Leuchtende Sonne weites Land - Roman
weiß das, aber sie nicht. Sie werden es mit der Zeit schon merken. Hab ein bisschen Geduld!«, riet Vera.
Beim Abendessen machte Ben Tess und Vera mit seinen Söhnen bekannt. Danach drehte sich die Unterhaltung um die Arbeiten, die die Jungen auf der Farm erledigten. Jacqueline sagte nichts. Sie fing unfreundliche Blicke von Geoffrey und Bobby auf und bemühte sich, nicht in Sids oder Jimmys Richtung zu schauen, was den beiden älteren Söhnen allerdings auffiel.
»Das Essen war ganz hervorragend, Vera«, lobte Ben. Seine Söhne hatten ihre Mahlzeiten in Rekordzeit hinuntergeschlungen und nagten jetzt noch die Kotelettknochen ab.
»Danke«, erwiderte Vera lächelnd. »Ich habe übrigens noch einen Reispudding gemacht. Er ist im Ofen. Mit Obst und Sahne schmeckt er besonders gut, aber ich habe im Kühlschrank kein Obst gefunden.«
»Wir haben versucht, Obstbäume anzupflanzen, aber die einzige Sorte, die die extremen Sommer hier überlebt, sind Zitronen. Vielleicht könnte Jackie frische Limonade zubereiten. Cindy hat das immer gern gemacht.«
Ben sah Jacqueline bei diesen Worten an, doch diese schwieg. Sie hatte keinen blassen Schimmer, wie man Limonade machte, das gehörte ja auch, da war sie sich sicher, zu Dots Aufgaben und nicht zu ihren.
»Reispudding klingt gut, nicht wahr, Jungs?«, sagte Ben gereizt, als Jacqueline keine Antwort gab.
Die Jungen nickten eifrig.
»Ich mach das schon, Vera, bleib du nur sitzen.« Jacqueline sprang auf. Sie war froh, das Zimmer wenigstens für kurze Zeit verlassen zu können, so unbehaglich war ihr in Gegenwart der vier Jungen.
»Das ist nett von dir, danke.«
»Ich hole die Dessertschälchen«, sagte Tess. Sie stand ebenfalls auf und räumte die Teller ab. Nur die abgenagten Knochen lagen noch darauf; ansonsten waren sie so sauber, als wären sie bereits gespült worden.
Während Ben und seine Familie sich den Nachtisch schmecken ließen, zog Jacqueline sich in ihr Zimmer zurück und machte ihr Bett. Als es fertig war, streifte sie ihre Sachen ab, schlüpfte zwischen die Laken und schlief sofort ein.
»Wo ist Jackie?«, fragte Ben, als Vera und Tess mit dem Abwasch anfingen.
»Ich … weiß nicht«, antwortete Tess und warf Vera einen unsicheren Blick zu.
»Ich glaube, sie hat sich hingelegt«, meinte Vera. »Sie hat sich nicht wohl gefühlt.«
»Ich bezahle sie doch nicht fürs Schlafen«, wetterte Ben. »Es geht nicht, dass sie den Abwasch meinen Gästen überlässt!«
»Seien Sie ihr nicht böse, Ben«, bat Vera, »ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie eine schwere Zeit hinter sich hat. Morgen sieht alles anders aus.«
Ben glaubte, dass Vera in ihrer Gutmütigkeit Jacqueline nur in Schutz nehmen wollte. »Das will ich hoffen.«
»Wir würden uns nachher auch gern zurückziehen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Natürlich macht mir das nichts aus. Morgen ist ein großer Tag. Ich werde mich auch bald hinlegen. Wir wollen morgen Früh mit dem Scheren der Schmutzwolle anfangen, bevor wir den Schuppen für das Grillfest herrichten.«
»Wird auf einer Farm denn auch samstags gearbeitet?«, fragte Tess, die von Landwirtschaft wenig Ahnung hatte.
»Die Tiere wissen nicht, was für ein Tag ist, sie müssen jeden Tag gefüttert oder gemolken werden. Auf einer Farm gibt’s keinen Ruhetag.«
Tess spürte eine Gefühl der Enttäuschung aufkommen. Das hörte sich an, als ob Tim nicht viel Zeit für sie haben würde, falls sie heiraten sollten. Sie fragte sich, ob Vera das genauso sah.
Am anderen Morgen standen Tess und Vera in aller Frühe auf, um das Frühstück zuzubereiten.
»Wo ist Jackie?«, lautete Bens erste Frage, nachdem er den beiden Frauen einen Guten Morgen gewünscht hatte. Er war mit seinen Söhnen bereits draußen bei den Schafen gewesen und hatte auch die Hühner und die Hunde schon gefüttert, eine Aufgabe, die Jacqueline künftig übernehmen sollte.
»Sie … äh … macht die Betten«, flunkerte Vera.
Sie wusste, Jacqueline würde Ärger bekommen, wenn sie sich nicht am Riemen riss. Als sie Ben und seinen Söhnen das Frühstück aufgetischt hatte, huschte sie hinaus und zum Schulzimmer. Sie klopfte leise an.
»Herein«, rief Jacqueline.
Als Vera eintrat, saß sie angezogen auf dem Schlafsofa und schaute mit melancholischem Gesichtsausdruck aus dem Fenster. Vera stöhnte innerlich auf. Es hatte nicht den Anschein, als ob Jacquelines Stimmung sich aufgehellt hätte.
»Na, gut geschlafen?«, fragte sie betont munter.
»Nein, überhaupt
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