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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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vermutete, dass dies die Personalunterkünfte seien, da sie die Gestaltung von den großen Schaffarmen im Outback kannte.
    Mercy öffnete die erste Tür und stellte Lils Koffer ab. »Dies ist Ihr Zimmer. Kann ich das Baby jetzt halten?«
    »Natürlich.« Mit einem stolzen Lächeln reichte sie ihr Caroline, die auf dem Boot lange geschlafen hatte, inzwischen jedoch aufgewacht war.
    »Sie ist so hübsch«, strahlte Mercy und spielte mit den winzigen Fingern.
    »Auch wenn ich nicht ihre Mutter wäre, müsste ich dir zustimmen. Sie heißt Caroline. Schau dir nur das weiche Haar, die dunklen Augen und das Grübchen an.«
    »Zwei Grübchen«, bemerkte Mercy und setzte sich auf eines der beiden Betten, um das Baby in den Armen zu wiegen.
    »Wer wohnt hier noch außer mir?«, wollte Lil wissen.
    »Keiner. Der Melker ist weggelaufen.«
    Das gefiel Lil nicht. »Warum?«
    »Gold. Ist Gold suchen gegangen.« Mercy grinste. »Sie sind das erste Milchmädchen hier. Konnten keine Männer mehr finden.«
    »Verstehe.« Lil begriff, warum man ihr den Job trotz des Babys gegeben hatte. Sie diente als Notnagel! Andere Mädchen aus Perth hätten die Stelle abgelehnt, vor allem deshalb, weil Minchfield House so weit von der Stadt entfernt war.
    »Ich hoffe, ich muss nicht die Arbeit von zwei Männern verrichten.«
    »Nein, ich und Beth werden Ihnen helfen.«
    »Wer ist Beth?«
    »Eines der Hausmädchen. Und da ist noch Tom, auch ein Melker, aber alt. Deshalb ist er nicht weggelaufen.«
    Der Raum machte einen überraschend gepflegten Eindruck. Lil hatte bereits ganz fürchterliche Unterkünfte erlebt, doch trotz der spärlichen Möblierung brauchten sich die Eigentümer für dieses Zimmer nicht zu schämen. Selbst die Schüssel und der Krug auf dem Waschtisch waren makellos sauber.
    Als sie ihre kargen Besitztümer einräumen wollte, stellte sie fest, dass die Kommode mit weißem Papier ausgelegt war und die Moskitonetze über den Betten aus frischem Musselin bestanden. Das Zimmer, das sie mit Ted in Perth bewohnt hatte, hielt einem Vergleich mit diesem nicht stand.
    »Wenigstens ist es hier hübsch und sauber«, sagte sie im Plauderton.
    »Ja. Und es sollte besser so bleiben, sonst kriegen Sie es mit Miss Lavinia zu tun.«
    »Wer ist Miss Lavinia?«
    »Schwester vom Boss. Alte Jungfer. Komisch im Kopf.«
    Lil lächelte. »Wenn sie alles so gut in Schuß hält, kann sie so schlimm nicht sein.«
    Ein ergrauter Arbeiter spähte zur offenen Tür herein. »Sie sind Miss Cornish?«
    »Ja. Sie können mich Lil nennen.«
    »Ich bin Tom. Was treibst du hier, Mercy?«
    Sie verzog das Gesicht. »Passe auf Baby auf.«
    »Miss Cornish hat eine lange Reise hinter sich. Hast du ihr etwas zu essen gebracht?«
    »Es geht schon«, sagte Lil, da sie keine Umstände machen wollte, doch sie spürte einen nagenden Hunger.
    Tom achtete nicht auf ihren Einwurf. »Hol Miss Cornish den Nachmittagstee«, wies er Mercy an. »Sie muss bald mit der Arbeit beginnen.«
    »Ich kann selbst gehen«, sagte Lil, doch Mercy hatte das Baby bereits auf ein Kissen gelegt und zuckte die Achseln. »Und wenn die Köchin nichts hat?«
    »Geh jetzt!«, sagte Tom drohend, und sie sauste davon.
    »Wo essen wir gewöhnlich?«
    »Hinter der Küche gibt es einen Speisesaal für das Personal. Ich bringe dich hin, wenn wir mit dem Melken fertig sind.« Er sah auf ihre Hände. »Die sehen mir nicht nach Arbeitshänden aus, Missus. Bist du sicher, dass du das kannst?«
    Sie lachte. »In letzter Zeit hatten meine Hände nicht so viel zu tun. Aber keine Sorge, ich bin die Tochter eines Viehtreibers.«
    »Tatsächlich?«, fragte er mit einem anerkennenden Lächeln und drehte sich eine Zigarette. »Bin selbst jahrelang Treiber gewesen. Wurde irgendwann zu alt für den Sattel.«
    Er warf einen Blick auf Caroline, die allmählich auch Hunger bekam.
    »Wo ist dein Mann?«
    »Verschwunden.«
    »Gold?«
    »Vermutlich. Ist einfach abgehauen.«
    »Er wird ja wohl nicht herkommen, oder?«
    »Nein. Er weiß gar nicht, wo ich bin.« Sie schob ihren Koffer unters Bett. »Und er kann bleiben, wo er ist.«
    Tom nickte. »So ist’s richtig, Mädchen. Gib dem Schweinehund keine zweite Chance. Ich glaube, wir werden gut miteinander auskommen. In einer Stunde hole ich dich ab.«
    Als Mercy mit dem Tee und Sardinensandwiches zurückkam, war Lil gerade am Stillen. Sie ließ sich aber nicht davon abhalten, ihr Mahl zu genießen. »Ich werde mich wohl ein bisschen ausruhen«, sagte sie. Mercy verstand den Wink. Sie

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