.«
»Was riecht denn hier so gut, Dad?« Bobby zog schnuppernd die Luft ein.
»Ja, ich rieche es auch«, meinte Geoffrey. »Was gibt’s denn zum Essen? Ich bin schon am Verhungern!«
»Wascht euch erst mal, bevor ihr euch an den Tisch setzt«, befahl Ben. Alle vier stöhnten auf. »Wir haben Gäste, ihr könnt nicht wie Schafe stinken, wenn ihr mit drei Damen am Tisch sitzt!«
Widerwillig schlurften die Jungen in Richtung Bad. Als sie außer Hörweite waren, trat Ben dicht an Jacqueline heran, sah ihr fest in die Augen und sagte leise, aber drohend: »Haben Sie ein Problem damit, dass zwei meiner Söhne Aborigines sind?«
»N… nein«, stotterte sie. »Ich … ich hab sie nur nicht gesehen, und ich hätte nicht damit gerechnet, dass Ihre Söhne …«
»Eingeborene sind?«
»Ja, äh … ich meine … das hat mir niemand gesagt.«
»Warum auch? Cindy und ich haben die beiden adoptiert, als sie noch ganz klein waren. Ich könnte sie nicht mehr lieben, wenn sie mein eigen Fleisch und Blut wären. Alle meine Söhne sind anständige, hart arbeitende Burschen«, betonte Ben.
»Davon bin ich überzeugt«, versicherte Jacqueline hastig.
Sie schämte sich für ihre törichte, verletzende Reaktion, aber sie konnte einfach nichts dafür. Ben sah sie eindringlich an. Er hoffte, sie hatte verstanden, dass er nicht zulassen würde, dass man seine Söhne beleidigte oder respektlos behandelte.
In diesem Moment streckte Vera den Kopf aus der Küche. »Das Essen ist fertig, Ben«, sagte sie. »Soll ich es schon auf den Tisch bringen?«
»Ja, Vera, seien Sie so gut. Die Jungs kommen gleich.« Nachdem er Jacqueline einen letzten warnenden Blick zugeworfen hatte, ging er hinaus, um den Hunden Wasser zu geben. Füttern würde er sie später.
Vera ging zu Jacqueline und fragte mit gedämpfter Stimme: »Was war denn hier los?« Sie hatte gehört, dass geredet worden war, aber keine Einzelheiten mitbekommen.
»Als ich aus meinem Zimmer kam, bin ich mit zwei Jungen zusammengestoßen …«
»Mit Bens Söhnen?«
»Ja, und sie sind … schwarz.«
»Wie? Schwarz?« Vera blickte verwirrt drein.
»Es sind Aborigines. Ich bin so erschrocken. Ich dachte …«
Jacqueline verstummte. Sie wollte nicht, dass Vera einen falschen Eindruck bekam, aber sie hatte so viele furchtbare Erinnerungen an die Nacht, in der ihre Mutter und ihr Bruder ums Leben kamen.
»Vielleicht war seine Frau eine Schwarze«, meinte Vera achselzuckend. Ehen zwischen Schwarzen und Weißen waren in den usa heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr.
Jacqueline schüttelte den Kopf. »Nein, Ben und seine Frau haben die beiden Jungen adoptiert. Er hat auch noch zwei weiße Söhne. Ich war nur so überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er zwei schwarze Söhne haben könnte.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen. Aber du hast doch keine Vorurteile gegen Farbige, oder?«, fragte Vera ohne Umschweife. Falls doch, würde Jacqueline im ländlichen Australien ein Problem haben.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte sie leise. Sie gab nur ungern zu, dass sie sich seit jener Nacht vor so vielen Jahren vor ihnen fürchtete, doch sie hielt sich nicht für voreingenommen.
»Die soll bloß nicht glauben, dass sie den Platz unserer Mom einnehmen kann«, sagte einer der Jungen im Bad so laut, dass die Frauen es hören mussten. Die Gehässigkeit in seiner Stimme war unüberhörbar.
»Die hält sich anscheinend für was Besseres«, meinte ein anderer.
»Pah! Wir werden ihr schon zeigen, dass sie das nicht ist«, knurrte der erste.
Jacqueline sah Vera erschrocken an.
»Das darfst du nicht so ernst nehmen«, flüsterte Vera. »Sie haben erst vor kurzem ihre Mutter verloren. Da ist es ganz normal, dass sie so reagieren.«
»Ich bin doch nicht hier, um ihnen die Mutter zu ersetzen«, gab Jacqueline empört zurück.
»Ich
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