Leuchtende Sonne weites Land - Roman
nicht«, erwiderte Jacqueline tonlos.
»Ben hat schon nach dir gefragt. Ich hab ihm gesagt, du machst die Betten«, flüsterte Vera.
Jacqueline guckte sie verblüfft an. »Ich dachte, ich soll hier die Hausangestellten beaufsichtigen, aber ich hab nicht den Eindruck, dass es hier überhaupt welche gibt«, schmollte sie.
Vera überlegte, wie sie Jacqueline den wahren Sachverhalt schonend beibringen könnte. »Na ja, Ben erwartet wohl, dass du für Dot einspringst, während sie sich um ihr krankes Kind kümmern muss. Auf dem Land ist es selbstverständlich, dass man sich gegenseitig aushilft, weißt du.«
Jacqueline verzog unwillig das Gesicht. Es kam ihr gar nicht in den Sinn, dass Vera und Tess für sie eingesprungen waren und sie ihnen wirklich dankbar dafür sein sollte. »Glaubst du, er wird darauf bestehen, dass ich den Vertrag erfülle, wenn ich ihm sage, das Ganze sei ein schrecklicher Irrtum?«
Vera starrte sie entgeistert an. »Das wird er ganz bestimmt. Er hat nicht ohne Grund auf einem Vertrag bestanden.«
»Aber wenn ich nicht imstande bin, die Arbeit, für die ich mich verpflichtet habe, zu leisten?«
Vera kannte den Wortlaut des Vertrags zwar nicht, aber sie war sicher, dass Jacqueline da nicht so leicht wieder herauskommenwürde. »Wenn Dot erst wieder da ist, wird es bestimmt leichter für dich werden, Jacqueline. Bis dahin musst du versuchen, das Beste daraus zu machen.«
Die Hintertür fiel zu. Augenblicke später sahen sie Ben und seine Söhne zu den Schafpferchen stapfen. Die Hunde trotteten hinterher.
»Komm, jetzt iss erst mal was.« Vera rüttelte sie sanft an der Schulter. »Tess und ich machen nachher die Salate für die Grillparty. Du kannst uns dabei helfen.«
»Ich kann doch nicht kochen, Vera«, brummte Jacqueline und stand langsam auf.
»Für Salat musst du höchstens Eier kochen können, und das kann jeder. Jetzt komm schon!«
Jacqueline folgte Vera in die Küche, wo sie aber nicht beim Zubereiten der Salate half, sondern lustlos in ihrem Frühstück stocherte.
»Im Garten wächst unglaublich viel Gemüse«, sagte Vera, als sie sechs Eier zum Kochen aufs Feuer setzte. Sie hatten Kopfsalat und Tomaten gewaschen und Zwiebeln und Gurken geschält. »Hoffentlich gibt es auf Rawnsley Park Station auch so einen schönen Gemüsegarten.«
Tess kicherte. Vera wurde rot, musste aber ebenfalls lachen. Sie hatte von Michael Rawnsley geträumt und konnte es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Auch Tess fieberte dem ersten Treffen mit Tim Edwards entgegen, wenngleich es schwierig werden würde, eine Beziehung zu einem derart schüchternen Mann anzubahnen. Aber sie war bereit für diese Herausforderung. Schließlich hatte sie eigens dafür die weite Reise auf sich genommen.
Während Tess und Vera aufgeregt über das bevorstehende Grillfest plauderten, saß Jacqueline in dumpfem Schweigen versunken daneben. Als Vera sie nach einer Weile fragte, was sie denn anziehen werde, sagte sie, sie werde nicht zu der Party gehen.
»Was?« Vera guckte sie verblüfft an.
Auch Tess machte ein verdutztes Gesicht. »Wieso denn nicht?«
»Wieso sollte ich?«, gab Jacqueline sauertöpfisch zurück.
Tess und Vera wechselten einen viel sagenden Blick. »Weil die Leute, die kommen werden, deine künftigen Nachbarn sind«, erwiderte Vera. »Willst du sie denn nicht kennen lernen?«
»Die meisten werden ledige Männer sein, oder nicht? Wenn sie denken, ich bin unverheiratet, werden sie versuchen wollen, mit mir zu flirten, und das kann ich im Moment wirklich nicht brauchen.« Nach ihrer bitteren Enttäuschung mit Henry hielt sie alle Männer für verlogene Mistkerle.
Tess nickte. »Ja, das kann ich verstehen.«
»Ja, ich auch«, meinte Vera, die an ihre Unterhaltung mit Ben dachte.
Jacqueline sah die Frauen bedrückt an. Sie wollte nicht an Henry denken und daran, was er mit Verity, seiner neuen Liebe, in Melbourne machte, aber ihre Gedanken kreisten fast zwanghaft um dieses Thema. Sie stellte sich vor, wie sich die zwei auf Haussuche begaben, und wurde von blinder Wut gepackt. Sie malte sich aus, wie Henry den Vater für Veritys kleinen Sohn spielte – bei diesem Gedanken hätte sie sich fast übergeben. Es war so ungerecht, dass Henry alles bekam, was er sich gewünscht hatte, während sie hier in einer trostlosen Einöde hockte, wo nicht einmal eine Blume oder ein Grashalm wuchs. Und wo man zu allem Überfluss auch noch von ihr erwartete, dass sie für andere Hausarbeiten erledigte.
Um die
Weitere Kostenlose Bücher