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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mir, dass er seine Forderungen zurücknehmen soll. Ansonsten werde ich der Presse mitteilen, dass Mrs. Price Dauergast bei Ihnen ist.« Er wusste, dass die Journalisten ohnehin bald diese Meldung bringen würden. Sie würden Mrs. Price in der besten Suite des Hauses residieren lassen und das Cottage mit keinem Wort erwähnen. Schönheit und Reichtum waren aus journalistischer Sicht eine todsichere Kombination.
    »Ich werde es ihm sagen. Allerdings bedauere ich Ihre Haltung sehr.«
    »Es ist keine Haltung, sondern eine Tatsache«, stellte Fred fest. »Sie können die Namen von Mr. und Mrs. George Gunne in Ihr Gästebuch eintragen.«
    »Sie haben sie ganz schön festgenagelt«, meinte Netta bewundernd. »Wo sollte ich denn ihrer Meinung nach mit dem Kind hingehen?«
    »Das ist erst der Anfang, Netta«, erklärte er mitleidig. »Von nun an wird Mrs. Price zur Zielscheibe für viele boshafte Attacken werden, doch das darf Sie nicht stören. Die Schwester und der Schwager von Mr. Price werden bald eintreffen. Sie werden Ihnen gefallen. Nun möchte ich aber, dass Sie mir alles über Mrs. Price erzählen.«
    Später kehrte er mit einem Koffer auf die Wache zurück, den die treue Nanny für Thora gepackt hatte.
    Nachdem sie ihm von Thoras Nervenkrisen, ihren Depressionen und seltsamen Zuständen berichtet hatte, begann sich für Fred ein völlig neues Bild von dieser Frau abzuzeichnen. Addierte er im Geiste den Brief und Miss Devanes Erzählungen noch hinzu, so hatte er summa summarum eine ganz schön heikle Geschichte an der Angel. Die Fakten waren zugleich beunruhigend und faszinierend, und er hatte bei weitem noch nicht alles in Erfahrung gebracht. Eine solche Frau konnte man doch nicht vor Gericht stellen, oder?
    Allmählich nahm eine Idee in ihm Gestalt an: Er würde zwei unterschiedliche Geschichten verfassen. Eine über die dramatischen Ereignisse auf dem Ball, die andere über Thoras Entwicklung. Diese Fallstudie über eine Frau, die eine Vergewaltigung hatte erdulden müssen und dadurch an den Rand des Wahnsinns getrieben worden war, erforderte sorgfältige Recherche. Denn dass Thora in ihrem Brief an Alice zwischen den Zeilen von ihrer Vergewaltigung berichtete, war sonnenklar. Fred hatte einige Aufsätze deutschsprachiger Autoren über Hysterie gelesen, die auf diesen Fall Anwendung finden konnten, doch würde er sich noch intensiver mit dem Thema beschäftigen müssen.
    Über all das würde er später nachdenken, denn er konnte die Beschreibung von Thoras ganz persönlicher Hölle nie und nimmer unter ihrem Namen abdrucken. Es würde ihr den Rest geben.
    Andererseits konnte ihr der Brief den Galgen ersparen, falls Clem sterben sollte.
    Fred beschloss, ihn nur im Notfall rauszurücken. Er würde eine Kopie des Briefes anfertigen, darauf die Namen unkenntlich machen und das Original im Safe des Hotels hinterlegen. Die Kopie würde er als Grundlage für seine Nachforschungen benutzen.
    Noch ein weiterer Freund war Thora geblieben. Lord Kengally freute sich sehr, Fred auf der Wache zu treffen, und war überaus erleichtert, dass jemand frische Kleidung und Toilettensachen für Thora besorgt hatte.
    Ein Arzt hatte sie untersucht und zu Kengallys Empörung nichts weiter als einen Schock diagnostiziert. »Davon abgesehen ist Mrs. Price bei bester Gesundheit.«
    »Dort draußen regiert der Hass«, berichtete Kengally. »Man könnte glauben, sie habe die Königin von England erschossen. Keine Spur von Mitleid.«
    »Das war zu erwarten. Hass ist eine billige Droge. Können wir sie hier herausholen?«
    »Ich glaube schon, doch wird sie in der Nähe bleiben müssen. Ich habe einen Anwalt beauftragt, der sich heute vor dem Amtsgericht für sie einsetzen wird. Sie wird zweifellos des versuchten Mordes angeklagt. Er wird auf geistige Unzurechnungsfähigkeit plädieren; das ist aber momentan nicht von Belang. Es besteht jedenfalls keine Hoffnung, dass sie auf Kaution freigelassen wird. Der Chefinspektor hat sich an diesem Fall festgebissen und würde Mrs. Price am liebsten öffentlich verbrennen, um sein Publikum zu erfreuen. Angeblich hat er noch nie von geistiger Unzurechnungsfähigkeit gehört.« Kengally nahm Fred beim Arm und führte ihn in eine ruhige Ecke. »Vielleicht sollte er einfach mal in den Spiegel schauen.«
    Fred lachte. »So gefallen Sie mir. Wo könnten wir Thora bis zum Prozess unterbringen?«
    »In der Kaserne. Mehr können wir nicht tun. Dort muss sie wenigstens keine Zelle mit Säufern und Huren

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